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Asche und Schwert

Asche und Schwert

Titel: Asche und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Clements
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Zuschauer spürten, wie ihr eigenes Blut schneller in ihren Adern kreiste, wenn sie das Blut im Sand sahen.
    Die ersten Ankömmlinge drängten sich so weit wie möglich nach vorn. Successa blinzelte der willkommenen Sonne zu und kletterte zu den oberen Sitzreihen hinauf, die, wie sie wusste, um die Mittagszeit im Schatten liegen würden. Wenn es regnen sollte, würde sie dort unter den großen, segelartig aufgespannten Tüchern nicht nass werden. Während sie den Musikern und Signaltrompetern zusah, die auf ihrem Podium ihre Plätze bezogen, suchte sie sich vorsichtig einen Sitz, der ein paar Dutzend Schritte weiter entfernt war, um ihre Ohren zu schützen. Schließlich fand sie die ideale Stelle, die nicht zu dicht bei den Musikern lag und gleichzeitig nicht zu weit vom Kampfplatz entfernt war. Von hier aus konnte sie auch den Balkon sehen, auf dem sie einst die Aufmerksamkeiten eines Schiffbauers aus Puteoli genossen hatte. Sehnsüchtig blickte sie hinüber zu den Marmorbänken, den weichen Kissen und den Tischen, deren Decken in einer sanften Brise flatterten. Jetzt war der Balkon Welten von Successa entfernt und im Augenblick noch immer so verlassen wie ihr Herz.
    Und dann sah sie, wie nach und nach die Würdenträger eintrafen.
    Â»Entschuldigung, Entschuldigung!«, sagte Batiatus lachend, wobei er die Arme in einer bittenden Geste hob. Der plötzliche Übergang aus dem Schatten ins Sonnenlicht ließ ihn blinzeln. Er legte die Hand über die Augen, spähte hinüber zum Balkon und sah, dass dieser leer war.
    Â»Der pulvinus ist noch unbesetzt?«, fragte Lucretia neben ihm.
    Ilithyia starrte die beiden an, als sei das irgendwie ihre Schuld.
    Mit Kissen belegte Stühle standen in der ersten Reihe auf dem Balkon. Daneben befanden sich kleine Tische, auf denen später Erfrischungen serviert werden würden. Aber bisher war noch nicht einmal ein einziger Sklave zu sehen, der diesen Dienst verrichten würde. Nervös trat Batiatus einen Schritt zurück, denn er wollte nicht, dass die Menge in ihm jemanden von Bedeutung erkannte.
    Â»Sind wir auch pünktlich?«, fragte Lucretia.
    Â»Wieder einmal hat sich diese verdammte Stadt gegen mich verschworen.« Batiatus spuckte die verzweifelten Worte geradezu aus. »Entschuldigt«, murmelte er. Vorsichtig sah er zu Ilithyia und Lucretia und hielt dann Ausschau nach dem Stand der Sonne.
    Â»Wir sind pünktlich. Die Spiele sollten jetzt eigentlich beginnen«, sagte er. »Die Menge strömt herbei in all ihrem fragwürdigen Glanz. Es kann nur noch wenige Augenblicke dauern, dann wird es Zeit für die große Jagd – die venatio . Wer würde wohl den Anblick kämpfender Tiere verpassen wollen? Wo sind die Würdenträger? Warum drückt kein Arsch den heiligen Ehrensitz, den pulvinus? «
    Sprachlos beugte er sich über die Balustrade und musterte die Menge unter sich. Eine verschleierte Frau schien zu ihm hinaufzustarren, doch sie wandte sich ab und blickte in den noch unberührten Sand des Kampfplatzes.
    Eine Windbö wirbelte Batiatus Sand in die Augen. Er blinzelte und fluchte.
    Lucretia sah sich nach einem Sklaven um, der ihrem Mann zu Hilfe eilen würde, und als sie nirgendwo einen entdecken konnte, schüttelte sie resigniert den Kopf und bereitete sich darauf vor, die Augen ihres Mannes sauber zu wischen.
    Â»Das ist höchst unwillkommen«, sagte Ilithyia mit verdrießlicher Miene. »Die Sonne scheint, und ich fürchte, ich muss mir selbst Kühlung zufächeln.«
    Die Seeleute nannten ihn den Afer Ventus, den Wind aus Afrika. Manchmal brachte er aus heiterem Himmel warmen Regen, der sich über die Küste Italiens ergoss. Manchmal brachte er rötlichen Staub, der aus großer Höhe herabwirbelte, als blute der Himmel. Und manchmal brachte er Schiffe.
    Die Sklaven, die im Haus arbeiteten, verfluchten den Wind wegen des Schmutzes, den er auf den Marmorböden hinterließ, doch die Seeleute liebten ihn wegen der Mühelosigkeit, mit der er die Segel der Schiffe blähte, die aus Sizilien kamen. Wenn es einem gelang, mit den Segeln den Afer Ventus einzufangen, dann konnte man in zügiger Fahrt alle lateinischen Häfen im Westen erreichen – Ostia oder Puteoli oder Neapel.
    Zunächst war das Schiff nur ein Punkt am Horizont gewesen, doch allmählich wurde es immer größer. Je mehr der Dunst verschwand und sich die

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