Aschebraut (German Edition)
keine Pornographie. Sie nennt sich selbst Performance-Künstlerin, deshalb ist es nicht so peinlich, wenn man ihre Filme guckt, obwohl wahrscheinlich 99,9 Prozent von ihren Fans keinen blassen Schimmer davon haben, was Performance-Kunst überhaupt ist.«
Brenna sah ihn an. »Klingt, als wären Sie auch ein Fan von ihr.«
»Nur von ihrem Geschäftsmodell«, erwiderte er. »Vielleicht bin ich altmodisch, aber ich finde es schön, wenn es in meinen Pornos Sex zu sehen gibt.«
»Und RJ war anderer Meinung.«
Charlie stöhnte. »Er gehörte zu den 0,1 Prozent.«
»Er hat sie also als Künstlerin gesehen.«
»Als die beste Künstlerin der Welt.« Frankel schnaubte verächtlich auf. »Ja, sie ist eine echte Meryl Streep, wenn sie sich ihre Colaflasche in den Rachen schiebt.«
Brenna musste lächeln. »Kunst ist etwas Subjektives.«
»Das können Sie laut sagen. Wissen Sie, was Gloria liebt? Avantgarde-Jazz. Ich schwöre bei Gott, wenn ich mir noch einmal Ornette Coleman anhören muss, wenn ich mit ihr in der Kiste liege …«
»Charlie?«
»Ja?«
»Hatte RJ Kontakt zu Lula Belle?«
Er seufzte tief. »Sie waren bei Pokrovsky.«
»Ja.«
»Dann wissen Sie also, dass er nicht gerade viel von RJs Arbeitsethos hielt.«
Brenna sah ihn blinzelnd an. Worauf wollen Sie hinaus?
»Aber damit lag er falsch. Er kannte RJ nicht so gut wie ich. Denn RJ war mit Feuereifer bei der Sache, wenn er sich für etwas begeistert hat. Und er konnte sich für nichts so sehr begeistern wie für jede Art von Film. Allerdings war ich der Einzige, mit dem er darüber gesprochen hat. Ich schätze, dass ich seiner Meinung nach ebenfalls total kinobegeistert bin.«
»Das ist durchaus interessant, aber …«
»Er wollte selbst Filme drehen und hat auch Drehbücher verfasst. Er hatte ein Projekt am Laufen, und ich schätze, dass er dachte, Lula Belle wäre die Einzige, die diese Rolle spielen kann, deshalb ist er auf ihre Fanseite gegangen und hat ihr einen Brief geschrieben, dass sie ihn, wenn möglich, kontaktieren soll. Wie wahrscheinlich Hunderte von anderen Männern auch.« Er atmete tief durch und beugte sich zu Brenna vor. Seine Miene war noch immer völlig ausdruckslos, doch er fuhr mit eindringlicher Stimme fort: »Er hat mir erzählt, sie hätte ihm zurückgeschrieben. Von ihrem privaten Mail-Account. Sie würden in Kontakt stehen. Aber worum es dabei ging, hat er nicht gesagt.«
»Wer hat Robin dieses Kinderbild geschickt?«, fragt Brenna Trent.
»Es kam von einer Hotmail-Adresse.«
»Sweetpea81?«
»Hat er sie jemals … persönlich getroffen?«
»Nicht solange er hier tätig war. Aber …«
»Aber?«
Er nahm einen Ordner aus der Schreibtischschublade und legte ihn vor Brenna auf den Tisch. »Sein Kündigungsschreiben. Ich habe es für Sie ausgedruckt.«
8. Oktober 2009
Lieber Charlie,
ich habe durch die Arbeit, die ich in den letzten drei Jahren für Sie geleistet habe, viel gelernt und finde, dass Sie der mit Abstand beste Lehrer waren, den ich jemals hatte. Aber sicher können Sie verstehen, dass ich meinen eigenen Weg gehen muss. Mein Traum – mein großer Traum – wird endlich wahr.
Sie ist dabei, Charlie.
Voller Dankbarkeit und Hoffnung für die Zukunft kündige ich meine Tätigkeit bei HAPPY ENDINGS VIDEO. Sie brauchen mir meinen letzten Scheck nicht mehr zu schicken, weil ich die zweiwöchige Kündigungsfrist leider nicht einhalten kann. Mein neuer Job beginnt sofort.
Wir sehen uns im Kino.
Mit den besten Wünschen
RJT
Brenna blickte Frankel an. » Sie ist Lula Belle.«
»Sie muss es sein«, bestätigte er ihr. »Oder etwa nicht?«
»Und dieses Projekt – dieser Film, den RJ drehen wollte …«
»Ich weiß nur, dass er behauptet hat, dass er es nur mit Lula Belle realisieren kann. Ich habe ihn gefragt, warum er nicht eins von unseren Mädchen nimmt. Oder eine Anzeige aufgibt, falls er jemand anderen braucht. Aber davon wollte er nichts hören. ›Sie verstehen nicht‹, hat er gesagt. ›Ohne sie kann ich den Film nicht drehen.‹ Und anscheinend brauchte er das ja auch nicht.«
»Sie war bei dem Projekt dabei.«
»Ja.«
»Und seit er das Projekt vor knapp drei Monaten gestartet hat, haben Sie nichts mehr von ihm gehört.«
»Nein.«
»Und niemand in Ihrer … Ihrer kleinen Gemeinde hat seither noch mal etwas von Lula Belle gehört.«
»Die zwei sind wie vom Erdboden verschluckt.«
»Vielleicht kamen sie ja irgendwie nicht weiter«, mutmaßte Brenna. »Und jetzt versteckt er sich vor seinem
Weitere Kostenlose Bücher