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Asche und Schwert

Asche und Schwert

Titel: Asche und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Clements
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liegt keineswegs außerhalb menschlicher Macht.«
    Das Feuer knisterte zwischen ihnen, als wolle es jeden herausfordern, darauf etwas zu erwidern.
    Â»Da wir keine andere Möglichkeit haben, uns zu amüsieren«, sagte Spartacus, »kannst du uns das genauso gut erklären.«
    Â»Du wirst das nicht gerne hören«, sagte Varro. »Du wirst dir dadurch nur noch mehr wie ein Narr vorkommen.«
    Â»Wirklich?«, warf Barca plötzlich ein. »Spartacus wird sich wie ein Narr vorkommen? Welch bessere Unterhaltung könnte es für uns denn wohl geben?«
    Alle drei stießen ein gedämpftes Lachen aus.
    Â»Du bist sicher, dass du diese Geschichte hören willst?«, fragte Varro. »Jedes römische Kind hört sie in seiner Wiege.«
    Â»Ich bin Thraker«, entgegnete Spartacus.
    Â»Und ich bin der letzte echte Sohn Karthagos«, sagte Barca.
    Bebryx schnarchte im Schlaf. Dann drehte er sich, noch immer dösend, um.
    Varro seufzte.
    Â»Ich werde es euch erzählen«, sagte er. »Ich werde euch eine Geschichte erzählen, die ihr besser schon gekannt hättet, bevor es euren Völkern in den Sinn kam, sich der Macht Roms zu widersetzen. Es ist eine Geschichte, die in die Zeit der Könige zurückreicht, eine Zeit, bevor Rom Republik wurde. Es ist die Geschichte des letzten unserer Könige, eines nutzlosen Mannes, der unter dem Namen TarquiniusderStolze bekannt war.«
    Â»Darfst du einen römischen Adligen nutzlos nennen?«, fragte Barca. »Wir würden ausgepeitscht werden.«
    Â» Ich nenne ihn so«, erwiderte Varro. »Denn ich bin selbst Römer. Zu jener Zeit hatte die griechische Kultur in Italien einen viel größeren Einfluss als heute; griechische Bräuche und Überzeugungen waren bei den Menschen weit verbreitet. Man könnte sogar sagen, dass Italien nicht der Mittelpunkt der Welt war. Stattdessen galt es als eine Ansammlung ferner griechischer Kolonien, als ein Teil ›Großgriechenlands‹.
    Nicht weit von hier, in Cumae, gab es eine Prophetin, eine geheimnisvolle Frau aus dem Osten, die in einer Höhle unter den Hängen der Zitadelle lebte. Einige behaupten, ihr Name war Amalthea, andere kannten sie als Herophile und wie der andere als Demophile. Die Römer nannten sie einfach Sibylle. Und diese Sibylle kam eines Tages zu König Tarquinius, um ihm einen überaus seltsamen Handel vorzuschlagen. Sie bot ihm neun Bücher an – für eine beträchtliche Summe.«
    Â»Was stand in den neun Büchern, das so viel wert gewesen wäre?«, wollte Spartacus wissen.
    Â»Ah!«, sagte Varro. »Was stand wohl darin?«
    Er musterte seine erwartungsvollen Zuhörer und genoss ihre Aufmerksamkeit.
    Â»Was konnte so kostbar sein, dass es dem Wert dessen entsprach, was man in einhundert Leben schaffen kann? Ich sehe, dass ihr über diese Frage nachdenkt, und das tat König Tarquinius ebenfalls, als er an die Feuerstelle in seinem Palast herantrat. Was für ein Wahnsinn sollte das sein? Was wusste diese Hexe? Und mehr noch, über welches Wissen mochte sie verfügen, wenn sie vor Tarquinius’ eigenen Augen drei dieser Bücher ins Feuer warf? Denn genau das tat sie.«
    Um einen angemessenen Effekt zu erzeugen, versetzte Varro der Asche einen Tritt, wobei er eine Wolke aus glühenden Funken aufwirbelte.
    Â»Tarquinius sah zu, wie sich die Papyri krümmten und in Flammen aufgingen, während sich die hölzernen Buchdeckel schwarz färbten und zu schwelen begannen. Durch das Feuer hindurch erkannte er uralte Buchstaben in verblasster Tinte, die ein Opfer der Glut wurden. Doch noch immer tat er nichts. Die Hexe wandte sich erneut an ihn, hob die sechs verbleibenden Bücher und fragte ihn, ob er sie zum doppelten Preis erwerben wollte!«
    Spartacus lachte. Barca murmelte etwas über verrückte Frauen und ihren Hang zu melodramatischen Szenen, den man besonders bei angeblichen Prophetinnen findet.
    Â»Wenn neun Bücher so kostbar sind wie alle Werte, die man im Laufe von einhundert Leben schaffen kann«, fuhr Varro fort, »wie war es dann möglich, dass sechs Bücher doppelt so viel wert waren? König Tarquinius lachte über die verrückte Sibylle, deren Verstand, so meinte er, von den rauchenden Feldern von Cumae benebelt war. Er war wütend über ihr Angebot und forderte sie auf, ihn in Ruhe zu lassen. Sie sah ihn flehentlich und mit

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