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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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ihn unendlich. Dann hob ich das Schwert und rechnete mir dabei schon aus, wie ich den Henker töten würde, der nicht weit entfernt war. Wie ich dir den Weg freimachen würde. Doch dann … riss ein Schmerz mir das Schwert aus der Hand. Ich spürte noch, wie sich ein Dolch zwischen meine Schulterblätter bohrte, dann fiel ich. Als … ich wieder zu mir kam, wurde ich fortgetragen. Einige Männer schleppten mich zum Graben wie einen toten Hund. Ich konnte nicht sprechen, nicht einmal blinzeln, ich war wie tot, nur meine Augen sahen noch. Und der Anblick, der sich mir bot, zerstörte alles, woran ich in meinem Leben geglaubt hatte. Indigo und du auf dem Richtplatz. Er hatte dir aufgeholfen und nun lagst du in seinen Armen. Eng umschlungen, wie ein Liebespaar, standet ihr da. Du hast ihm zugelächelt und dann schweifte dein Blick zu mir. In diesem Moment starb ich ein zweites Mal. Kalte Verachtung lag in deinem Blick. Und Triumph.«
    Er schluckte schwer. »Und da begriff ich, dass du die ganze Zeit mit mir gespielt hattest. In Wirklichkeit war es Indigo, den du liebtest. Ich kam zu dem Schluss, dass du mein Herz gestohlen hast, um dein Menschenleben zu bekommen. Und dass Indigo von Anfang an davon wusste.«
    »Wie kannst du das glauben? Ich erinnere mich doch - daran, dass wir uns liebten!«
    »Aber vielleicht können die Erinnerungen auch euch Zorya trügen?«
    Die Vorstellung traf sie wie eine Ohrfeige mit eiskalter Hand. Was, wenn es wirklich so ist? Ich habe ja auch Indigos Gesicht ausgelöscht. Und alle anderen Gesichter . Und was, wenn ich gar nicht von Indigo auf einem Schiff verschleppt wurde? Was, wenn
ich die Erinnerung an die Fahrt auf der Nymphea benutzt habe, um die Lady zu täuschen? Aber warum?
    »Ich erwachte Tage später - im Graben liegend, Schnee auf meiner Brust«, fuhr Loved mit brüchiger Stimme fort. »Ein paar Raben saßen um mich herum. Ich wusste nicht, warum ich noch sah und hörte und mich aufrichten konnte. Da war kein Herz mehr.« Er nahm ihre Hand und legte sie auf seine Brust. »So wie jetzt.«
    Summer zog die Hand hastig zurück und legte die Arme um ihre Knie. Am liebsten hätte sie sich verkrochen, weit fort von ihm. Was habe ich getan? Warum weiß ich nichts mehr davon?
    »Ich kroch in den Burghof«, schloss Loved nach einer Weile. »Ein paar Diener lagen dort, die Raben hüpften auf den Tischen herum und machten sich über die Reste eines Gelages her. Doch alle Menschen … waren tot. Dort gestorben, wo sie gesessen oder gelegen hatten. Im ganzen Haus lebte niemand mehr. Und du und Indigo, ihr beide wart verschwunden.«
    Summer hob den Kopf. Es kostete sie viel, ihm in die Augen zu sehen. Sie sah Trauer darin, aber keinen Hass.
    »Wie konntest du es ertragen, Indigo im Lager wiederzusehen, ohne dich zu rächen?«
    »Ich liebe dich eben mehr, als ich ihn hasse«, erwiderte er schlicht. »Du kannst mir glauben, als ich ihn gestern sah, da war es, als würde ich wieder den Dolch im Rücken spüren. Ich ließ ihn nicht aus den Augen. Und während ich ihn dabei beobachtete, wie er mit Lord Teremes sprach, lachte und sein Leben lebte, habe ich mir die ganze Zeit vorgestellt, wie ich ihn verschleppen würde, um ihm dann in einem Versteck mit einem glühenden Eisen seine Verräterseele auszubrennen.« Das Lodern in seinen Augen war beängstigend. »Aber es ging um dich.« Nachdenklich blickte er zu dem Pferd hinüber, das an einen Baum gebunden
dastand und nervös mit den Ohren spielte. »Solange du ihn nicht tötest, geschieht auch dir nichts. Und deshalb soll er leben. In alle Ewigkeit.«
    Es klang bitter, wie er das sagte, aber auch gefasst. Die Stille, die auf seine Worte folgte, war gespenstisch. Die Zeit schien zu verharren. Kein Zweig regte sich, nicht einmal Schnee fiel. Wie in einem bizarren Traum , dachte Summer. Aus dem ich nicht aufwachen kann.
    Sie schrak zusammen, als er abrupt den Kopf wandte und sie wieder ansah. »Komm, verlieren wir keine Zeit. Suchen wir uns einen Unterschlupf, an dem wir sicher sind, bis die Schlacht vorbei ist.«
    »Du meinst den Ort, an den du mich verschleppen wolltest?«
    Über sein Gesicht breitete sich ein Lächeln. »Das wäre eine Möglichkeit. Vertrau mir, ich weiß, wie wir an den Kampflinien vorbeikommen.«
    Vertrau mir . Sie rang sich ein Lächeln ab, obwohl im selben Augenblick ein hässlicher Verdacht in ihr aufstieg. Sie beobachtete ihn, während er zum Pferd hinüberging und den gestohlenen Armeerucksack am Sattel

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