Aschebraut (German Edition)
gedrungenen Person mittleren Alters, die dem Aussehen nach als Leiterin eines Jane-Austen-Lesezirkels eindeutig geeigneter gewesen wäre – mit einem freundlichen: »Er wird gleich für Sie da sein« in den Raum geleitet worden war. Zur Illustration der Titel ( Die Rückkehr der Penisritter, Blas Allmächtig , Fünfzig Zentimeter später … ) hatte man Standaufnahmen von verschiedenen Filmszenen verwendet, die den künstlerischen Darstellungen auf normalen Filmplakaten, was die Deutlichkeit betraf, eindeutig überlegen waren. Sie war vollkommen begeistert von den Postern, wenn auch einzig deshalb, weil man einfach unmöglich an etwas anderes denken konnte, wenn man diese Bilder sah. Wie zum Beispiel daran, dass RJ vier Monate zuvor dreimal bei Gary Freeman angerufen oder dass er drei Jahre zuvor bei Gary eingebrochen war. Oder daran, dass Gary vor zwei Tagen am Telefon erklärt hatte, den Namen Robin Tannenbaum hätte er nie zuvor gehört. Sie blickte auf ihr Handy. Ihre Mailbox war vollkommen leer. Garys Rückruf stand noch immer aus.
Also wandte sie sich kurzerhand wieder den Filmplakaten zu. Ihr Lieblingsposter warb für einen Schwulenfilm – Der Zauberer von Aaahs. Da der Hauptdarsteller, ein gewisser Raymond Ständer, seinem Namen offensichtlich alle Ehre machte, hätte sie sich dieses Bild am liebsten einmal aus der Nähe angesehen. »Wow«, entfuhr es ihr.
»Das ist einer unserer größten Kassenschlager«, erklärte eine Stimme hinter ihr. »Im Ernst.«
Brenna fuhr herum und sah einen älteren Mann mit Hemdsärmeln, schlichter blauer Krawatte, Hornbrille und sorgfältig geschnittenem Resthaar auf dem beinahe kahlen Kopf. Er bedachte sie mit einem ernsten Blick, und sie dachte: Unternehmensspitze? Denn er sah ebenfalls eher wie das Mitglied eines Lesezirkels aus. »Mr Frankel?«
»Ja.« Er reichte ihr die Hand. »Gloria haben Sie ja bereits kennengelernt.«
»Die Empfangsdame?«
»Meine Frau«, klärte er Brenna auf. »Die ich schwerlich feuern kann.«
»Sie haben ein äußerst interessantes Familienunternehmen«, stellte Brenna lächelnd fest.
Er lächelte noch immer nicht. Falls er lächeln konnte, hatte er es ihr noch nicht gezeigt. »Setzen Sie sich doch.«
Sie nahm auf einen harten Stuhl mit noch härterer Lehne vor dem kleinen Schreibtisch Platz. Abgesehen von den gerahmten Filmplakaten waren das Büro und der Empfangsbereich ausnehmend spartanisch eingerichtet. Von Investitionen zur Verschönerung des Arbeitsplatzes hielten die Frankels offensichtlich nichts. Sicher waren die beiden furchtbar reiche Leute, die ein Minimum an Kleidungsstücken in den Schränken, dafür aber eine ganze Schublade voller Rabattmarken verschiedener Geschäfte hatten und selbst wenn der Weltfrieden dadurch gefährdet würde, gnadenlos darauf bestanden, dass es einen Preisnachlass für alles, was sie jemals kauften, gab. Natürlich hoffte sie, dass Frankel Raymond Ständer gegenüber nicht so knausrig war, denn er hatte einen, haha, dicken Gehaltsscheck eindeutig verdient.
»Sie suchen also nach RJ?«, eröffnete Frankel das Gespräch.
Brenna riss den Blick von dem Plakat. »Ja.«
»Haben Sie schon Lula Belle nach ihm gefragt?«
Ihre Knie wurden weich. »Was?«
»Das war ein Witz.«
»Und was ist die Grundlage für diesen Scherz?«
Er seufzte. »Sie wissen also, wer sie ist?«
»Ja … ja.«
»Das frage ich, weil die meisten Durchschnittsmenschen sie nicht kennen. Obwohl sie in unserer kleinen Gemeinde eine richtige Legende ist. Ich habe RJ vor einem Jahr mit ihren Arbeiten bekannt gemacht, und er wurde ein Riesenfan von ihr.«
Brenna blickte Frankel fragend an. »Und warum ist sie eine Legende?«
Er wies auf die Plakate hinter sich. »Sehen Sie die hier?«, fragte er. »Das sind unsere Verkaufsschlager, aber selbst wenn ich die Einnahmen daraus addiere, haben sie uns sicher nicht die Hälfte von dem eingebracht, was Lula Belle für ihre Webseite bekommen hat.«
»Wirklich?«
Frankel nickte. »Außerdem hat sie keinerlei Kosten. Sie muss keine anderen Schauspieler, keine Raummiete, keine Produktionskosten bezahlen. Und sie zeigt keinen Sex mit einem Mann – weshalb auch keine Kohle für den Partner fällig wird. Und weshalb sie nicht mal einen anständigen Cutter braucht … Ich will RJ ganz sicher nicht zu nahe treten, aber ich kann Ihnen sagen, dass der Mann uns eine hübsche Stange Geld gekostet hat.«
»Kein Problem.«
»Außerdem ist das, was sie dort dreht, rein technisch betrachtet
Weitere Kostenlose Bücher