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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Indigo.«
    »Ich weiß.«
    »Ich muss zu ihm!«
    »Nein!«
    Endlich gelang es ihr, sich aus seinem Griff zu befreien. Sie sprang auf und rannte. Doch hinter dem Zelt holte er sie ein. Die Böschung fiel so steil und plötzlich ab, dass Summers Fuß umknickte. Sie stürzte und riss Loved mit, dann rollten sie schon in den Graben, der den Pferdepferch von den Zelten trennte. Gestrüpp kratzte über ihre Stirn und die Hände, Stoff riss an Dornenranken. Sie keuchte auf, als sie unsanft auf einem Ast aufkam, den Loveds Gewicht gegen ihre Hüfte drückte. Oben im Lager stritten laute Stimmen, Schritte streiften durch das Gras. »Moira!« Das war Farrins Stimme.

    Alles vorbei , dachte Summer. Paradoxerweise war sie nur maßlos enttäuscht - und ungeheuer wütend auf Loved.
    »Weißt du, was du getan hast?«, zischte sie ihm zu.
    »Ja, ich habe verhindert, dass du dich umbringst. Wenn du ihn küsst, stirbt er. Aber du auch.«
    Sie blinzelte. »Was?«
    Ein hastiges, schattiges Nicken. Jetzt kam zur Wut auch noch die Empörung. »Was redest du? Lady Mar hat mir verziehen. Ich bin eine von ihnen! Warum sollten sie mich töten?«
    »Weil es der Lauf der Dinge ist«, stieß er flüsternd hervor. »So hast du es mir damals erklärt. Das Gesetz für diejenige von euch, die die Ordnung stört. Du wusstest es - und trotzdem konntest du nicht vom Leben lassen.«
    Nur langsam sickerte der Sinn dieser Worte in ihr Bewusstsein. Loved deutete ihr Schweigen offenbar falsch. Er klang verzweifelt, als er wieder zu sprechen begann. »Wir haben keine Zeit für Erklärungen. Aber sagt dir der Name Wij etwas? Sie hat bei der Barke mit einer anderen Zorya darüber geredet.«
    Alles in ihr sträubte sich dagegen, aber dann fielen ihr Beljén und Anzej ein, die Tränen beim Abschied. Und die Zorya, die so stumm wie … Trauernde? … gewirkt hatten. Und als sie endgültig begriff, war es wie ein Faustschlag, der sie mitten in den Leib traf und ihr alle Luft nahm.
    »Glaub mir, es gibt niemanden, der Indigo lieber tot sehen würde als ich«, sagte Loved hastig. »Aber nicht um diesen Preis! Und jetzt entscheide dich, willst du leben oder sterben?«
    Sie packte ihn am Kragen, ihre Fingernägel gruben sich so tief in das Leder seiner Jacke, dass es schmerzte.
    »Loved!«, flüsterte sie mit erstickter Stimme, »ich will nicht sterben!«

winterblüten
    E s gab den Teil von ihr, der mit Loved zusammen floh und um jeden Preis überleben wollte. Der auf der Hut war, der sich duckte und kroch, der das Tor des Pferdepferchs öffnete, mitten unter die Tiere trat, sie in die Ecke drängte und mit dieser erzwungenen Nähe so in Panik versetzte, dass sie ausbrachen und im Lager für einen weiteren Tumult sorgten. Es war derselbe Teil, der sie dazu brachte, ohne zu zögern hinter Loved auf das gestohlene Reittier zu klettern, das Schaum vor dem Maul hatte und sich so sehr fürchtete, dass es im Pfeilgalopp dahinschoss. Doch der andere Teil nahm all das nur wie einen Traum wahr. Wie aus weiter Ferne beobachtete sie die zwei Fliehenden, denen es gelang, das Lager zu verlassen und in einem dicht bewaldeten Streifen hinter den Kampflinien unterzutauchen.
    Erst im Morgengrauen, als sie unter dem Zweigdach einer Weide Unterschlupf suchten, kam der Schock. Sie weinte lange und Loved fragte nicht, sondern hielt sie nur in den Armen. Ihre Falter ließen sich nicht blicken und sie war unendlich froh darum.
    »Sie wussten alle, dass ich mich nicht daran erinnere, was mich erwarten würde!«, flüsterte sie. »Aber sie haben mich in dem Glauben gelassen, dass ich nur meine Aufgabe zu Ende bringe. Sie haben mich ahnungslos ins Messer laufen lassen! Warum habe
ich mich nicht gewundert, dass Beljén und die anderen niemals von einem Wiedersehen gesprochen haben? Weißt du, warum?«
    Loved schüttelte nur stumm den Kopf und sie schniefte und stieß hervor: »Weil es für mich selbstverständlich war, dass ich zurückkehre! Weil ich ihnen vertraute und ein Teil von ihnen war. Und für die Zorya war es genauso selbstverständlich, dass ich für meine Verfehlung verlöschen werde.« Sie lachte bitter auf. »Lady Mar verzeiht, oh ja! Aber sie ändert nicht den Lauf der Welt für eine Zorya. Ich hatte überhaupt keine Wahl! Das Urteil über mich war längst gesprochen.«
    »Das nennt man Verrat«, sagte Loved ruhig und strich ihr über die Wange. »Es tut weh, aber der Schmerz kann vergehen.«
    Das war der nächste Schock. Dass ihr genau in dieser Sekunde wieder bewusst wurde,

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