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Aschenputtelfluch

Aschenputtelfluch

Titel: Aschenputtelfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Sonja. Ich nahm allen Mut zusammen: »Sonja, kannst du in deiner Schultasche nachsehen, ob du mein Mathebuch eingepackt hast?«
    Nun verstummten endgültig alle Gespräche. Ein Wind stoß erfasste mich. Ich schwankte kurz und fast schien es, als ob eine eiskalte Hand mich näher zum Feuer schob.
    »Keine Ahnung«, erwiderte Sonja und ließ sich von Trixie wegziehen, die sich nach wenigen Metern umwandte und mit übertrieben hoher Stimme spottete: »Oh Miss Klug scheißer hat ihre Sachen verlegt. Nein, wie peinlich!«
    »Das gibt mit Sicherheit einen Eintrag ins Klassenbuch«, fiel Sonja ein und Bastian konnte natürlich seine Klappe auch nicht halten. »Oder Nachsitzen.«
    Warum lachte der Idiot eigentlich so albern?
    »Dann wollen wir doch mal sehen, was Miss Kosinus bringt, wenn sie nicht vorlernen kann«, sagte Pink gehäs sig.
    Zwei Siebtklässler stocherten mit langen Stöcken im Pa pierkorb herum, aus dem eine hohe Flamme schlug.
    »Passt lieber auf«, warnte ich sie.
    Plötzlich gellte ein lauter Pfiff über den Schulhof. Die Warnung verbreitete sich blitzschnell: Worst case! Big ma ma is coming!
    Im nächsten Moment waren alle verschwunden und ich wandte mich ebenfalls zum Gehen, als Frau Schüler auf tauchte und streng auf den Abfallkorb deutete.
    »Was bedeutet das?«
    »Keine Ahnung.«
    Big Mama hielt mich an der Schulter fest. »Wer ist für das Feuer verantwortlich?«
    Nun, ich wusste es nicht und daher zuckte ich lediglich mit den Schultern.
    »Ich habe dich etwas gefragt!« Frau Schülers Stimme schaltete auf Kampfansage. »Keine Sorge, ich finde es heraus!« Sie fischte mit dem Stock geschmorte blaue Plastikfolie heraus, an der einige Blätter hingen.
    »Was ist das denn?« Nun hörte sie sich kälter, schneiden der an als der Windstoß, der ihr durch die streng frisierten weißen Haare fuhr. »Kannst du mir das erklären?«
    »Was?«
    Zwischen langen Fingern hielt Frau Schüler etwas in die Höhe, das mir bekannt vorkam. Es sah aus wie...Oh nein! Aus Sorge wurde Angst, aus Angst Panik, die mir die Trä nen in die Augen trieb. Ich würde das Buch ersetzen müs sen. Was kostete es? Mindestens zwanzig Euro.
    Erneut stach Frau Schüler in die Tonne und nun zog sie etwas Rotes hervor. Ein roter Heftumschlag, wie Wachs geschmolzen. Daran hingen Papierfetzen wie Haut. Das Matheheft. Ich konnte noch den Rest einer Formel erken nen. Und es war eindeutig meine Schrift. Genauso wie das Buch mir gehört hatte.
    »Juliane, kannst du mir das erklären?«
    »Nein.«
    In diesem Moment erklang eine Stimme hinter uns. »Aber ich. Ich kann es erklären.«
    Hinter uns stand Nikolaj. Wo war er gewesen? Zudem bereitete mir die auffallende Blässe seines Gesichts wie auch die dunklen Ringe unter den Augen Sorgen.
    »Du kannst das erklären? Ich dachte, dir wäre übel und du müsstest im Bett bleiben?«
    »Schon wieder okay«, murmelte er, ohne mich anzuse hen.
    »Und? Was hast du damit zu tun?« Sie deutete auf den Papierkorb, wo die Reste meiner Mathematiksachen vor sich hin glühten. »Warum hast du das gemacht?«
    »Warum?«
    »Ja – sprech ich eine andere Sprache? Warum?«
    »Warum nicht?«
    Nichts spiegelte sich in seinem Gesicht. Er blickte so ernst, so ungerührt, so absolut cool – hätte ich es nicht besser gewusst – echt, ich hätte ihm die Nummer abge kauft.
    »Von Bülow, ich möchte den Grund wissen.«
    »Nun, Mathematik gehört nicht zu meinen Lieblingsfä chern.«
    »Und da verbrennst du so einfach ein Buch, das dir a) nicht gehört und b) auch noch in aller Öffentlichkeit?«
    »Sonst macht es keinen Sinn!«
    »Keinen Sinn?«
    »Na ja, es heimlich verschwinden zu lassen.«
    »Wieso verschwinden lassen . . .«
    »Wegen der Hausaufgaben . . .«
    »Welche Haus. . .«
    »Die Frau Sturm uns aufgegeben hat. Ehrlich, ich hätte die ganze Nacht sitzen müssen. Sinus, Kosinus, Tan gens . . . ich habe keinen blassen Schimmer, außerdem fin de ich es eine Zumutung, dass Frau Sturm . . . also, dass sie nicht fähig ist, uns den Stoff vernünftig zu erklären.«
    Sie gab auf. Big Mama gab tatsächlich auf. Ich erkannte es an ihrem verwirrten Gesichtsausdruck und wie sie sag te: »Das wird ein Nachspiel haben, von Bülow.«
    »Für Frau Sturm?«, fragte Nikolaj höflich.
    Unwillkürlich musste ich grinsen.
    Frau Schüler aber wandte sich auf dem Absatz um und entfernte sich mit energischen Schritten Richtung Direk torat. Ein Schwarm Raben flog über ihrem Kopf, als hätte sie Begleitschutz angeheuert.
    Klack, klack!

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