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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Bund. Riegel gab es keine.
    »Ashley«, kroch Libatiques Stimme durch die Mauern und direkt in ihr Hirn. »Lass mich herein! Ich will nur ihn. Du bist mir gleichgültig.«
    »Hören Sie das auch?«, fragte sie Levi, der hektisch in seinen Hosentaschen kramte.
    »Ja.«
    »Was sagt er zu Ihnen?«
    »Dass ihr ihn zu mir geführt habt, aber er mir vergeben hat. Ich soll dich ausliefern.«
    »So ein Wichser!«
    »Was hast du erwartet?« Plötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Ah, hier ist es ja!« Aus einer der Taschen zog er einen kleinen schwarzen Klumpen hervor.
    »Was ist das?«
    »Ein verkohlter Fingerknochen. Von einem Kindermörder.«
    »Hm.«
    »Solltest du auch immer dabeihaben.« Er nickte ihr aufmunternd zu und ging hinüber zu der breiten Fensterscheibe, die den Aufnahmebereich von dem Raum mit den Mischpulten trennte.
    »Woher haben Sie den?«
    »Im Internet bestellt. Unverkohlt.«
    »Ashley«, wisperte Libatique in ihren Gedanken. »Der alte Mann hat schon vor langer Zeit den Verstand verloren. Du darfst ihm nicht trauen!«
    »Fick dich«, flüsterte sie.
    Levi hob vor der Scheibe den Arm wie ein Lehrer, der etwas mit einem Stück Kreide an die Tafel schreiben will. Dann zeichnete er mit dem Stück Knochenkohle einen großen Kreis auf das Glas, einen Meter im Durchmesser. Anschließend zwei münzgroße Punkte als Augen und einen lachenden Mund. Die Kohle haftete nicht gut, aber sie hinterließ einen sichtbaren Schmierfilm.
    Ash stöhnte auf. »Steve?«
    »Er wird uns beschützen.«
    »Niemand kann euch beschützen, Ashley!«
    Ihr wurde bewusst, dass sie in dem schalldichten Raum nicht hören konnte, ob draußen gerade die Tür mit den Eisenriegeln aufgebrochen wurde.
    Mit zwei schnellen Schritten war sie bei Levi und zog ihn an der Schulter herum. »Verraten Sie’s mir!«
    »Hm?«
    »Was Sie vorhin gemeint haben. Als Sie gesagt haben, Wesen wie Libatique trügen ihren Untergang schon in sich. Wie können wir ihn vernichten?«
    Levi streifte kopfschüttelnd ihre Hand ab und lief zur Tür hinüber. Auch dort zeichnete er mit dem verkohlten Finger ein Smiley auf das Holz. »Ich hab’s euch doch erklärt.«
    »Sie haben was von Scheißhonig gefaselt!«
    »Hier wird es uns sowieso nicht retten. Das kann nur Steve.«
    »Verdammt, nun sagen Sie’s schon!«
    Er beendete das Gesicht auf der Tür, dann schloss er die Augen, legte sich den winzigen Rest des Knochens auf die Zunge und schluckte ihn herunter. »Ahh«, macht er.
    Ash packte ihn an den Schultern und stieß ihn gegen die Tür. Aber Levi sah sie nur an, als könnte er nicht verstehen, worüber sie sich so aufregte. »Steve wird uns helfen«, sagte er voller Überzeugung.
    »Und wer hilft Parker?«
    War da doch ein Laut draußen vor der Tür? Das Bersten der Eisenriegel? Wenn sie nur hätte sehen können, was im Flur vor sich ging.
    »Das ist er, oder?«
    »Steve wird –«
    »Wie kann ich Libatique töten?«
    »Der Honig –«
    »Herrgott noch mal!«
    »Der Honig«, begann er noch einmal, »ist in seinem Fall der Ruhm. Libatique ernährt sich von der Berühmtheit anderer, aber er selbst verträgt sie nicht. Sie bringt ihn um.«
    Sie starrte ihn an. »Was?«
    »Jedenfalls nehme ich das an. Man kann so was nicht einfach irgendwo nachschlagen wie in einer Gebrauchsanweisung! So funktioniert das nicht. Aber es gibt eine ganze Menge Geschichten über Kreaturen wie ihn, denen genau das zum Verhängnis geworden ist.«
    Schlagartig verließ Ash alle Kraft. Ihr Hände glitten an seinen Armen hinab und hingen wie nutzlos an ihrer Seite. Ihre ganze Hoffnung löste sich von einem Moment zum nächsten in Wohlgefallen auf. »Das ist Bullshit.«
    »Steve sagt, dass es die Wahrheit ist.«
    »Steve«, fuhr sie auf, »ist ein verficktes Smiley aus … ich weiß nicht, Kohlenschmiere!«
    Er löste sich von der Tür. Sein Rücken hatte Teile des Gesichts auf dem Holz verwischt. Steve lächelte jetzt ein wenig gequält.
    »Was müsste ich tun?«, fragte sie. »Ich meine, was genau soll das heißen, er verträgt keine Berühmtheit?«
    »Sie ist sein Lebenselixier, aber nur, wenn er sie anderen abzapfen kann. Wenn er selbst so berühmt wäre wie Parker Cale, dann würde ihn das … womöglich … vielleicht … nun, vernichten.«
    »Und wie soll ich das anstellen? Ihn vor eine Fernsehkamera zerren?«
    Das dumpfe Geräusch von vorhin wiederholte sich. Der zweite Riegel an der Tür zum Aufenthaltsraum.
    »Nicht diese Art von Ruhm! Die bekommt jeder Gameshowkandidat, wenn

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