Asche zu Asche
Neujahrsparty verfolgten. Aber ich traute mich nie. Vor Labyrinthen hatte ich schon immer Angst gehabt. Mir ist es unangenehm, nicht zu wissen, wie man wieder zurückkommt. Auch heute Nacht war es nicht anders, nur drohte uns noch der Tod dazu.
Ich folgte Cyrus, Nathan war nahe hinter mir. Als Kind hatte ich die Regel gelernt, dass man in Labyrinthen immer links gehen sollte. Nun sah ich, dass diese Regel nicht unfehlbar war. Wir wandten uns nach links und rechts, gingen um Ecken, folgten Kurven, engen Pfaden und weiten runden Plätzen.
„Wie kannst du dir das merken?“, fragte ich, da ich mich in der abgeschlossenen Dunkelheit sicher genug fühlte, um lauter zu sprechen.
„Schh!“, flüsterte Cyrus mit Nachdruck. „Es können Wachen hier sein. Dieser Weg wird von ihnen häufiger gekreuzt.“
„Es gibt keine Wachen mehr. Dahlia hat sie alle aufgefressen.“ Ich wünschte, ich hätte das nicht gesagt. An Leute zu denken, die verspeist werden, machte meine Zuversicht zunichte, die ich mir aufgebaut hatte, nachdem ich die Mauerhinabgesprungen war. „Aber wie kannst du dir den Weg merken?“
„Übung. Außerdem Konzentration und Geduld. All das, worin ich nicht mehr besonders gut bin“, sagte er abgelenkt. „Sie hat sie getötet? Alle? Ich mochte einige von ihnen.“
Der Weg schien mir kurz, bis ich den Schutz des Labyrinths verlassen musste. Ich hatte den engen verwirrenden Raum gefürchtet, aber nun hatte ich noch mehr Angst vor dem Haus auf dem Hügel.
„Okay, hast du den Stein?“
Ich hielt meine Hand auf. Nathan zog ein Ledersäckchen aus seiner Tasche. Seltsamerweise blieb Leder von dem Zauber unberührt. Das hatten wir entdeckt, als Nathan, aber nicht seine Uhr verschwunden war, während wir mit dem Stein arbeiteten. Er öffnete die kleine Tasche und ließ das Amulett in meine Hand fallen.
„Du bist bereit“, sagte er leise. „Sei vorsichtig, Carrie.“
„Bin ich.“ Ich konnte schon spüren, wie ich verschwand. „Ich gehe jetzt.“
Sie sahen mir zu, wie ich den Hügel hinaufging, auch wenn sie mich nicht richtig erkennen konnten. Das wusste ich, weil ich auf halbem Weg stehen blieb und mich nach ihnen umdrehte. Es hatte etwas Voyeuristisches an sich, sie dabei zu beobachten, wie sie mich beobachteten, und sie wussten nicht, dass ich es tat. Sie standen nebeneinander vor dem Labyrinth. Man konnte sie dort viel zu deutlich sehen. Eigentlich hätten sie es besser wissen sollen, aber ich wollte meine Deckung nicht aufgeben und zu ihnen herüberrufen. In Nathans Gesicht waren durch den Stress und die scharfen Schatten, die das Labyrinth warf, sein Schmerz und seine Angst deutlicher zu sehen, als ich sie je zuvor wahrgenommen hatte. Denn er hatte sich mir und sich selbst eingestanden, dass er mich liebte. Deshalb dachte er, ich sei zum Untergang verurteilt.
Dasselbe galt für Cyrus. Wie ähnlich sie sich waren! Sie dachten beide, dass ihre Liebe mich töten würde. Wie ähnlich sie waren und wie egoistisch.
Geh weiter, Liebes, ließ mich Nathan durch die Blutsbande wissen.
Ich drehte mich um, dass er mich gehört hatte, machte mir ein leicht schlechtes Gewissen. Außerdem wunderte ich mich über sein Wissen darüber, dass ich stehen geblieben war. Ich begab mich weiter auf den langen Weg zum Herrenhaus und kam dem Souleater immer näher.
22. KAPITEL
… in die Traufe
„Also, du hast ihnen gar nichts erzählt? In der ganzen Zeit, in der du da drinnen warst, hast du ihnen nicht gesagt, warum du hierhergekommen bist oder wen du gesucht hast?“
Max hob den Kopf. Schweiß mit Blut vermischt tropfte ihm in die Augen. „Was habe ich dir gesagt?“
Anne sah ihn einen Moment lang ausdruckslos an. „Warum musst du es mir hier so schwer machen? Ich mochte dich wirklich. Ich habe es sogar gut mit dir gemeint. Aber du machst immer weiter und weiter.“
Es gab ein Geräusch, das einem den Magen umdrehte. Es war ein Geräusch, das er als jenes identifizierte, das entstand, wenn ein Knochen zwischen die Blätter eines Seitenschneiders gerät. Er konzentrierte sich auf das Geräusch, um den Schmerz ignorieren zu können, als sie ihm seinen zweiten Finger am ersten Gelenk abschnitt. Wenn sie darauf anspielte, dass sie es gut mit ihm meinte, dann gratulierte er sich selbst dazu, dass er in den letzten Jahren so nett zu Anne gewesen war.
„Ich tue das doch auch nicht gern“, sagte sie und seufzte. „Na, okay, ich mag es. Es erinnert mich an die gute alte Zeit. Foltern hat mir immer irgendwie
Weitere Kostenlose Bücher