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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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vor. Von weit her erklang gedämpfter Verkehrslärm, die Geräuschkulisse einer nächtlichen Stadt. Irgendwo musste ein Fenster offen stehen.
    »Mein Name ist Ash. Ich glaube, Parker hat Bescheid gesagt, dass ich komme.«
    Nichts.
    Der Portier hatte vor nicht einmal drei Minuten mit Epiphany telefoniert. Sie musste da sein.
    Vorsichtig ging Ash den Flur hinunter und blickte in alle Räume. Ein Ankleidezimmer mit offenen Schränken und vielen verstreuten Sachen am Boden, so als hätte sich jemand nicht für die Abendgarderobe entscheiden können. Daneben ein kleinerer Raum nur für Schuhe, ganze Wände voll davon; auch hier ein ziemliches Chaos. Ein luxuriöses Bad mit eingeschalteter Festbeleuchtung und einem dieser Schminkspiegel mit Lampen rundum.
    Am Ende des Flurs befand sich das riesige Wohnzimmer mit über Eck liegenden Fensterwänden, die auf die Stadt und das Meer hinausblickten. Weißer Marmor, Ledersessel, zu viel Glas und Metall für Ashs Geschmack. Eine eiserne Wendeltreppe führte nach oben auf eine zweite Ebene.
    »Epiphany?«
    Zögernd trat sie ins Zimmer. Hinter einem breiten Tresen links von ihr lag eine offene Küche, für die manch einer getötet hätte. Ein Kühlschrank vom Boden bis zur Decke, auf der Arbeitsplatte allerlei technischer Schnickschnack. Ein futuristischer Backofen, dazu eine Mikrowelle, groß genug, um Pudel zu trocknen.
    Ein Windstoß erfasste sie, viel zu heftig für gewöhnliche Zugluft.
    Eines der Fenster war zerbrochen. An den unteren Glaszacken hatte sich etwas verfangen, das aussah wie dunkle Algenfäden an einem Flussufer. Mehr davon klebte auf dem Boden.
    Ash blieb stehen.
    Hinter dem Küchentresen erklang ein Flüstern.

58.
    Der Wagen parkte in einer Seitenstraße der Avenue Princesse Alice, nicht weit entfernt vom Kasino und der Oper. Unten am Hafen, wo der Strom der Touristen niemals abriss, hatte Parker bei einem Nepphändler zwei schwarze T-Shirts, ein Basecap, eine billige Sonnenbrille und eine Flasche Wasser gekauft. Mit einem der Shirts und dem Wasser hatte er sich das getrocknete Blut von den Armen und vom Hals gewaschen, das andere hatte er übergezogen. Über seiner Brust spannte sich ein grenzwertiges Porträt von Grace Kelly.
    In seinem neuen Outfit saß er hinter dem Steuer und hielt sich das Handy ans Ohr. Am anderen Ende stieß jemand einen Jubelruf aus.
    » Parker? Hey, Mann!«
    »Hey, Lucien.«
    »Gott sei Dank!« Sein französischer Akzent klang viel stärker durch, wenn er aufgeregt war. »Wo steckst du? Alle Welt sucht nach dir. Das Feuer … die Nachrichten sind noch immer voll davon. Viele glauben, dass du im Haus warst … Geht’s dir gut?«
    »Nicht besonders. Aber wir leben noch, jedenfalls Ash und ich.«
    Die Schwäche, die er zuletzt durch die Aufmerksamkeit der Paparazzi vor der Villa überwunden hatte, war schon seit einer Weile wieder da. Er musste dringend in die Öffentlichkeit, hasste sich dafür und konnte doch nicht anders. Er hatte es bei der Flucht von Cap Ferrat gespürt, aber während der Fahrt für sich behalten. Es gab auch so schon genug, über das Ash sich den Kopf zerbrach. Er wollte nicht, dass es ihr noch schlechter ging.
    »Ist sie in Ordnung?«, fragte Lucien.
    »Ich hab sie gerade bei Epiphany abgesetzt.«
    »Ihr seid hier in Monaco?« Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung, während im Hintergrund der Lärm zahlloser Stimmen tobte. »Epiphany sollte eigentlich längst bei uns im Kino sein. Alle sind tierisch nervös, der Typ vom Verleih liegt sich schon mit ihrer neuen Agentin in den Haaren. Die wilden Horden da draußen drehen fast durch!«
    »Piph kommt immer zu spät. Du kennst sie doch.«
    »Mann, ich kann nicht fassen, dass du hier bist!« Lucien hielt inne. »Warte mal – du hast Ash zu ihr gebracht?«
    »Ich hab sie in der Tiefgarage abgesetzt und Piph auf dem Handy angerufen. Sie wollte gerade runter zur Limousine, um loszufahren. Ich hab sie überredet, noch zwei Minuten zu warten und Ash in ihre Wohnung zu lassen.«
    Lucien klang verblüfft. »Und das hat sie getan?«
    »Ich hab ihr versprechen müssen, mich nachher mit ihr fotografieren zu lassen. Ein bisschen Öl für die PR-Maschine. Sie sagt, sie braucht mal wieder eine Schlagzeile. Und weil gerade alle denken, ich sei tot, hielt sie es für eine tolle Idee, wenn ausgerechnet sie mit mir zusammen auftaucht.«
    Lucien lachte. »Klingt hundertprozentig nach ihr!«
    »Hör zu«, sagte Parker, »kannst du mir einen Gefallen tun?«
    »Sicher. Ich steh

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