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Ascheherz

Ascheherz

Titel: Ascheherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Achselhöhlen, um das Zittern zu verbergen. Charisse, die diese Geste falsch deutete, legte ihr beruhigend den Arm um die Schulter. »Keine Angst, Summer. Wir sorgen dafür, dass der Kerl nicht mehr ins Theater darf!«
    Es war einer der seltenen Momente, in denen Summer eine Berührung zuließ. Charisses Augen hatten wieder ihr eigenes verwaschenes Blaugrau, ihr fein gezeichnetes Gesicht war auch ohne Schminke schön, gewöhnlicher zwar, aber auch vertrauter. Und Summer hätte alles dafür gegeben, sich einfach in diese Umarmung schmiegen zu können, in das Wir , das bereits zu verblassen begann.
    »Hört auf und lasst uns endlich feiern!«, sagte Mia.
    »Ja, ja, Wein, Geld und Feiern - etwas anderes interessiert euch ja doch nicht!«, knurrte Mort.
    »Ich bin müde«, murmelte Summer und entzog sich Charisse sacht. »Und mir … mir ist heute nicht nach Feiern zumute.« Sie vermied es, Finn anzusehen, obwohl er die ganze Zeit schon ihren Blick suchte, und nahm ihre Stofftasche von der Truhe. Bevor jemand auf die Idee kam, sie zurückzuhalten, sprang sie von der Bühne und durchquerte mit hoch erhobenem Kopf den Theaterraum.
Sobald sie die Türschwelle überschritten hatte, begann sie zu rennen.

    Fünf, sechs Straßen lang flogen ihre Sohlen über den Boden. Erst als sie vom schnellen Lauf Seitenstechen bekam, blieb sie an einer Straßenecke stehen und schnappte nach Luft. Ein stickiger, träger Herbst, der um jeden Preis ein Sommer sein wollte, lag über der Stadt. Aber wenn man das von Körpern aufgeheizte, mit abgestandenem Atem gefüllte Theater verließ, erschien die Nachtluft trotzdem leicht und angenehm kühl. Obwohl es schon weit nach Mitternacht war, trug der Wind Musik und Gelächter mit sich - vom Hafen, wo Reisende jede Stunde vor der Abfahrt ihres Schiffes noch auskosteten. Nur ein paar Schritte noch und Summer könnte sich in den warmen Schutzmantel aus Stimmen und Licht hüllen. Doch sie presste ihre Tasche an sich und lehnte sich an eine Hauswand. Grober Putz drückte gegen ihren Rücken. Die meisten Häuser in Maymara waren mit blassblauer Farbe gestrichen. Im Licht des Mondes, der wie eine Leichenfratze über der Stadt hing, leuchteten sie, als seien sie lediglich die Gespenster von Behausungen.
    Es hat nichts zu bedeuten , wiederholte Summer immer wieder in Gedanken. Ich werde nicht wieder von ihm träumen. Das liegt hinter mir! Doch eine andere Stimme sagte ihr, dass sie sich selbst etwas vormachte. Vier Monate in trügerischer Sicherheit, ohne Träume, mit dem Gefühl, endlich das richtige Versteck gefunden zu haben: Maymara, die Stadt der Masken, wo Identitäten im Tagestakt wechselten und Touristen im ständigen Strom an- und abreisten. Und nun? Wieder auf der Flucht? All das verlassen für
eine neue Stadt und hoffen, dass er mich dort nicht einholt? Die Antwort auf diese Frage kannte sie nur zu genau.
    Ein scharrendes Geräusch riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sie fuhr herum - und sah nur eine Katze. Eine Sekunde lang starrten sie sich an - beide in der Bewegung eingefroren, beide misstrauisch und auf der Hut. Dann floh das Tier in den Schatten und Summer hätte beinahe über sich selbst gelacht. Eine streunende Katze, wie ich . Neun Leben und mehr.
    Aber noch war die Panik nicht da, sie hatte noch ein paar Tage, vielleicht sogar eine Woche, bevor er sie wieder jede Nacht heimsuchen würde.
    Summer schnürte die Tasche fest um die Taille und bog in die Straße ein, die zur Altstadt am Hafen führte. Und entdeckte eine Gestalt am Ende der Straße. Natürlich wollte ihr verrücktes Herz ihr sofort weismachen, dass es der Mann mit den Handschuhen war, aber das Licht einer flackernden Laterne legte einen Streifen Glanz auf zerzaustes hellblondes Haar. Finn! Beinahe hätte sie gelächelt. Betont lässig lehnte er am Laternenpfahl.
    »Was ist? Hat Charisse dich heute versetzt?«, rief sie ihm herausfordernd zu. Sie wusste sehr wohl, dass er nur so oft mit Charisse ausging, weil er hoffte, Summer würde eifersüchtig werden. Doch heute ging er nicht auf ihre Stichelei ein.
    »Na ja, ich dachte, du vermisst sicher deine Schuhe«, antwortete er ohne eine Spur von Spott. Erst jetzt wurde Summer bewusst, dass sie barfuß war. Und als sie an sich heruntersah, entdeckte sie zu allem Überfluss, dass sie immer noch das seidene Unterkleid trug, das zu ihrem Kostüm gehörte. Sie war froh, dass Finn nicht erkennen konnte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. Wie kopflos war sie gewesen, einfach im Kostüm

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