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Asche und Phönix

Asche und Phönix

Titel: Asche und Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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stecken, dann riss er sie wieder zurück.
    Einen gewöhnlichen Menschen hätten die Verletzungen auf der Stelle getötet. Chimena aber taumelte nur, schlug um sich und verfehlte ihn. Ash war auf allen vieren gelandet und sah wie durch einen Schleier mit an, was geschah, rappelte sich hoch, drohte das Gleichgewicht zu verlieren – und wurde aufgefangen. Parker war bei ihr und half ihr, auf den Beinen zu bleiben. Aber er sah nicht sie an, sondern Chimena, die nun zuckend in die Knie brach. Ihr Oberkörper sank nach vorn und sie presste beide Hände auf die Wunden in ihrem Hals. Kein Tropfen Blut trat aus.
    Guignol verschwendete keine Zeit mit ihr und wandte sich Parker und Ash zu. Er stand leicht vorgebeugt, mit Fingern, so lang und dürr wie gekrümmte Äste. Sein Anzug war staubig, aber trotz des Kampfes nicht zerrissen, und erst jetzt fiel Ash auf, dass er am Hinterkopf struppiges schwarzes Haar wie Rabengefieder hatte. Sein schreckliches Gesicht verzog sich zu einer triumphalen Grimasse, als er auf die beiden zukam, noch vier Meter, dann drei.
    Über ihnen quietschten Scharniere. Eines der Fenster wurde aufgerissen, Lucien erschien im Rahmen.
    »Hey, Motherfucker!« rief er mit französischem Akzent. Blonde Locken hatten sich aus seinem Pferdeschwanz gelöst und standen wirr um sein Gesicht ab.
    Guignol sah hoch und blickte in den Lauf eines Gewehrs. Lucien hatte eine Flinte mit abgesägtem Lauf auf ihn gerichtet.
    »Shit!«, rief Ash, und noch ehe Parker reagieren konnte, stieß sie ihn mit sich nach hinten, auf die Säulen am Rand des Hofes zu. Sie hatte bereits erlebt, was solche Waffen anrichten konnten, und fürchtete, dass weder Parker noch Lucien die Streuung einschätzen konnten.
    Guignol stieß ein Knurren aus, das im Donner des Schusses unterging. Die Schrotladung erwischte ihn schräg von oben und schleuderte ihn zu Boden.
    »Lauft!«, brüllte Lucien ihnen zu. »Macht, dass ihr da wegkommt!«
    Parker schüttelte den Kopf. »Ich gehe nicht ohne Chimena«, sagte er zu Ash. »Verschwinde du von hier, ich muss ihr helfen!«
    Ash bewegte sich nicht von der Stelle. Sie verstand nach wie vor nicht, in welcher Beziehung all diese Leute zueinander standen – Parker zu Chimena, Chimena zu Royden Cale, Cale zu diesem Libatique, und dann noch Guignol, was immer er sein mochte –, aber das war im Augenblick auch gar nicht wichtig. Sie blieb stehen, hielt Parker fest und schüttelte langsam den Kopf.
    »Nicht«, sagte sie und deutete mit einem Nicken zu Lucien hinauf. »Er wird dich genauso treffen wie dieses Ding.«
    Lucien zielte noch immer mit dem Gewehr auf Guignol, der sich auf der anderen Seite des Innenhofs hochstemmte. Er schwankte, war aber nicht tödlich getroffen. Langsam drehte er sich zu ihnen um.
    Ein Teil der Schrotladung hatte seine linke Gesichtshälfte in eine Kraterlandschaft verwandelt. Auch seine Wunden bluteten nicht. Sogar sein Auge bewegte sich noch.
    Nicht weit entfernt kniete Chimena am Boden, den Kopf so weit vorgebeugt, dass er fast das Kopfsteinpflaster berührte. Das lange Haar hatte sich vor ihr wie ein Fächer ausgebreitet. Sie bewegte sich nicht, aber über ihre Lippen kam ein heiseres Röcheln.
    »Lucien!« Parker gab seinem Freund am Fenster einen Wink. »Das Gewehr!«
    Lucien reagierte sofort und warf die Waffe in die Tiefe. Geschickt fing Parker sie auf, vielleicht hatte er das mal für einen Film geübt. Er ließ den Lauf herumwirbeln und zielte auf Guignol.
    Ash blieb an Parkers Seite, als sie sich gemeinsam auf Chimena zubewegten, ohne Guignol aus den Augen zu lassen. Aus nächster Nähe mochte ein zweiter Treffer weit größeren Schaden anrichten, und das schien auch dem Wesen mit der Kasperfratze bewusst zu sein. Trotzdem konnte Parker noch nicht schießen, ohne das Risiko einzugehen, auch Chimena zu erwischen. Sie mussten näher an ihn heran.
    Chimena röchelte noch immer. Ash und Parker waren fast bei ihr, als Guignol einen Schritt nach hinten zwischen die Säulen machte. Nicht weit entfernt führten einige Stufen in einen Keller oder eine tiefer gelegene Traboule. Von dort musste er auf den Hof gelangt sein; es gab nur zwei Zugänge und durch den anderen waren Ash und Chimena gekommen.
    Guignol schien abzuwägen, ob er einen weiteren Angriff wagen konnte.
    Noch drei Schritte bis zu Chimena.
    »Ich bleib bei ihr«, flüsterte Ash.
    Parker nickte dankbar.
    Ash ging neben ihr in die Hocke, wisperte ihren Namen und strich das lange Haar zur Seite, um ihr ins Gesicht zu

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