Asche und Phönix
glauben?«
»Weil Steve ein Smiley ist?«
»Und Libatique ein alter Mann, der davon träumt, der größte Künstler der Welt zu sein. Klingt beides nicht besonders dämonisch, wenn du mich fragst.«
»Ich weiß nicht, was Libatique ist. Vielleicht weiß er es nicht mal selbst. Aber er hat gestern eine Menge Menschen ermordet, und das macht ihn für mich real genug.«
Levi kam zu ihnen zurück. »Alles in Ordnung. Sie kriechen gerade in ihre Betten.«
Er nahm die Maske ab und hängte sie an ihren Platz zurück. Danach führte er die beiden zurück in Richtung Haus. Über ihnen flüsterten die Pinien im Wind, der vom Mittelmeer über Cap Ferrat wehte. Raschelnd bogen sich die Zypressen, und einmal huschte eine weiß gefleckte Katze über den Weg und verschwand zwischen den Büschen.
»Dein Vater bat mich also um Rat. Ich habe ihm erklärt, dass ich selbst ihm nicht helfen könnte, wohl aber diejenige, der ich diente.«
»Hekate«, murmelte Ash.
»Meine Göttin des Mondes und der Nacht. Sie war mir wohlgesinnt damals. Nicht dass sie mir je persönlich erschienen wäre. Sie war nie so präsent wie ein paar der anderen, die mir damals in Trance begegnet sind. Aber sie war die Einzige, die wirklich Einfluss nehmen konnte. Sie hat die Macht besessen, Dinge in unserer Welt zu verändern. Ein Gebet an sie, eine Beschwörung –«
»Oder ein Opfer?«, fragte Ash.
»Oder ein Opfer, ja, all das konnte tatsächlich etwas bewirken. Es ist wichtig, dass ihr das versteht. All die anderen Erscheinungen, mit denen ich zu tun hatte, konnten nur große Worte schwingen oder boten bestenfalls amüsante Konversation. Aber Hekate … Ich hab ihr gelegentlich ein Kaninchen geopfert oder eine Katze, und dafür hat sie mich vor den Geldeintreibern und der Polizei beschützt. Aber deinem Vater ging es ja nicht um Schutz vor so etwas Profanem wie der Polizei. Er hatte eine höllische Angst vor etwas, das älter und mächtiger und vor allem nicht menschlich war. Und in den Schriften hieß es, dass Hekate unter solchen Umständen ein ganz besonderes Opfer verlangt. Das Opfer eines Menschen, den man mehr liebt als irgendwen sonst auf der Welt.«
Parker blickte mit zusammengepressten Lippen geradeaus. Ash nahm wieder seine Hand, aber als sie schon glaubte, er würde nicht auf die Berührung reagieren, umfassten seine Finger die ihren ganz fest.
»Ich hatte von einigen alten Orten der Macht hier in Europa gehört und ich nannte ihm zwei oder drei, an denen es selbst einem Laien wie ihm gelingen sollte, zu Hekate in Verbindung zu treten. Der Berg im Massif des Maures war einer davon und er war leichter zu erreichen als die übrigen, die in Ländern wie Rumänien und dem ehemaligen Jugoslawien lagen. Damals gab es ja noch den Eisernen Vorhang. In meinen ersten Jahren hier in Frankreich habe ich selbst einige Beschwörungen in dem alten Haus auf dem Berg durchgeführt, und alles, was ich gehört hatte, erwies sich als wahr. Ich war zum letzten Mal dort, viele Jahre bevor unten im Tal eure Villa errichtet wurde, und als ich schließlich von den Bauarbeiten hörte, hatte ich mich längst von alldem losgesagt. Zehn, fünfzehn Jahre waren vergangen, seit dein Vater mich im Chateau Marmont besucht hatte, und ich hatte immer angenommen, dass seine Ängste und diese ganze Libatique-Geschichte sich mittlerweile in Wohlgefallen aufgelöst hätten. Nun, ganz offensichtlich hatten sie das nicht. Ich habe versucht, deinen Vater zu kontaktieren, aber man hat mich nicht mal zu ihm durchgestellt. Mittlerweile war er der mächtige Medienmogul und man konnte nicht mal eben bei ihm anrufen und ihn bitten, seinen Plan, der Mondgöttin einen Menschen zu opfern, noch mal zu überdenken.«
»Sie haben es tatsächlich versucht?«, fragte Parker.
»Ich hab ihm auch einen Brief geschrieben, nicht als Kenneth Levi natürlich. Das war zu der Zeit, als der Rohbau eurer Villa schon stand. Er tat ja nichts Ungesetzliches, aber ich ahnte, dass er nicht wegen der ruhigen Lage dorthin ziehen wollte. Der Bau des Anwesens ging ungeheuer schnell. Und ich kam einfach nicht an ihn heran. Irgendwann hab ich es aufgegeben, um nicht wie ein Irrer dazustehen und womöglich noch als der ehemalige Frater Iblis Nineangel enttarnt zu werden.«
In diesem Moment erklang ein schrilles Heulen, dann explodierte Feuerwerk hoch über ihren Köpfen. Vielfarbige Lichtkaskaden ergossen sich über den Himmel.
Levi verzog missbilligend das Gesicht. »So geht das hier ständig. Laufend muss
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