Asche zu Asche
„Ja, das wäre nett gewesen.“
„Ich kann mich dafür gar nicht genug entschuldigen. Das weiß ich. Und ich weiß, dass du meinetwegen durch die Hölle gegangen bist.“ Er sah auf seine Hände hinab. „Aber ich habe dich so vermisst.“
„Das sah aber anders aus.“ Ich wollte nicht zulassen, dass seine Verletzter-kleiner-Junge-Masche bei mir funktionierte. Ich war immer noch wütend, zu Recht.
Einen Moment lang schien er brüskiert. „Ich will nicht noch einmal so lange von dir getrennt sein. Du gehörst zu mir.“
Mir wurde schlecht, und eine Mischung aus Hoffnung und Unglauben stieg in mir auf.
Obwohl ich nichts gesagt hatte, trat er an mein Bett und setzte sich. „Ich bin egoistisch gewesen. Ich wollte die Vergangenheit nicht loslassen. Aber ich hatte kein Recht dazu, dich da mit hineinzuziehen. Ich schwöre dir, Carrie. Wenn du nach Hause kommst, dann wird alles anders.“
Ich verkniff mir die Tränen. Jetzt sagte er das, was ich hören wollte, aber dennoch …
„Was ist mit Bella?“
Nathan runzelte die Stirn. „Was soll mit ihr sein?“
„Ich bin mir nicht sicher, ob sie es so toll findet, wenn ich wiederkomme. Vielleicht würde sie es verstehen, wenn sie ein Vampir wäre, aber sie ist ein Werwolf. Werwölfe haben keine Ahnung von der Beziehung, die zwischen einem Schöpfer und seinem Zögling besteht.“ Oder auch wie frustrierend diese Beziehungen sein können.
In meinem Kopf spielte sich eine grauenvolle Szene ab, in der Nathan antwortete: „Stimmt, du hast recht. Gute Nacht“, und wieder zu ihr zurückging.
Stattdessen starrte er mich an, als sei ich nicht ganz bei Trost. „Carrie … Bella und ich … Ich glaube, hier liegt ein Missverständnis vor. Wir haben nichts miteinander.“
„Aber sie hat bei dir gewohnt“, beharrte ich starrköpfig. „Warum ist sie einen Monat lang geblieben und nicht zurück nach Spanien gegangen?“
„Ist sie ja“, sagte Nathan. „Doch zunächst ist sie dem Souleater bis nach San Francisco gefolgt, hat mit ihm abgerechnet und ist dann nach Europa geflogen. Sie musste mit einer normalen Linie fliegen, da sie niemanden von der Bewegung erreichen konnte. Als sie wieder in Madrid ankam, hat sie gesehen, dass die Zentrale in Schutt und Asche lag, und ist dann zurück nach Grand Rapids geflogen, weil sie wusste, dass sie nur so Kontakt zu Max aufnehmen konnte.“
„Aber du hast gesagt, dass sie nicht in meinem Zimmer schläft … und du hast die ganze Zeit deine Gedanken vor mir verborgen.“ Ich fing an, mich wie der letzte Idiot zu fühlen, und das war ziemlich unangenehm. Fast hoffte ich, zu hören, dass er mit Bella geschlafen hatte, nur um davon abzulenken, dass ich mich wie ein Trottel verhielt.
Nathans wunderschöne Lippen formten sich zu einem Grinsen. „Du hast wirklich geglaubt, dass ich dich mit Bella betrüge?“
„Du hättest mich nicht betrogen, denn wir führen ja keine Beziehung.“ Ich sah auf meine Hände hinab und beobachtete sie dabei, wie sie die Bettdecke wütend zerkneteten. „Nathan, ich will nicht dein Zögling sein. Ich will die Frau sein, die du liebst. Und solange du dich nicht von Marianne oder besser von der Erinnerung an sie verabschiedest, wird das nicht gehen.“
Ich hatte erwartet, dass er den Kopf abwenden würde, wenn ich ihren Namen nenne, aber er fixierte mich mit seinem Blick. Seine stahlgrauen Augen zogen mich magisch an. „Marianne ist tot. Es macht mich krank, das so zu sagen, aber es war für uns beide das Beste so. Sie war nicht mehr die Frau, die ich geheiratet hatte. Sie hatte sich aufgegeben. Ich weiß, dass ich sie zu einer Heiligen gemacht habe, undeigentlich wollte ich das gar nicht. Aber ihre Krankheit hat sie verändert. Marianne wurde immer häufiger depressiv, manchmal sogar offen feindselig. Und irgendwann machte sie mich sogar für alles verantwortlich, das war kurz vor ihrem Tod.“
„Oh Nathan.“ Ich wollte ihn gar nicht unterbrechen.
Er sprach weiter, als hätte er mich nicht gehört. „Auch wenn sie überlebt hätte – das heißt, wenn ich nicht das getan hätte, was ich getan habe –, wäre sie zu einem späteren Zeitpunkt gestorben. Wenn ich sie zu einem Vampir gemacht hätte … Nun, sie war einfach zu krank. Auch dann hätte sie nicht weiterleben wollen.
Ich hätte Marianne zwar ein neues Leben schenken können, hätte sie beschützen und ehren können, bis ans Ende unserer Tage auf Erden, aber ich hätte ihr nicht ihre Seele zurückgeben können. Die hatte sie schon
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