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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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wohl so. Was sie wirklich waren, habe ich erst viel später rausgefunden.«
    »Steve hat’s Ihnen erzählt«, sagte Ash.
    »Woher weißt du das?«
    »Nur so ’ne Ahnung.« Sie blickte über die Schulter zurück zum Pool und auf das riesige Smileygesicht im Kerzenschein.
    »Zum Glück hab ich mich selbst nicht mit vielen Sukkubi abgegeben«, sagte Levi, »sonst wäre ich kaum so alt geworden. Und heute habe ich mit alldem nichts mehr zu tun. Der Orden der Hekate existiert schon seit langer Zeit nicht mehr. Zwei, drei Jahre nachdem ich nach Frankreich gezogen war, hat auch Frater Iblis Nineangel aufgehört zu existieren. Er war ohnehin immer nur eine Maskerade – damals mochte ich so was. Nicht viele Leute wussten, dass Nineangel und Kenneth Levi ein und dieselbe Person waren. Ich hab mich dann erst aus der Szene und kurz danach aus dem Musikbusiness zurückgezogen. Ich hatte alles erlebt, alles ausprobiert, und ich wollte nur noch meine Ruhe. Und die habe ich ja nun, mittlerweile seit über dreißig Jahren. Heute kümmere ich mich um meinen Garten und um meine Bienen und Steve leistet mir Gesellschaft. Ich bin ein glücklicher, ausgeglichener Mensch, der mit niemandem Ärger haben will.«
    Levis Fröhlichkeit schien sogar Parker zu entwaffnen. Auch Ash war überrascht. Sie hatten befürchtet, hier auf Libatique zu treffen. Stattdessen wanderten sie einträchtig durch den dunklen Park.
    »Was ist damals zwischen Ihnen und meinem Vater abgelaufen?«, fragte Parker.
    »Er kam Anfang ’75 zu mir. Damals war ich von San Francisco nach Los Angeles umgesiedelt. Es wurde immer komplizierter, in den USA das Doppelleben als Levi und Nineangel aufrechtzuerhalten. Nineangel trat nur noch mit einer Maske auf – im Nachhinein wohl ziemlich theatralischer Blödsinn, fürchte ich –, und einmal die Woche hielt ich eine Art Audienz für meine Anhänger ab. Standesgemäß natürlich in einer Suite des Chateau-Marmont-Hotels in Hollywood. Es kamen viele Schauspieler, die hinter bestimmten Rollen her waren, Regisseure, Produzenten, Künstler … das ganze Programm. Dein Vater war einer von ihnen, und da saß er nun vor mir, jammerte über seinen Pakt mit diesem … wie war noch sein Name?«
    »Libatique«, sagte Parker.
    Er ist auf dem Weg hierher, wollte Ash hinzufügen, aber Parker hielt sie mit einer Berührung am Arm zurück.
    Levi nickte. »Genau. Libatique. Von ihm hatte ich vorher noch nichts gehört, aber natürlich waren wir alle überzeugt, dass es um uns herum nur so wimmelte von Geistern und Teufeln … Steve lacht mich heute oft aus, wenn ich ihm davon erzähle. Er meint, wahre Dämonen kommen nicht zu den Drogensüchtigen und Säufern, weil die genug mit ihren eigenen zu tun haben … Dein Dad saß also vor mir – er verdiente damals schon ganz gut – und ich kannte ihn, weil er zwei meiner Bücher verlegt hatte. Er bat mich um Hilfe gegen diesen Libatique. Und – ich schwör’s bei Steve – ich dachte, er hat den Verstand verloren. Weil er mir weismachen wollte, es ginge bei diesem Pakt um solche Sachen wie Talent und Berühmtheit und künstlerische Fähigkeiten. Bei allen anderen drehte es sich letztlich immer nur um Geld und Sex – selbst wenn sie bestimmte Filme drehen wollten, am Ende lief es auf eines von beiden hinaus. Geld oder Sex. Und dieser Libatique sollte angeblich hinter Kunst und Kreativität her sein? Drauf geschissen! Aber das ging mich nichts an, dein Vater wollte ja nur meinen Rat.«
    Sie befanden sich wieder auf derselben Gartenebene, auf der auch die Villa stand, und betraten einen Kreis aus akkurat geschnittenen Hecken. Auf der gegenüberliegenden Seite standen mehrere Bienenkästen.
    Levi öffnete die Tür eines kleinen Schuppens. Im Inneren hing an einem Haken eine Imkerausrüstung, wuchtig gepolstert wie ein Astronautenanzug. Er nahm nur die Maske, stülpte sie sich über den Kopf und sagte: »Wartet einen Moment hier. Um diese Uhrzeit werden sie ruhiger, aber geht trotzdem nicht zu nah ran. Ich bin sofort wieder bei euch.«
    Ash und Parker sahen zu, wie er den Heckenkreis durchquerte und die Kästen seiner Bienenvölker aus der Nähe untersuchte. Offenbar handelte es sich um seine übliche Abendroutine; er leerte keine Waben, sondern sah nur nach dem Rechten. Vielleicht wünschte er den Tieren eine gute Nacht.
    »Was hältst du von ihm und Steve?«, flüsterte Parker.
    »Wir wissen, dass Libatique existiert«, sagte Ash. »Warum fällt es uns dann so schwer, an Steve zu

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