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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Worten gedrückt, aber ohne Schuld.
    Ich habe ihn nie richtig gekannt , dachte sie. Weil ich ihn nur mit Menschenaugen betrachtet habe.
    Sie suchte nach dem Groll, den sie gegen Anzej verspürt hatte, aber sie fand ihn nicht mehr.
    »Jede Zorya hat ihre eigene Zeit«, fuhr Anzej fort. »Manche leben ewig. Manche nur für einen Kuss. Es darf nicht geschehen, dass sie wie Menschen von fremder Hand sterben. Niemand hebt die Welt aus den Angeln, niemand ändert den Lauf der Dinge.«
    »Oh doch! Die Menschen«, stieß Summer hervor. »Indigo. Die anderen Unsterblichen. Sie werden Lady Tod von ihrem Thron stoßen.«
    »Tja, und das unterscheidet uns nun von dir«, konterte Anzej. »Als Einzige von uns hast du die Wahl. Das ist alles, was ich dir geben kann, Summer.«
    Dass er sie bei diesem Namen nannte, erschütterte sie. Namen hatten eine eigene Macht in ihrer und in seiner Welt. Und vielleicht war es das, was den Ausschlag gab.
    Ich habe tatsächlich eine Wahl. Zum ersten Mal in meinem Leben fliehe ich nicht, sondern kann mich entscheiden. Und was ich auch tue, es wird schrecklich sein. Und endgültig.
    Sie griff nach Anzejs Hand. Ihre Hände umschlossen sich so fest, als wollten sie sich aneinander festhalten.
    »Du kennst mich besser, als du zugibst«, sagte sie.
    »Vielleicht. Auf jeden Fall habe ich gelernt, dass es sinnlos ist, dir keine Wahl zu lassen. Du wirst immer das tun, was du willst. Wahrscheinlich gefällt mir gerade das an dir.«

    Jetzt musste sie lächeln. »Weißt du noch, wie wir auf den Zug aufgesprungen sind?«
    Er lachte leise. »Oh ja. Du hättest mich kaltblütig an die Polizisten in Maymara ausgeliefert.«
    »Nein, ich habe dir eine faire Chance zur Flucht gegeben. Na ja … zumindest eine Chance. Aber du bist trotzdem zu mir zum Bahnsteig gekommen und musstest dich auch noch mit dem Kontrolleur prügeln.«
    »Er hatte dir einen Tritt verpasst, schon vergessen? Ich fand, das gehört sich nicht im Umgang mit einer Zorya. Außerdem gab es nur den einen Weg für uns. Wir mussten den Zug erwischen, um dem Mann zu entfliehen, der dich verfolgte. Und… der jetzt in deinem Bett liegt. Das ist er doch, nicht wahr?«
    Die letzte Fröhlichkeit verhallte. Betreten schwiegen sie beide. Summer schloss die Augen. Nur einen Weg. Und kein Zurück mehr.
    »Wie auch immer ich mich entscheide, wir werden uns nie wiedersehen.« Es war eine Feststellung, keine Frage.
    »Nein«, antwortete Anzej kaum hörbar. »Unsere Wege trennen sich für immer. Hier und jetzt.«
    Vielleicht wird Loved mir eines Tages verzeihen . Die Ewigkeit reicht nicht aus, um den Hass zu überwinden. Aber ein Menschenleben genügt, um Kummer und Verlust zu heilen . Es muss genügen!
    »Du bist mir einen Gefallen schuldig, Anzej«, brachte sie mit erstickter Stimme hervor. »Nicht als Zorya, aber als der Mann, der mich geküsst hat.«
    »Warum weinst du, Summer?«
    »Weil ich trotz allem ein Mensch bin!«, rief sie. »Mit dem Herzen einer Zorya. Und weil ich eben erst begriffen habe, was das wirklich bedeutet. Ein Mensch lebt, bis er eines Tages stirbt.
Manche früher, manche später. Ich … werde zu Tors Indigo gehen und ihm sein Leben nehmen, um das er mich betrogen hat.«
    Seine Hand schloss sich fester um ihre.
    »Sag der Lady, ich werde Indigo finden«, fuhr sie hastig fort. »Sie soll in der Deckung bleiben und keinen weiteren Angriff planen. Zumindest nicht die nächsten zwei Tage.«
    »Das ist aber nicht der Gefallen, um den du mich bittest«, sagte er leise.
    Sie schluchzte auf, ihre ganze Brust eine leere Unendlichkeit, in der wie eine sterbende Sonne nur noch der Verlust pulsierte.
    Anzej rückte näher an sie heran und legte den Arm um sie. »Wirst du dich von ihm verabschieden?«
    »Nein!« Heftig schüttelte sie den Kopf und wischte sich über die Wangen. »Loved hatte recht. Ich war noch nie gut im Abschiednehmen.«
    Und außerdem bin ich dazu viel zu feige. Wenn ich ihn noch einmal sehe, dann werde ich nicht gehen können.
    »Geh ins Haus und hol den Rucksack, der neben der Tür hängt, Anzej. Und dann verwische meine Spuren, wenn ich zum Meer gehe. Schwöre mir, dass du bei ihm bleibst und ihn beschützt, als wäre es dein eigenes Leben. Und wenn … alles vorbei ist, dann zeig dich ihm und sage ihm, dass sein Leben wieder ganz ihm gehört. Ich konnte ihm sein Herz nicht zurückgeben, aber er soll für uns beide leben. Bitte ihn darum, dass er mir verzeiht. Und sage ihm, ich habe ihn geliebt.«

    Es war ein mühsamer Weg durch

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