Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
von Bruchsteinmauern und Zäunen. Alles hier war penibel gepflegt, selbst die Mülltonnen standen in Reih und Glied. Auf den Glascontainern gab es keine Graffiti wie in London und aus den feinen Spalten im Asphalt wagte sich keine Unkraut hervor.
    Levis Anwesen befand sich an der Avenue de la Corniche, einer Straße, die eine weit geschwungene Kurve oberhalb der Küste beschrieb. Wer hier lebte, hatte einen unverbaubaren Blick aufs Meer. Hohe Hecken hinter Gitterzäunen verwehrten die Sicht auf das Grundstück. Die Villa war von der Straße aus nicht zu sehen, sie musste ein Stück weiter unten im Hang liegen.
    Es gab eine Hausnummer, aber kein Namensschild. Die Sonne war untergegangen, von Osten her schob sich Dunkelheit über den Himmel. Noch hatte die Nacht Cap Ferrat nicht erreicht, aber die Straßenlaternen brannten bereits.
    Die beiden stiegen aus und gingen zum offenen Tor hinüber. »Bist du sicher, dass er hier wohnt?«, fragte Ash.
    »Ziemlich, ja.«
    Die Pflastersteine der Zufahrt waren in verschlungenen Mustern verlegt. Der Weg wand sich in einem Bogen bergab und verschwand hinter säuberlich gestutzten Sträuchern und hohen Palmen. Bald blickten sie von schräg oben auf das terrakottafarbene Dach der Villa. Das Haus thronte über einem gepflegten Park, der sich über gestufte Terrassen den Hang hinab erstreckte. Der Fächer einer Bewässerungsanlage winkte ihnen zu wie eine mächtige Hand aus Wasser.
    Das Haus war ein rechteckiger Bau mit weißen Fassaden und Bogenfenstern. Im ersten Stock gab es mehrere Balkone mit gusseisernen Geländern, im Erdgeschoss ein Vordach auf wuchtigen Säulen. Aus einem der offenen Fenster erklang Vogelgezwitscher.
    Ash löste ihre Hand aus Parkers, als sie unter das Vordach traten. Die Haustür war groß genug, um mit einem Auto hindurchzufahren; sie sah aus, als wäre sie einmal Teil einer Kirche gewesen. Parker drückte auf den Klingelknopf und räusperte sich.
    Niemand meldete sich.
    Er klingelte noch einmal. Wieder vergingen ein, zwei Minuten, aber die Sprechanlage blieb stumm.
    »Keiner zu Hause?«, schlug Ash vor, fand aber selbst, dass es halbherzig klang. »Warum lässt er dann das Tor offen?«
    Parker trat ein paar Schritte zurück, bis er zu den Fenstern in der Fassade aufblicken konnte. Ash gesellte sich zu ihm. »Auch der Produzent der Beatles muss mal einkaufen«, sagte sie.
    »Die Beatles fehlen ihm in der Sammlung. Er hat mit den Stones gearbeitet, den Beach Boys, sogar mit den Doors, glaube ich. Und mit ein paar Hundert anderen. Wahrscheinlich ist der Kasten mit goldenen Schallplatten tapeziert.«
    »Wird dich das davon abhalten, ihm an die Gurgel zu gehen?«
    »Ich will Antworten von ihm. Wenn ich ihn umbringe, kann er mir die nicht geben.« Er ging zur nächsten Ecke und sah sich um.
    Unter den Bäumen war es bereits dunkel. Vom Meer stieß eine Windbö ins Laub und schien für einen Moment den Fächer des Rasensprengers in die andere Richtung drücken zu wollen.
    Die Fenster im Erdgeschoss waren vergittert, in den Zimmern brannte kein Licht. An der Rückseite gelangten die beiden auf eine Terrasse mit Springbrunnen. Eine Glastür war weit geöffnet, dünne Vorhänge wehten im Luftzug nach draußen. Das Innere war ganz in Weiß gehalten, nur ein Flügel mitten im Raum leuchtete dunkelrot wie ein Blutfleck.
    »Da drüben«, flüsterte Parker und deutete zu den Bäumen am Rand der Terrasse. Flackernder Lichtschein drang aus dem unteren Teil des Parks herauf.
    »Sieht aus, als ob es brennt«, sagte Ash.
    »Nicht hell genug.«
    »Fackeln? Oder Kerzen?«
    Sie setzten sich wieder in Bewegung, schlichen zur anderen Seite der Terrasse und gelangten unter den Bäumen an eine scharfe Kante. Von dort aus führte eine Treppe zu einer tieferen Ebene des Gartens hinab.
    Etwa zehn Meter unter ihnen befand sich ein spektakulärer Swimmingpool aus weißem Marmor, eingefasst von hohen Pinien. Zum Meer hin begrenzte ihn ein wuchtiges Steingeländer, auf dem die Skulpturen nackter Nymphen saßen. Ein Weg aus weißen Fliesen umrahmte das rechteckige Becken, an dessen Rändern jemand Dutzende Kerzen aufgestellt hatte. Der Wind von der offenen See ließ die Flammen erzittern, war aber nicht stark genug, um sie auszublasen.
    Im Pool befand sich kein Wasser. Stattdessen war mit dunkler Farbe ein rundes Symbol auf den Grund gemalt, mindestens zwei Meter im Durchmesser. Kein Pentagramm, wie Ash fast erwartet hatte, vielmehr … ein Smiley ?
    Eine Gestalt in heller Seglerkleidung

Weitere Kostenlose Bücher