Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Schwester.
» Wie wählt er sie aus?«
» Mütter.«
Die Antwort kam so leise, dass er kaum vernahm, was sie sagte. Und doch hatte er sie verstanden.
» Gut«, sagte er und hoffte, dass sie fortfahren würde.
Doch sie schwieg.
» Kennt er die Mütter von früher? Wie findet er sie?«
Langsam wandte sie den Kopf. Endlich sah sie ihn wieder direkt an. Ihr Blick war dunkel, und Peder überkam ein Frösteln.
» Man wählt… nicht«, wisperte sie. » Man liebt… alle… man darf… oder… keine.«
Peder schluckte mehrmals.
» Was wählt man nicht?«, fragte er. » Ich verstehe Sie nicht. Was ist es, was man nicht wählt?«
» Kinder«, flüsterte Jelena matt, und ihr Kopf sank wieder still ins Kissen. » Man… muss… alle… lieben.«
Dann verstummte sie und schloss die Augen, und Peder begriff, dass das Gespräch beendet war.
Auf dem Korridor herrschte eine derartige Aktivität, dass Fredrika bei ihrer Rückkehr ganz überrumpelt war. Sie fand Alex und Peder in der Löwengrube. Auch Mats, der Analytiker, hatte scheinbar immer noch nicht genug von ihnen. Und dann war da noch ein anderer Mann, den Fredrika nicht kannte. Sie trat auf ihn zu.
» Fredrika Bergman.«
» Excuse me?«
Verwirrt wiederholte Fredrika ihren Namen. Diesmal schien der Mann sie verstanden zu haben. Er stellte sich selbst als Stuart Rowland vor. Er wollte sich schon wieder auf einen Stuhl in der Ecke des Raumes zurückziehen, als Peder aufsprang und Fredrika auf Englisch erklärte, wer der Besucher war.
» Dr. Rowland ist ein sogenannter Profiler«, verkündete er mit vor Ehrfurcht fast zitternder Stimme. » Er hat sich bereit erklärt, uns zu unterstützen.«
Als wäre der Papst aus Rom zu Besuch gekommen, dachte Fredrika.
» Ich hoffe, es ist in Ordnung für dich«, fuhr Peder fort, » wenn wir den ersten Teil unserer Sitzung auf Englisch abhalten.«
Für einen kurzen Augenblick meinte Fredrika, Peder machte einen Scherz mit ihr, und sie wurde rot, als sie begriff, dass die Frage durchaus ernst gemeint war.
» Solange das Treffen auf Englisch, Deutsch, Französisch oder Spanisch abgehalten wird und in keiner anderen Sprache, komme ich klar.«
Peder blinzelte.
» Wunderbar«, sagte er schließlich und setzte sich.
Alex, der den kurzen Schlagabtausch mit einem schmalen Lächeln verfolgt hatte, richtete sich auf.
» Fredrika, wie gut, dass du es noch zur Sitzung geschafft hast. Setz dich, dann fangen wir an.«
Fredrika war gar nicht bewusst gewesen, dass nur sie noch fehlte.
Ellen lächelte sie an und stieß die Tür zur Löwengrube mit dem Fuß zu.
Jede Ermittlung hatte ihre eigene Schicksalsstunde. Alex war sicher, dass sie genau diesen Punkt gerade erreichten. Er ahnte, dass es nicht mehr allzu viele unbekannte Fakten zu sammeln gab. Das meiste lag vor ihnen auf dem Tisch ausgebreitet. Hoffentlich.
Verstohlen sah er zu dem Mann hinüber, den Peder direkt von der Universität verschleppt zu haben schien. In seinem braunen Jackett mit den Lederflecken auf Ellenbogen und Brusttasche und mit seinem gigantischen Schnauzbart, der wie ein Eichhörnchenschwanz unter der Nase klebte, sah er aus, als wäre er direkt von den Dreharbeiten zu einem englischen Historienschinken in die Löwengrube gekommen. Aber wer wollte denn wählerisch sein. Unter den herrschenden Umständen war jede Hilfe willkommen.
» Okay«, sagte er und ließ den Blick über die Runde schweifen.
Die Stimmung war gedrückt. Alex schluckte. Wenn die Leute zu nervös waren, würden sie kaum irgendwelche meisterhaften Theorien vorbringen. Außer vielleicht Fredrika. Er warf ihr einen Seitenblick zu. Sie würde womöglich die Ausnahme sein. Fredrika schien zu jeder Zeit alles denken zu können, wenn nur jemand andeutete, dass es wichtig sein mochte. Und wichtiger als heute würde es nicht mehr werden.
Dann begann er auf Englisch: » Wir begrüßen zu unserer Sitzung besonders Professor Rowland«, sagte er und hoffte insgeheim, die richtige Formel angewendet zu haben. » Wir sind sehr froh, dass Sie hier sind.«
Der Professor nickte freundlich und lächelte unter seinem Schnurrbart hervor.
Alex hatte den Besuch von Professor Rowland zunächst mit seinen eigenen Chefs abklären müssen, ehe er ihm gestatten konnte, bei der Sitzung dabei zu sein. Natürlich war die Lage verzweifelt, aber es gab dennoch Regeln und Datenschutzbestimmungen, die berücksichtigt werden mussten. Er hoffte, dass dies allen, die um den Tisch versammelt waren, klar war, und schaltete
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