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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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schwächen.«
    Es war seltsam, aber Summer gelang es in diesem Moment nicht, nur mit den Augen einer Zorya zu sehen. Da war so viel mehr. Farrin kam ihr in den Sinn und Moira, die dafür berühmt
war, Kriege zu verhindern. Unter dem Vorwand, ihre Maske zu betrachten, senkte sie hastig den Blick. Loved. Oder Indigo? Ist er es wirklich nicht? Und welche Rolle habe ich dabei gespielt? Ohne dass sie es wollte, huschte die Szene aus ihrem Traum durch ihre Gedanken. Sein Herz schlug in ihrer Hand.
    »Ich muss mich erst an alles erinnern«, sagte sie. »Aber … wenn ich ihn fände, dann würdet Ihr diesen Krieg beenden?«
    Zaghaft hob sie den Blick. Die Lady verschränkte die Arme und legte den Kopf schräg, als müsste sie über eine völlig widersinnige Frage nachdenken. »Den Krieg? Warum sollte ich? Den Krieg führen die Lords.«
    »Aber sie kämpfen für Euch, in Eurem Namen. An der Küste kennt man Euch nur als die Raublady, die König Beras besiegt hat.«
    Jetzt war es ihr gelungen, Lady Mar zu verblüffen. »Ich wusste nicht, wie viel du vergessen hast«, sagte sie verwundert. »Denkst du wirklich, ich will die Kriege der Menschen gewinnen? Nur weil sie mich auf ihre Schlachtfahnen malen?«
    Sie lachte.
    »Dann … ist es für Euch nur ein Spiel?«
    Auch diese Frage schien die Lady zu amüsieren. »Schlachtfelder sind die Schachbretter des Todes, wenn du so willst«, meinte sie leichthin. »Du müsstest mich doch kennen. Ich beobachte das Spiel gerne und studiere die Strategien der Menschen. Sie faszinieren mich - auf eine andere Art als dich. Und manchmal, ja, suche ich mir einige Könige aus oder Bauern oder Damen und schicke sie aufs Spielfeld.«
    Schlagartig wurde sie wieder ernst. »Aber hier geht es um etwas anderes! Es geht um Indigo. Um dich und damit um alle Zorya. Meine Lords haben sich nur blenden lassen von der Aussicht auf Macht. Sie spielen längst ihr eigenes Spiel.« Als Summer schwieg,
fügte sie hinzu: »Sei ehrlich zu mir Tjamad. Und sprich ganz offen. Wir Zorya haben keine Geheimnisse voreinander.«
    Dieser Satz traf wie ein Hieb. Summer schluckte und drehte die Maske in den Händen. Die Pause wurde zu lang, und sie suchte fieberhaft nach einer weiteren Frage.
    »Also tragen … wir die Schuld daran, dass so viele Menschen in diesem Krieg sterben?«
    Lady Mar lachte. Und in diesem Lachen lagen Güte und Grausamkeit, nur einen Atemzug voneinander entfernt. »Würdest du sagen, der Wind hat Schuld, wenn im Sturm Leute umkommen? Oder das Meer, wenn es einen Deich zerstört? Nein, Tjamad. Die Lords denken, sie gehorchen meinen Befehlen. In Wirklichkeit treffen sie die Entscheidungen selbst. Ich fordere nicht und ich widerspreche nicht. Sie nehmen es als Zustimmung oder als Ablehnung, ganz so, wie es in ihre Pläne passt. Die Regeln schaffen sie selbst und sind der Meinung, es sei meine Idee gewesen. Nimm zum Beispiel Lord Joras. Ich sage ihm, dass ich die Maske in Gegenwart von Menschen niemals abnehme, und er macht ein Gesetz daraus, dass niemand einer Zorya ins Gesicht sehen darf. Er ist es, der die Todesstrafe dafür verhängt. Und warum? Um mir seinen großen Respekt zu zeigen, um vor mir zu kriechen in der Hoffnung, dass ich meinem eifrigsten Diener dafür ein Stückchen mehr Macht gebe. Ich sage, ich will die Zitadelle, und er und meine anderen Verbündeten beginnen zu kämpfen und legen sie mir zu Füßen. Obwohl ich sie mir holen könnte - ich hätte nur König Beras fragen müssen. Ich bin sicher, ihm hätte die Aussicht auf eine Herrin wie mich so gut geschmeckt, dass er sofort mein Verbündeter geworden wäre.«
    »Dann verführen wir die Menschen?«, sagte Summer. So wie Indigo mich zum Leben verführt hat?

    Ein scharfer Blick traf sie. »Ich kann aus den Menschen nur das hervorlocken, was sie in sich tragen. Meistens ist es Gier und das Streben nach Macht. Ich bin noch dabei, herauszufinden, was sie gerade daran so fasziniert. Vielleicht erhoffen sie sich dadurch Unsterblichkeit? Aber nicht alle Menschen sind sich darin gleich. Ich war bei einigen zu Gast, die gerade meine Gegenwart zum Anlass nahmen, aller Gier zu widerstehen. Andere behandelten mich und euch wie Freunde und nicht wie Herrscherinnen. Wieder andere lernten durch mich das Leben erst zu schätzen und liebten es umso mehr, statt es an Machtstreben zu vergeuden. Ich war bei armen Leuten und bei Reichen zu Gast, und die Menschen überraschen sogar mich immer wieder. Ich sage dir etwas: Wer verführt werden will, braucht

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