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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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zwischen den Leichen seiner Bewunderer stehen, wird der Junge ihn anflehen, einen Pakt mit ihm zu schließen.
    Libatique hält an einer Ampel und blickt zufrieden in das lockende Rot.

61.
    Die Menge verschluckte Parker und schwemmte ihn in einem Chaos kreischender Mädchenstimmen vorwärts. Es gab einen abgesperrten Bereich vor dem Haupteingang des Kinos für die Limousinen, aber um dorthin zu gelangen, musste er durch die Massen. Es dauerte keine drei Sekunden, ehe man ihn erkannte, und dann raubte ihm der Ansturm den Atem. Hände rissen ihm das Basecap und die Sonnenbrille herunter; beides verschwand auf Nimmerwiedersehen. Einige zogen auch an seinem Shirt, aber dann wurde die Enge so unerträglich, dass alle, die in seiner Nähe standen, damit beschäftigt waren, nicht niedergetrampelt zu werden. Für einen Augenblick vergaßen sie, wem die ganze Hysterie eigentlich galt und dass sie gerade Körperkontakt mit ihm hatten.
    Es war, als hätten sich all diese Menschen zu einer Demonstration versammelt. Sie trugen Plakate und Banner, skandierten Sprechchöre und schwenkten ihre Glamour -Bücher wie politische Manifeste. Hätte Parker sie zum Sturz des Hauses Grimaldi aufgefordert, hätten sie ihn vermutlich auf Händen zum Fürstenpalast getragen. So aber war er froh, dass er einigermaßen unbeschadet die Absperrung erreichte, wo ihm die Security zu Hilfe kam. Die Riesen in den schwarzen Anzügen trieben die Fans weit genug auseinander, so dass er einigermaßen in Würde über das Band steigen und den roten Teppich betreten konnte. Dort erwarteten ihn nicht nur mehrere Kamerateams und der Schwarm der Fotografen, sondern auch ein grinsender Lucien, der ihn umarmte, als hätten sie einander seit Jahrzehnten nicht gesehen.
    Wenig später wurde er gemeinsam mit Lucien ins Foyer geschleust und ließ das Blitzlichtgewitter hinter sich. Er fühlte sich gestärkt, aber nicht so euphorisiert wie sonst, wenn er nach einem Schwächeanfall durch ein Bad in der Menge neue Kraft getankt hatte. Die Pressefrau des Verleihs hieß ihn willkommen und bot ihm merklich irritiert an, neue Kleidung zu besorgen, aber er bat sie nur, so schnell wie möglich den Einlass zu öffnen.
    Lucien trug einen teuren silbergrauen Anzug und hatte sein blondes Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Mit seinem gestärkten Hemd und der Krawatte sah er aus, als wollte er sich bei der Crédit Lyonnais bewerben. Lucien liebte es, sich für solche Auftritte in einem anderen Stil zu kleiden. Jeder ging mit diesem Trubel auf seine Weise um, und Lucien versteckte sich hinter einem Chic, für den ihn seine Hausbesetzerfreunde in den Traboules mit Teebeuteln beworfen hätten.
    Im Zuschauerraum hielten sich erst wenige Menschen auf, Mitarbeiter des Verleihs und des Kinos, Sponsoren und ihre Familien, dazu ein paar ausgewählte Journalisten. Es war immer das gleiche Spiel. Parker und Cale wurden durch den Hauptgang zur Bühne geführt, einige Stufen hinauf und dann durch eine Seitentür in einen Raum hinter der Leinwand. Dort waren ein Buffet und einige Sessel aufgebaut worden, der Backstagebereich für die Stargäste.
    Besorgt sah Parker sich um. »Wo ist Piph?«, fragte er, als Lucien auf den Rotwein zusteuerte.
    »Immer noch nicht da. Ihre Agentin hat vorhin ein ziemliches Spektakel veranstaltet, als einem der Leute vom Verleih der Kragen geplatzt ist.« Er grinste Parker schief an. »Cooles T-Shirt, übrigens. Wusste gar nicht, dass du Grace-Kelly-Fan bist.«
    Die Angst um Ash – und ein bisschen auch um Epiphany – packte Parker. Er tastete nach seinem Smartphone. Es war fort. Jemand musste es ihm draußen in der Menge aus der Hosentasche gezogen haben.
    Er verstellte Lucien den Weg zum Wein. »Die haben mein Handy geklaut. Kann ich mal deins haben?«
    Luciens Miene verdüsterte sich, während er Parker seines reichte. »Sag mir, was los ist.« Er senkte die Stimme, obwohl sie allein im Raum waren. »Ist es wieder dieser Typ aus Lyon? Ich hab ihm das halbe Gesicht weggeschossen. Wie –«
    Parker tippte aus dem Kopf Epiphanys Nummer. »Ich erklär dir später alles.« Er wandte sich ab und zählte die Freizeichen.
    Nach dem dritten Klingeln ging sie ran. »Hallo?« Ihre Stimme schwankte. Er kannte diesen Tonfall. Irgendetwas stimmte nicht. Epiphany Jones hatte zwei Tonlagen – Kritiker behaupteten: überhaupt nur zwei Gesichtsausdrücke –, die sie benutzte, wenn es ihr schlecht ging. Die eine bekam man zu hören, wenn ihr Lieblingsgetränk nicht am Set

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