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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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weiter fest, als müsste sie ihn davor bewahren, in einen Abgrund zu stürzen.
    Und dann, als sie ihr Mut schon beinahe wieder verließ, fühlte sie, wie die Anspannung von ihm abfiel. Zögernd, als würde er tatsächlich fürchten, jeden Halt zu verlieren und unendlich tief zu fallen, legte er die Arme um sie.
    Seine Hand glitt zu ihrem Nacken. Handschuhleder auf ihrer Haut, aber heute machte es ihr nichts aus. Im Gegenteil. Sie lächelte und sog die Wärme seines Körpers ganz in sich ein, jeden Atemzug und jede Berührung. Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. Der Schnee und die Winterblüten waren wieder ganz nah. Und dann wartete sie nicht länger, sondern umschloss sein Gesicht mit ihren Händen, zog ihn sanft zu sich herunter und küsste ihn. Zart diesmal und ohne die zornige Leidenschaft ihrer Begegnung am Wasserfall. Und ohne die geringste Angst. Er zögerte nur kurz, dann erwiderte er den Kuss. Sie hatte nicht gewusst, wie zärtlich er sein konnte. Seine Lippen waren weich und
warm und jetzt war es Summer, die das Gleichgewicht verlor, doch sie stürzte nicht tief - der warme Strom von Empfindungen fing sie auf und trug sie davon. Nur widerwillig tauchte sie wieder in die Wirklichkeit zurück.
    »Bitte sag es mir«, flüsterte sie. »Ich muss es wissen. Bist du … Indigo?«
    Er zögerte lange, doch dann antwortete er. »Nein.«
    Sie spürte zwar den leisen Zweifel, aber jetzt und hier wollte sie nicht darauf hören.
    »Wie heißt du dann?«
    Er lächelte nicht, aber als er nun ihr Gesicht betrachtete, lag in seinem Blick eine Sehnsucht, die sie wie ein warmer Hauch umhüllte.
    »Loved«, sagte er leise »So hast du mich genannt. Weißt du es wirklich nicht mehr?«
    Der Klang des Namens machte sie benommen. Wie eine Musik, die sie wahrnahm, bevor sie sie hörte.
    »Und wer bin ich?«
    »Shena - Flamme. So habe ich dich genannt - wegen deiner Haare, aber auch, weil du aufbrausend warst, so stolz - und weil du so sehr für das Leben gebrannt hast.«
    Er beugte sich vor, um sie zu küssen. Einen Moment waren sich ihre Lippen wieder ganz nah. Doch im letzten Augenblick verharrte er. Der Schatten, den sie so gut an ihm kannte, huschte über seine Miene. Abrupt ließ er sie los und wandte sich von ihr ab. »Geh«, sagte er mit harter Stimme.

zorva
    D ie erste Ahnung des Morgenlichts strahlte am Horizont, als sie zu den Zorya zurückkehrte. Niedergeschlagen klopfte sie sich Staub und Schmutzreste aus dem Schacht vom Kleid. Loved . Sein Name hallte in ihrem Kopf wider, gesprochen mit tausend Stimmen - flüsternd, zärtlich, wütend, traurig. Sie konnte sich nicht an die Situationen erinnern, in denen sie ihn früher ausgesprochen hatte, aber an jeden einzelnen Tonfall. Und Shena ? Bei Shena war es völlig anders. Shena klang fremd, als hörte sie es zum ersten Mal. Es ist nicht der Name, mit dem er mich an sein Krankenbett gerufen hat. Und er sagt auch, er sei nicht Indigo. Aber würden meine Erinnerungen mich belügen? Es war verrückt, dass sie trotz der Zweifel und trotz allem, was sie mit ihm erlebt hatte, nicht aufhören konnte, nur an diesen Ausdruck in seinen Augen zu denken. Und daran, wie sein Gesicht sich in ihren Händen angefühlt hatte. Habe ich mich … verliebt? Oder ist auch das nur eine Erinnerung? Ihr Herz begann schneller zu schlagen, als sie an den Kuss dachte, seine Arme. Nein, das war ein Kuss aus der Gegenwart gewesen. Und er hat dich weggestoßen . Jetzt war ihr elend zumute und sie wollte nur noch eines: zu den Zorya, eine von ihnen sein, eintauchen in den Gleichklang, wo es keinen Schmerz gab und keinen verletzten Stolz. Sie raffte den zerknitterten Rock und begann zu rennen.

    Sie erreichte das Ende der Passage zum Zorya-Turm, sprang über die beiden Stufen und landete mit einem Satz auf dem Steinboden. Dann fegte sie nach rechts zur Treppe. Und prallte mit voller Wucht gegen jemanden, der ihr ebenso schnell entgegengerannt war, ohne sie zu sehen. Malachit klackte gegen ihre Elfenbeinmaske, dann stürzten sie beide. Anzej kam sofort wieder auf die Beine und riss sich die Maske vom Gesicht. Keuchend holte er Luft. »Da bist du ja endlich! Ich suche dich schon überall! Du …« Sein Blick glitt verwundert über ihr Kleid. »Wo warst du?«
    Das geht dich nichts an! , hätte sie ihm am liebsten entgegengeschleudert.
    »Ich habe mich nur umgesehen.«
    Anzej hob zweifelnd die Brauen. »Im Gerümpelkeller? Oder«, er deutete auf ihre Füße, an denen Roststaub und Schmutz hafteten, »in

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