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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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als ob das eine Rolle gespielt hätte.« Ein bleiches Lächeln flackerte über seine Züge, doch er wurde gleich wieder ernst. »In Lyon wärst du in Sicherheit gewesen. Wieso bist du nicht geblieben?«
    »Weil mir keiner dort hätte erklären können, was letzte Nacht passiert ist. Du bist der Einzige, der das kann.«
    Mittlerweile war ihm anzusehen, dass er in den vergangenen anderthalb Tagen einiges durchgemacht hatte. Dunkle Ringe lagen um seine Augen. Manchmal zuckte er nervös mit dem rechten Knie. Ash und er waren gewaschen, satt und auf dem Weg ans Mittelmeer, aber sie sahen aus wie Zombies. Ash wie ein Zombie mit Sommersprossen.
    »Glaubst du, er folgt uns?«, fragte sie.
    »Guignol? Er weiß auch so, wohin wir unterwegs sind. Vielleicht schaffen wir es, vor ihm dort zu sein. Auf jeden Fall müssen wir die Augen offenhalten.«
    »Also?« Sie wartete.
    »Das ist nicht so einfach.«
    »Deine Assistentin ist zu einem Haufen Koks zerfallen!«
    »Das war kein Koks!«
    »Entschuldige.« Nach kurzem Zögern fragte sie: »Wie sehr hast du an ihr gehangen? Ich meine, in London sind wir vor ihr davongelaufen, als würde sie uns wer weiß was antun. Ich hab schon verstanden, dass es dabei eher um deinen Vater ging, aber trotzdem … Du hast nicht wirklich Angst vor ihr gehabt, oder?«
    »Früher schon. Als Kind sogar ziemlich oft. Sie war immer da, egal wohin ich gegangen bin. Und wenn ich einmal dachte, ich hätte sie abgehängt, stellte sich später heraus, dass sie mich in Wahrheit die ganze Zeit über nicht aus den Augen gelassen hatte. Das wurde erst besser, als ich älter wurde. Da hat sie begonnen, mir so was wie Privatsphäre zuzugestehen. Trotzdem war sie selten weiter als eine Tür entfernt, im Nebenraum oder auf dem Flur, fast immer im selben Gebäude. Und das kann einen ziemlich fertigmachen.«
    In Lyon hatte Ash seine Narben gesehen, an den Armen und am Bauch: streichholzlange Schnitte, einer neben dem anderen, und auch ein paar größere, auf die sie nur einen kurzen Blick hatte werfen können, als er aus der Dusche gekommen war. Es waren Buchstaben, Wörter, die er sich in die Haut geritzt hatte. Seine Maskenbildner dürften einige Mühe gehabt haben, wenn ihm im Film mal wieder das Hemd vom Leib gerissen wurde.
    »Wer ist Libatique?«, fragte sie.
    »Mein Vater behauptet, ohne Libatiques Hilfe wäre er nicht zu dem geworden, was er heute ist.«
    »Ein Geschäftspartner? Oder eine Art Banker?«
    »Wenn es stimmt, dass Banker mit dem Teufel im Bunde sind, dann schon.«
    »Bocksfuß und Schwefel und die drei goldenen Haare? 666 und all das Zeug?«
    »Ja. Nur in echt.«
    Ash sah ihn nicht an.
    »Du glaubst mir kein Wort«, sagte er.
    »Red erst mal weiter.«
    »Nicht, wenn du mir eh nicht glaubst.«
    »Ich bin heute Nacht fast von einem Kerl gekillt worden, dem nur Hörner und Dreizack gefehlt haben. Außerdem sitze ich auf einer abgesägten Schrotflinte, die seit einer Ewigkeit unter dem Kommunistischen Manifest gelegen hat. Dafür allein dürfte ich in der Hölle landen. Bis zu deinem Libatique ist es da nicht mehr weit.«
    »Das hier müsste eigentlich der Moment sein, in dem du mich auslachst und wütend wirst und behauptest, der Teufel sei nur eine Erfindung, um –«
    »Guignol war keine. Und wenn Libatique sein Auftraggeber ist …« Sie rieb sich die brennenden Augen. Zu wenig Schlaf. »Erzähl weiter.«
    Parker warf einen Blick nach links in Richtung der aufgehenden Sonne. Ein Goldrand lag um sein zerrauftes Haar wie auf den Plakaten. »Dass mein Vater Hippie war, Ende der Sechziger, weißt du schon. Er ist nach San Francisco gegangen, hat jede Menge Gras geraucht und mit anderem Zeug herumexperimentiert, das ganze Programm. Freie Liebe, freie Kunst, freie Drogen, freie Meinung, weiß der Himmel … Er hat gemalt, wirklich gut gemalt, und wenn er sich nicht gerade in Haight-Ashbury die Birne zugeknallt hat, dann hat er Ausstellungen auf die Beine gestellt, erst auf eigene Faust, dann mit Hilfe aller möglichen Galeristen der Stadt. Die haben ihn schnell nach oben gebracht. Innerhalb eines Jahres kannte ihn die ganze Kunstszene der Bay Area. Aber schon damals hat ihm das nicht gereicht.«
    Sie erinnerte sich an Bilder jener Zeit, die sie ab und an im Fernsehen gesehen hatte, ausgebleichte Aufnahmen von langhaarigen Mädchen und bärtigen Kerlen, die halb nackt auf Wiesen saßen, Gitarre spielten, monströse Joints rauchten und gegen den Vietnamkrieg protestierten. Sie wusste kaum etwas darüber,

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