Asche und Phönix
Unterschrift, aber vor allem mit dem eines anderen, eines Opfers.«
Ash musterte ihn zweifelnd, sagte aber nichts.
»In den Sechzigern gab es mehr Satanisten als jemals zuvor oder seither«, sagte Parker. »Charles Manson war einer. Hast du mal von Anton La Vey gehört? Seine Church of Satan gibt es heute noch. Ron Hubbard ist das Oberhaupt eines Teufelskults gewesen, ehe er Scientology gegründet hat. Und Mick Jagger wollte in einem Film von Kenneth Anger als Luzifer auftreten. Jeder, der in Hollywood dazugehören wollte, hat zumindest mal an einer schwarzen Messe teilgenommen. Kalifornien war die Hochburg der Bewegung – jedenfalls bis viele der Anführer nach Europa ausgewandert sind. Du kannst das alles nachlesen, es gibt Bücher darüber und das Internet ist voll davon.«
Ash massierte sich die Oberschenkel. »Aber ausgerechnet bei einem Stones-Konzert?«
»Schon gut. Vergiss es.«
»Du musst doch zugeben, dass –« Sie brach den Satz ab, sah hinaus auf die Autobahn im Licht des Sonnenaufgangs und zuckte die Achseln. »Libatique hat deinem Vater also Erfolg versprochen.«
Eine Weile lang stand Parkers Schweigen wie eine Mauer zwischen ihnen. »Wenn ein Wort davon an die Presse gelangt –«
»Ihr seid Promis! Selbst wenn die ganze Geschichte morgen im Internet stünde, würde euch das keiner übel nehmen. Die Leute erwarten, dass ihr ein paar Schrauben locker habt. Weil es egal ist, wie ihr euch aufführt oder woran ihr glaubt. Dein Dad könnte aller Welt verkünden, dass er der liebe Gott ist und du der auferstandene Jesus, und es würde niemanden länger als einen halben Tag interessieren.« Sie schüttelte den Kopf. »Aber du denkst nicht im Ernst, dass ich damit zum erstbesten Reporter renne, oder? Mich würden sie nämlich in eine Zwangsjacke stecken.«
Er lachte bitter, und darin schwangen all die Jahre mit, die er mit diesem Irrsinn hatte leben müssen. »Mein Vater hatte danach tatsächlich immer größeren Erfolg. Seine Bilder wurden von Woche zu Woche wertvoller, so als hätte ihm der Tod dieses armen Kerls wirklich … ich weiß nicht, Glück gebracht. Er hatte schon vorher damit begonnen, Texte anderer Leute in kleiner Auflage zu drucken, nur ein paar dünne Hefte, irgendwelches Gegenkulturzeug, abgefahrener Kram … Aber als er mit einem Mal Geld hatte, fing er an, mehr in diese Sache zu investieren. Er druckte Bücher auf gutem Papier, mit Schutzumschlag und Lesebändchen, und er sorgte dafür, dass sie in den richtigen Buchhandlungen landeten. Ungefähr ein Jahr nach seiner Abmachung mit Libatique publizierte er ein Buch von einem verrückten Deutschen oder Österreicher, der behauptete, dass wir alle von Aliens abstammen, die in der Urzeit auf der Erde gelandet sind. Das Buch hat sich verkauft wie geschnitten Brot. Und plötzlich war mein Vater Verleger eines Bestsellers, der schon bald in zig Sprachen übersetzt wurde. Anfang der Siebziger und noch ein paar Bücher später war Dad nicht länger Künstler, sondern Geschäftsmann. Alles, was er angefasst hat, wurde zu Gold. Er kaufte Radio- und Fernsehsender. ’75 oder ’76 gehörten ihm fast zwanzig in Amerika und Europa, außerdem mehrere Verlage und Zeitungen. Und so ging es weiter.«
Ash musste sich eingestehen, dass sie fasziniert war. Von ihm, von seiner irrwitzigen Geschichte und, ja, auch von Royden Cale. Doch als Parker kurz Luft holte, konnte sie endlich die eine Frage loswerden, die ihr die ganze Zeit über auf der Zunge gelegen hatte: »Aber warum hetzt Libatique dir diesen Guignol auf den Hals?«
»Es gab eine Absprache. Einen Vertrag. Und mein Vater –«
»– hat sich nicht daran gehalten.«
»Ja.«
»Das ist böse.«
»Allerdings.«
Sie beobachtete ihn aus dem Augenwinkel. Ganz gleich, wie absurd das alles klang: Sie hing längst am Haken.
Sie presste die Lippen aufeinander und starrte auf das Nummernschild des Wagens vor ihnen, als könnte es ihr eine geheime Botschaft übermitteln. Eine Antwort auf die Frage, warum sie ihm zuhörte. Warum sie ihm glaubte .
Ein paar Herzschläge lang nahm sein Gesicht einen gequälten Ausdruck an, aber er versuchte, ihn mit Sachlichkeit zu überspielen. »Ich hab dir doch erzählt, dass Chimena immer in meiner Nähe war. Nach außen hin wurde sie erst als mein Kindermädchen ausgegeben, dann als Privatlehrerin, später als persönliche Assistentin. In den ersten Jahren bekam kaum jemand sie zu sehen, wir beide sind fast nie unter Menschen gekommen. Aber sie war
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