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Aschenputtelfluch

Aschenputtelfluch

Titel: Aschenputtelfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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Klack, klack! Klack, klack!
    Diesmal würden garantiert Löcher in den Pflastersteinen zurückbleiben.
    Nikolaj und ich standen eine Weile schweigend neben einander. Schließlich sagte ich: »Danke, aber ich brauch’ dein Mitleid nicht. Und natürlich bekommst du das Geld zurück!«
    »Ich habe schon verstanden. Ich soll dich in Ruhe lassen. Das hast du mir gestern Abend ja deutlich genug gesagt.«
    »Ich werde zu Frau Sturm gehen und das Ganze erklä ren.«
    »Wie willst du das erklären?«
    »Ich werde sagen, ich hätte das Buch verbrannt, was sonst.«
    Seine Hand fuhr über die Augen. »Ich habe es gewusst, verstehst du?«
    »Was?«
    »Was sie vorhatten, und ich habe es nicht verhindert.« Er sah müde aus, total erschöpft. Was war los mit ihm?
    »Warum hast du es nicht verhindert?«
    »Ich . . .«
    »Was?«
    Er schwieg.
    »Kannst du mir wenigstens verraten, was sie gegen mich haben?«
    »Vielleicht brauchen sie keinen Grund?«
    Ich war so wütend. Fühlte mich im Stich gelassen. Ich hatte mich in ihm getäuscht. Er war wie alle anderen. McDreamy war ein Feigling!
    Die Worte schienen nun wie von selbst aus mir hervor zusprudeln. »Und was soll ich dagegen tun? Vor Gericht gehen? Zum Direktor rennen und petzen? Damit ich ge nau zu dem Monster werde, das sie in mir sehen? Das ab solute Hassobjekt? Die Musterschülerin, Streberin, Verrä terin, Spionin! Der Lehrerliebling, Außenseiter, Freak! Ich bin doch offensichtlich für die die niedrigste Kaste. Wie nennen die in Indien das?«
    »Paria«, erwiderte Nikolaj ruhig.
    »Genau, ich trag nun mal kein VON in meinem Namen. Ich kann für mein Abi nicht zahlen, ich muss es abarbeiten, ganz einfach. Nicht wie du und all die anderen.«
    »He«, Nikolajs Stimme klang bitter, »ich wusste nicht, dass du auch noch darin perfekt bist.«
    »Worin? Worin bin ich denn perfekt, was?«
    »Im Selbstmitleid.«
    Und dann war er verschwunden.
    Ich stand allein auf dem Schulhof.
    »Ach Fuck!«, schrie ich hinaus in die Kälte. Und gleich noch einmal: »Fuck, fuck, fuck!«
    Ein Windstoß nahm die Worte mit und trug sie nach oben zu den Drähten, wo die Raben saßen und plötzlich von einer Sekunde zur anderen aufgeschreckt davonflogen.
    »Genau«, brüllte ich. »Ihr seid auch gemeint! « Und zur Sicherheit brüllte ich noch einmal: »Fuck! « Ein gutes Wort, ein verdammt gutes Wort . Es klang nämlich nicht nach Selbstmitleid !

Kiras Tagebuch
    Eintrag No. 17
    Es ist passiert!
    Der Himmel tat sich auf!
    Okay, ehrlich gesagt regnete es draußen, aber in meinem Herzen wurde es hell. Ich bin so... ach, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Wie es beschreiben? Dieses geniale Gefühl von Macht, wenn man meint, alles zu können, alles zu schaffen, vielleicht sogar wie Jesus über das Wasser schreiten zu können. Oma würde jetzt sagen, versündige dich nicht. Also verzeih mir, lieber Gott, lass es mich anders ausdrücken: In diesem Moment, als er näher rückte im Dunkeln, gab es nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Erde tat sich auf und ich stürzte ab oder ich ging wie auf Wolken. Was soll ich sagen? Ich schwebte in der Luft, war so leicht wie eine Feder, segelte durch den Himmel, als wäre ich ein Vogel.
    Nie sollte es enden und dann wieder doch, aber nur, damit es sich wiederholen könnte. Sein Mund näherte sich meinem in Zeitlupe! Und dann lagen seine Lippen auf meinen so also fühlt sich küssen an. Nicht nur eine Berührung, sondern die Sehnsucht, in den anderen hineinzukriechen . . . tut mir leid, liebes Tagebuch, dass mir keine besseren Worte einfallen, aber es war pure Schwerelosigkeit und dann wieder das Gefühl, mich fallen lassen zu wollen. Ich kann es nicht besser beschreiben.
    Nur eines weiß ich: Dieses Gefühl von Sicherheit vermisse ich seit dem Tod meiner Eltern.
    Die Meldung in den Zeitungsausschnitten war fast immer dieselbe gewesen: »Ein Geisterfahrer kam dem Pkw auf der Autobahn A9 entgegen. Die Eltern hatten keine Chance. Sie starben noch am Unfallort. Ihre elfjährige Tochter wurde bei dem Aufprall aus dem Wagen geschleudert und mit dem Rettungshubschrauber in die nächste Klinik gebracht. Es ist ein Wunder, dass das Mädchen überlebte.«
    Dieses Mädchen das war ich.
    Ich hatte überlebt für ihn!

KAPITEL 12
    H eute Abend schauen wir zusammen einen Film«, verkün dete Frau Sturm Freitagabend im leer gefegten Speisesaal. Der Großteil der Schüler war nach Hause gefahren. Diejeni gen, deren Eltern zu weit weg wohnten oder keine Zeit hat ten, verbrachten das

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