Asche zu Asche
sicher?“
„Was habe ich schon zu verlieren?“, fragte er und holte zitternd Luft. Und dann flog ich vorwärts durch absolute Dunkelheit, durch so viele Emotionen, die ich nicht zählen konnte, geschweige denn benennen.
Auf der anderen Seite der Dunkelheit sah ich eine Frau. Einen Augenblick lang dachte ich, dass sie sehr groß sein müsse. Sie schwebte über mir, ihre Hüftknochen waren auf meiner Augenhöhe, während wir uns ansahen. Dann erinnerte ich mich daran, dass ich nicht ich war, sondern die Welt durch Cyrus’ Augen sah. Cyrus war ein Kind.
Allein der Gedanke, dass er irgendwo, irgendwann einmal ein unschuldiges kleines Kind gewesen war, bevor er anfing, zu hintergehen und zu töten, hätte mich zum Heulengebracht, wenn ich noch in meinem Körper gesteckt hätte.
Ich nutzte die Chance und sah mir die Frau genau an. Sie war weder Frau noch Mädchen. Sie war gertenschlank, hatte dünnes schmutzig blondes Haar und dunkle Ringe unter den Augen. Sie sah aus, als würde sie gleich vor Erschöpfung umfallen, während sie in einem riesigen Kessel rührte, der über dem Herd hing. Eine dralle Hand zog an ihren Röcken, und sie sah hinab. Ein erfreutes Lächeln hellte ihre müden Gesichtszüge auf, dann schaute sie besorgt. „Simon, nein. Sehr heiß. Du wirst dich verbrennen, merk dir das!“
Das hatte der kleine Cyrus schon oft gehört. Sie hatte eine panische Angst davor, dass die Kinder sich verbrennen könnten. Sie hob ihn auf, küsste ihn auf die Stirn und putzte ihm dann mit ihrer Schürze die Nase. Nachdem sie ihn wieder auf den Boden gestellt hatte, gab sie ihm einen hölzernen Trog. Er war schwer, und das Seil, das als Griff diente, juckte ihn, aber er war ein guter Junge. Er wusste, wie man Wasser holte und es seiner Stiefmutter brachte.
„Hinaus mit dir“, sagte sie und gab ihm einen Klaps auf den Hintern. Aufgrund seines unsicheren Ganges nahm ich an, dass er drei oder vier Jahre alt war. Er stolperte durch den Segeltuchvorhang, der vor der Tür hing, trippelte ein wenig auf dem festgetretenen Lehm. Ich flog wieder weiter zu dem Zeitpunkt, an Cyrus sich die Stirn auf dem Boden aufschlug, ohne eine Möglichkeit, dem sich abzustützen.
Der junge Simon Seymour war ein zäher Bursche, trotz seiner Umgebung. Er stand auf, wischte sich die aufgeschlagenen Knie ab und ging wieder ein paar Schritte, bevor er die Stimme seiner Stiefmutter hörte.
„Simon? Alles in Ordnung?“
Während er den Eimer fallen ließ, sank er in den Dreck nieder und produzierte die schönsten Tränen, die ein Dreijähriger willentlich produzieren konnte. Als die junge Frau ausder Hütte gerannt kam, machte sie nur ein besorgtes Gesicht. Sie zeigte keine Anzeichen davon, dass er sie bei der Arbeit gestört hatte oder dass sie auf ein Kind aufpassen musste, das nicht ihr eigenes war. Sie half ihm auf, tätschelte sein wahrscheinlich schmutziges Gesicht nahe vor ihrem, küsste ihn und versicherte ihm, dass alles gut war.
Ich war im tiefsten Herzen berührt, das zu sehen, gleichgültig, wie der Rest seines Lebens verlaufen war, hatte er doch einen Menschen gehabt, der ihn bedingungslos liebte.
Die Szene veränderte sich. Cyrus war immer noch ein Kind, vielleicht war er einige Jahre älter. Er ging sicherer, seine Gedanken waren komplexer. Er trug einen hölzernen Eimer, vielleicht denselben aus der vorherigen Erinnerung, zum Fluss. Es war heiß, und der Fluss trug nur wenig Wasser. Er musste die Böschung hinuntersteigen, um überhaupt Wasser schöpfen zu können.
Vorsichtig setzte er den Eimer ab und war gerade dabei, das Ufer hinabzusteigen, als er Schreie hörte. Es war nicht ungewöhnlich, dass man im Dorf Frauen schreien hörte. Sie schrien ihre Kinder an, schrien, wenn sie entbunden wurden oder wenn man sie schlug. Frauen schrien die ganze Zeit über Kleinigkeiten, wenn es nach ihm ginge. Außer seiner Mutter.
Daher erkannte er ihre Stimme nicht sofort.
Es wusste, dass sie es war, die schrie, als er in die Straße einbog. Sie heulte aus Schmerz und vor Schreck. Flammen verbrannten ihre Kleidung und ihre Haare. Sie schlug auf ihre brennenden Röcke mit blutigen Händen ein. Ihre Haut fiel in riesigen Stücken ab.
Sie versucht, zum Fluss zu gelangen, stellte er fest, während sein Herz in seiner kleinen Brust raste. Sie brauchte Wasser, sie brauchte Hilfe. Ohne einen Gedanken daran, dass auf der Böschung scharfe Steine und Wurzeln lagen, griff er nach dem Eimer und schlitterte zum Flussbett hinunter.
Es schien
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