Asche zu Asche
nicht gefunden hatten – und es hoffentlich auch nicht tun würden.
Im Arbeitszimmer brannte der Kamin. Alle Lampen, zierliche Jugendstil-Tischlampen, erleuchteten den Raum in stimmungsvollem Licht. Am Tisch saß der Souleater. Sein langes weißes Haar war zu einem einzelnen Zopf geflochten, der bis auf den Boden reichte.
Als er Dahlia eintreten hörte, drehte er sich um und lächelte. Er sah Cyrus so ähnlich, allerdings wirkte er durch sein Alter geheimnisvoller und eleganter. Mein Herz raste.
Aber er ist nicht ich, erinnerte mich Cyrus durch die Blutsbande. Er ist viel schlimmer, als ich es je gewesen bin.
„Du siehst reizend aus heute Abend“, sagte Jacob Seymour und neigte den Kopf in Dahlias Richtung. „Gibt es einen Anlass dafür?“
„Nicht wirklich.“ Sie ließ sich in einen großen Ledersessel mit einer riesigen Rückenlehne fallen, in dem sie wie eine Königin auf ihrem Thron aussah. Das konnte kein Zufall sein. „Ich dachte, wir könnten den Trank noch einmal ausprobieren, wenn du magst.“
Er machte ein angewidertes Geräusch. „Wir haben darüber immer wieder gesprochen. Julia hat den Werwolf und ihren Vampirfreund doch jetzt gefangen genommen. Wir bekommen das Kind noch früh genug.“
„Aber es gibt keinen Grund, nicht so weiterzumachen, wie wir es vorgehabt haben!“ Dahlia setzte sich auf und schlug mit den Händen auf die Lehnen. Ihre Fingergelenke waren weiß vor Anspannung. „Wir können nicht wissen, ob das Kind ein Vampir oder ein Werwolf wird. Oder ein Lupin.“
„Das Baby wird ein Lupin werden“, gab der Souleater ruhig zurück. „Eine Mischung aus einem Vampir und einem Werwolf, die auf natürlichem Wege entstanden ist. Was sollten wir für eine Verwendung für ein einfaches Vampirkind haben?“
„Eine rechte Hand?“ Jetzt kam Dahlia der Sache näher.Sie hatte ihre Schuldigkeit getan, und sie wusste es. „Ein Sohn. Mit der Macht eines natürlichen Vampirs. Vielleicht wenn Cyrus ein …“
„Mein Sohn steht hier nicht zur Debatte!“ Der Souleater stand so schnell auf, dass der Stuhl nach hinten kippte und der zierliche Tisch nach vorn. Es flogen Blätter auf den Boden, die mit Notizen übersät waren. Ich war mir sicher, dass es seine Handschrift war. Vorsichtig bewegte ich mich auf den Tisch zu, während er sich weiter aufregte.
„Ich habe dich gewarnt. Du sollst in meiner Gegenwart nicht mehr von ihm sprechen!“ Er ging auf Dahlia zu und stieß dabei den Stuhl zur Seite, der an meinen Beinen abprallte. Ich unterdrückte einen Schmerzensschrei und meine Überraschung. Glücklicherweise bemerkten beide in ihrer Wut und Angst nichts davon.
Dahlia wich auf dem Sessel wie eine Krabbe auf Händen und Füßen zurück. Sie verfing sich dabei in ihrem riesigen Kleid, sodass sie es nicht schaffte, viel Raum zwischen sich und dem Souleater zu gewinnen.
„Ich sollte dich auf der Stelle vernichten!“ Als er seine Stimme erhob, wurde sie gleichzeitig voller, als würden die Stimmen seiner Opfer aus der Vergangenheit in einen höllischen Chor einstimmen. Ich kannte die Stimme, und ich erschauderte, sie jetzt noch einmal zu hören.
„Nein!“, schrie Dahlia und hob die Hände. „Du brauchst mich!“
„Ich brauche dich?“ Er kam ihr näher.
Carrie! Geh los und suche, was du brauchst, und dann nichts wie weg! Es war Nat hans Stimme, die ich in meinem Kopf hör te, und unwillkürlich spielte sich vor meinen Augen die Nacht ab, in der wir nur knapp lebendig aus diesem Raum hatten entkommen können. Es war die Nacht, in der Ziggy, Nathans Sohn, durch die Hand seines Schöpfers getötet worden war.
Ich fiel auf die Knie und rutschte zu den verstreuten Blättern hinüber. Es war eine Reihe von Briefen, die an Julia gerichtet waren. Sobald ich einen von ihnen berührte, verschwand er. Ich musste sie still dort lesen, wo sie lagen, und ihren Inhalt durch die Blutsbande weitergeben.
Julia,
ich hoffe, dieser Brief erreicht dich bei guter Gesundheit. Ich habe die Reise für dich und den Werwolf für die Woche des Siebenten organisiert. So gehen wir sicher, dass es nach dem Vollmond ist.
Ich bemerkte, dass sein berühmter Charme sich nicht in seinen Briefen widerspiegelte. Außerdem lag neben den verstreuten Seiten eine Handvoll Umschläge. Alle waren einfach an das „Orakel“ adressiert. Es war kein Ort angegeben.
Vater benutzt nur persönliche Kuriere. Cyrus’ Missachtung wurde durch die Blutsbande spürbar. Die Adresse wirst du dort nicht finden. Aber er wird sie
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