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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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eh nur hier rum und drück mich davor, Autogramme zu geben.«
    »Kannst du dich vor die Kamera des größten Senders drängeln, den Leuten erzählen, dass du gerade mit mir telefoniert hast und dass ich gesagt hätte, ich würde heute als Überraschungsgast bei der Premiere erscheinen?«
    »Ist das Teil deines Deals mit Epiphany?«
    »Nicht direkt. Bitte, Lucien, kannst du das für mich tun?«
    »Klar.«
    »Ich werd noch ein paar Minuten brauchen. Bei dem Trubel kann ich nicht direkt mit dem Auto ranfahren. Aber es ist wirklich wichtig, dass möglichst viel Wirbel um meine Ankunft veranstaltet wird.«
    »Viel Wirbel?« Lucien stieß ein amüsiertes Schnauben aus. »Sag mal, hast du eine Ahnung, was hier abgeht, sobald du auch nur deine Nase zeigst? Die Leute werden völlig ausrasten! Die sind jetzt schon total drauf, und noch denken sie, dass bloß Piph und ich da sein werden.«
    »Heiz die Stimmung ruhig noch an. Ich will, dass alle darauf warten, dass ich endlich auftauche. Sie sollen es am besten jetzt schon im Fernsehen und im Radio bringen. Sag ihnen … Sag ihnen, ich wolle allen erzählen, was in der Villa passiert ist. Irgend’nen Scheiß, den sie hören wollen.«
    »Geht’s dir wirklich gut?«
    »Gut genug. Leg einfach los, ja? Trommel, so laut du kannst. Du hast dann wirklich was gut bei mir.«
    »Ich hab schon eine Menge gut bei dir.«
    »Ich weiß.«
    »Wirst du mir irgendwann alles erzählen? Von diesem Kerl in Lyon und dem Feuer? Die Wahrheit, meine ich.«
    »Versprochen.«
    »Ich bin echt froh, Mann. Wirklich froh.«
    »Dann sag das allen.« Er lachte leise. »Ich will eine Menge Tränen sehen.«
    »Die wirst du bekommen. Bin schon unterwegs zum Eingang.« Im Hintergrund wurde das Getöse der Menge ohrenbetäubend. »So – kann losgehen!«
    »Danke, Lucien!«
    »Bis gleich!«
    »Bin sofort da.«
    Parker beendete das Gespräch und steckte das Handy ein. Epiphany musste mittlerweile unterwegs sein. Wahrscheinlich würden sie etwa gleichzeitig am Kino ankommen.
    Er schaltete das Radio ein und klickte sich durch die Sender. Auf The Glamour war wie immer Verlass: Gleich drei lokale Stationen berichteten live von der Mitternachtspremiere. Am Ende waren auch Milliardärstöchter nur Teenager mit Postern über dem Bett.
    Eine Radioreporterin interviewte eine heulende Zuschauerin am roten Teppich. Mitten im Satz brach das Mädchen ab und begann zu kreischen. Die Reporterin meldete, dass Lucien Daudet ins Freie zurückgekehrt sei und gerade durch wildes Winken alle Journalisten und Fans auf sich aufmerksam mache.
    Parker lächelte und schaltete das Radio ab. Die wenigen Minuten bis zum Kino würden mühsam werden. Aber er konnte es schaffen. Und wenn er das letzte Stück auf allen vieren kroch.

59.
    Ash näherte sich dem Küchentresen. In der rechten Hand hielt sie ihren Rucksack an beiden Riemen, um notfalls damit zuzuschlagen. Es zog noch immer heftig durch das zerbrochene Fenster, aber erst jetzt fiel ihr auf, dass im ganzen Zimmer dennoch ein erbärmlicher Gestank herrschte.
    Das Flüstern erklang erneut. Diesmal verstand sie die Worte: »Hau ab! Schnell!«
    »Epiphany? Bist du das?«
    Mit einem letzten Schritt trat sie an die Theke. Die Ablagefläche war zu breit, um sich darüber hinwegzubeugen. Sie konnte einen Teil des weiß gefliesten Küchenbodens sehen, aber nicht das Stück unmittelbar hinter dem Tresen.
    Mit einem unterdrückten Fluch bewegte sie sich seitwärts an der Theke entlang, einem klobigen Wall zwischen Wohn- und Küchenbereich. Am Ende stand ein Barhocker aus Metall. Eine halb aufgerauchte Zigarette war auf den Boden gefallen und ausgegangen.
    Ash legte den Rucksack ab und ergriff den Hocker. An den Metallbeinen hob sie ihn vor ihre Brust, bereit, auf alles einzuschlagen, das sie angreifen mochte. Mit einem tiefen Luftholen machte sie den letzten Schritt um den Tresen.
    Epiphany Jones kauerte am Boden, eng an die Rückseite der Theke gepresst, und starrte sie aus aufgerissenen Augen an. Sie trug ein nachtblaues geschlitztes Abendkleid, unter dem ihre nackten Beine hervorschauten. Strähnen ihres hellblonden Haars hingen ihr ins Gesicht. Sie hatte den Zeigefinger der linken Hand an die Lippen gelegt und schüttelte den Kopf, um Ash zu signalisieren, dass sie nur ja keinen weiteren Ton von sich geben sollte. In der Rechten hielt sie ein gewaltiges Fleischermesser von der Sorte, die man nur in Filmen sieht, aber nie in einer echten Küche.
    Das dunkle Zeug vom Fenster klebte auch an

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