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Asche und Schwert

Asche und Schwert

Titel: Asche und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. M. Clements
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versuchte, konnte sich keiner eine besonders günstige Position verschaffen. Stattdessen bekamen beide lediglich die Schultern des rennenden Sklaven zu fassen, und ihre Fangzähne gruben sich tief in jeweils einen der Arme ihres Opfers. Der Mann konnte sich noch einen Augenblick auf den Beinen halten, bevor er direkt unter dem Balkon im Sand zusammenbrach und sein Körper geräuschlos und ohne ein Wort unter den beiden mächtigen lohfarbenen Tieren verschwand.
    Â»War das ein Unentschieden?«, fragte Batiatus unschuldig.
    Â»Die Löwin war schneller!«, protestierte Ilithyia.
    Â»Und doch beansprucht bisher keines der beiden Tiere die Beute allein für sich«, betonte Verres. Alle Würdenträger beugten sich gleichzeitig über den Balkon und beobachteten den letzten verzweifelten Widerstand des Opfers.
    Inzwischen war der gestürzte Mann wieder zu Atem gekommen und stieß einen lang gezogenen, gequälten Schrei aus, als die Löwen an seinen Armen zu zerren begannen. Das Männchen bemühte sich, seine Beute zusätzlich mit den Krallen festzuhalten, und zog dabei tiefe, rote Furchen durch das Fleisch, die bis auf den Knochen hinab reichten. Die Löwin tat es ihm nach, wobei es ihr gelang, sich mit ihren Fangzähnen einen besseren Halt zu verschaffen. Ihre Zähne durchdrangen das weiche menschliche Gewebe und sanken so tief in die Schulter ein, dass sie nicht mehr zu sehen waren.
    Â»Noch ist nichts entschieden«, kommentierte Batiatus.
    Â»Sie werden ihn in Stücke reißen«, sagte Ilithyia hoffnungsvoll.
    Â»Dann sollte vielleicht der als Sieger gelten, der den Löwenanteil abbekommt«, sagte Verres grinsend.
    Ilithyia und Lucretia kicherten pflichtgemäß.
    Â»Eine literarische Anspielung«, sagte Cicero. »Und das an einem so unwahrscheinlichen Ort.«
    Â»Wirklich?«, fragte Batiatus.
    Â»Aus einer der Fabeln von Aesop«, erklärte Cicero. »Als Kind habt Ihr doch sicherlich –«
    Â»Das ist schon lange her«, sagte Batiatus lachend und machte eine wegwischende Geste. »Und jetzt, sieh mal einer an, lerne ich inmitten des Pöbels noch etwas dazu!«
    Â»Komm schon, meine Schöne!«, kreischte Ilithyia, die noch immer die Löwin fixierte. »Greif an!«
    Â»Zehn Silbermünzen, dass sie es nicht schafft«, sagte Verres.
    Â»Nur zehn?«, neckte ihn Ilithyia.
    Wieder stieß der Sklave einen Schrei aus. Seine Stimme wurde zu einem schrillen, von höchstem Schmerz erfüllten animalischen Kreischen. Kraftlos zuckten seine Beine hin und her. Er versuchte, nach den Löwen zu treten, traf sie jedoch nicht. Der Lärm des Kampfes weckte das Interesse der restlichen Meute. Einzeln oder zu zweit lösten sich die Löwen aus der ursprünglichen Gruppe, um sich das Durcheinander um das noch immer lebendige Fleisch der Beute näher anzusehen.
    Â»Folgt ihnen«, sagte Medea.
    Â»Das soll wohl ein Witz sein?«, widersprach einer der Gladiatoren.
    Â»Ihr müsst ausnutzen, dass die Löwen abgelenkt sind, während sie sich um ihn streiten«, sagte sie. » Wir wollen die Jäger sein.« Sie ging los und gab den anderen ein Zeichen, ihr zu folgen.
    Vorsichtig und ohne hastige Bewegungen schoben sich die Sklaven auf die Seite der Arena zu, auf der sich der Balkon befand. Sie blieben dicht beieinander und hielten den Blick auf die Löwen gerichtet, die um ihren Anteil an der Beute kämpften.
    Ein Löwenmännchen mit dunkler Mähne sprang näher an die sich streitenden Tiere heran, packte eines der immer noch zuckenden menschlichen Beine und versuchte unter schwachen Protesten der Beute, den Körper in eine dritte Richtung zu ziehen.
    Â»Die Natur dieser wilden Tiere macht es unmöglich, ihr Verhalten in der Arena vorherzusagen«, seufzte Verres, der von oben herab zusah.
    Â»Das glaube ich nicht«, sagte Batiatus. »Ich denke vielmehr, dass ihr Verhalten vollkommen berechenbar ist.«
    Â»Aber gerade eben habt Ihr doch noch von einem Tier gesprochen, das vor der Tribüne auf und ab stolziert und gleichsam mit der Menge spielt.«
    Â»Das gilt nur für ausgebildete Tiere. Für erfahrene Tiere. Die da unten sind bloß ausgehungert. Wenn man einem Tier lange genug nichts zu fressen gibt, dann verwandelt sich sogar ein Löwe in einen Schakal.«
    Â»Ich verstehe«, sagte Verres. »Offensichtlich habe ich mich geirrt.«
    Â»Eure Tierhändler

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