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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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drüben steckte.
    Wieder rannte er los, diesmal in dieselbe Richtung, in die sich auch Royden Cale bewegte. Sie liefen parallel zueinander am Rand des Pools entlang, bogen beide um die Ecke und trafen in der Mitte aufeinander.
    Cale streckte ihm die Hände entgegen, aber Parker wich ihm aus. Dennoch bekam sein Vater ihn an der Schulter zu fassen und krallte die Finger tief ins Fleisch. Parker holte aus und schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht.
    Doch sein Vater spürte keinen Schmerz mehr. Für endlose Augenblicke rangen sie am Rand des Pools miteinander. Kerzen wurden beiseitegetreten und verschwanden im Becken. Auf dieser Seite war es gut drei Meter tief und die meisten Lichter erloschen, bevor sie am Boden aufprallten. Einige aber fielen in das Öl, das Levi in den Pool gespritzt hatte, und ließen Flammen über die Fliesen tanzen.
    Das Smiley auf dem Grund starrte zu ihnen herauf und lachte schief.
    Am Himmel begann das Feuerwerk von neuem, abermals rasten Raketen in die Nacht hinauf und erblühten in kaleidoskopischen Fontänen.
    Cale setzte seine Hände wie gebogene Harken ein, mit denen er Parker Haut und Fleisch herunterreißen wollte. Sie hatten sich einige Schritte vom Pool entfernt, aber jetzt tat Parker alles, um seinen Vater wieder dorthin zurückzulocken. Er blutete am Hals und am Bauch, doch keine der Verletzungen war stark genug, um ihn aufzuhalten. Mit zwei Sätzen war er zurück am Becken und ließ seinen Gegner erneut auf sich zukommen.
    Der Hass auf Cales Gesicht war wie mit Messern eingekerbt. Dies mochte die letzte Emotion vor seinem Tod gewesen sein, und nun ließ sie ihn nicht mehr los. Aus seiner Kehle kam ein Laut, der nur wenig Ähnlichkeit mit einem menschlichen Schrei besaß, während er erneut die gekrümmten Finger ausstreckte.
    Im letzten Moment machte Parker einen Schritt zur Seite. Sein Vater wollte sich noch ihm zuwenden, die Richtung ändern, aber es war zu spät. Seine Geschwindigkeit trug ihn über die Kante des Pools hinweg.
    Im Sturz gelang es ihm, seinen Sohn am Unterarm zu packen. Parker geriet aus dem Gleichgewicht, wurde mitgerissen – und fing sich im letzten Augenblick, als die Hand seines Vaters abrutschte und die Fingernägel rote Furchen auf seinem Arm hinterließen.
    Eine Sekunde später krachte Cale auf den Grund des Beckens.
    Parker trat weitere Kerzen in die Tiefe, eine fiel auf Levis Zeichnung. Mit einem Fauchen entzündete sich die Umrandung des Mondgesichts. Über die verlaufenen Bahnen der Ölfarbe tanzten die Flammen auch ins Innere zu Mund und Augen. Bald brannte das riesige Smiley im Zentrum des Pools wie ein heidnisches Symbol.
    Im Schein des Feuers richtete Cale sich auf und starrte zu seinem Sohn hoch. Falls er sich Knochen gebrochen hatte, hielt ihn das nicht auf. Er schien entschlossen, mit bloßen Händen an der Kachelwand emporzuklettern.
    Als Parker und Ash eingetroffen waren, hatte Levi die Kupferschale am Rand des Beckens abgestellt. Jetzt erreichte Parker sie mit drei schnellen Schritten und hob sie vom Boden auf. Cale stand dort unten mit gebeugtem Rücken wie ein missgestalteter Menschenaffe; er sah aus, als wollte er die Distanz zu seinem Sohn mit einem Sprung überwinden.
    Parker streckte die Schale mit ausgestreckten Armen über den Rand und goss das Öl auf seinen Vater hinab. Als er das Gefäß fallen ließ, prallte es scheppernd auf die Fliesen und kreiselte einige Male um sich selbst.
    Royden Cale fuhr sich mit den Händen über das ölige Gesicht, um sich die Augen freizureiben. Als er wieder zu Parker heraufblickte, hielt der eine Kerze in der Hand.
    Ihre Blicke trafen sich.
    »Tut mir leid, Dad.« Er ließ die Kerze los.
    Sein Vater schlug ungelenk danach, verfehlte sie jedoch. Die Flamme streifte ihn an der Schulter.
    Unmittelbar vor Parkers Gesicht schoss eine Stichflamme aus dem Becken empor, meterhoch über den Rand hinaus. Die Hitzewelle traf ihn mit aller Kraft. Aber er blieb stehen, blinzelte in die Helligkeit und sah zu, wie die Feuersäule wieder in sich zusammensank.
    Mantel und Haar seines Vaters standen in Flammen. Die krumme Nase und das spitze Kinn ragten aus einer gelbroten Feuermaske. Vom Kopf und den Schultern fraß sich die Glut an seinem Körper hinab, und auch der Boden um ihn herum brannte. Im Hintergrund loderte das Smiley und schien sie beide auszulachen.
    Als der brennende Cale versuchte, an der glatten Wand hinaufzuklettern, zwang Parker sich, wieder hinzusehen. Er würde nicht fortgehen, ehe es keinen

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