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Aschenputtelfluch

Aschenputtelfluch

Titel: Aschenputtelfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krystyna Kuhn
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lachen und die tiefere Stimme eines Jungen. Sie flüsterten miteinander.
    Mussten die sich ausgerechnet den Kreuzbogen aussu chen, hinter dem ich saß? Erneut erklang ein Lachen – na ja, eigentlich mehr ein aufreizendes Kichern. Es folgte das Rascheln von Kleidern und dann ...oh Gott, sie küssten sich. Ich begann, die Sekunden zu zählen. Der Kuss dauer te ewig. Mann, sie hörten einfach nicht auf. Ein Liebes paar, das in Ruhe eine Knutschorgie feiern wollte.
    Na, das hätte die Mönche sicherlich gefreut.
    Unwillkürlich musste ich grinsen. Ich schob den Kopf über die halbhohe Mauer. Zwei dunkle Schatten zeichne ten sich vor der hohen Säule ab. Aber ich konnte nicht er kennen, wer es war, vernahm lediglich ein schmatzendes Geräusch, dann eine Art Stöhnen, das furchtbar albern klang.
    Ich duckte mich wieder und lehnte den Kopf an die Mau er.
    Nikolaj, du fehlst mir, dachte ich und nun war mir nicht mehr zum Lachen zumute.
    Wo bist du? Ich muss mit dir sprechen.
    Mein Herz schmerzte, als säße mindestens ein Rabe auf mir und hackte seinen Schnabel in meine Brust. Und diese Sehnsucht fühlte sich völlig anders an als alles, was ich bei Jasper gefühlt hatte. Vielleicht trug er nicht alleine die Schuld für unser Zerwürfnis. Er war immer mein bester Freund gewesen und dann dachten wir, es könnte mehr daraus werden. Aber wenn ich ehrlich war – ich war nicht in ihn verliebt gewesen. Jetzt erst begriff ich. Das war nichts gewesen im Vergleich mit dem aufregenden Gefühl, das ich für Nikolaj empfand.
    Fragte sich nur, was mit ihm war. Fakt war, dass ich nicht sicher sein konnte, ob er mich nicht doch für eine erbärm liche Diebin hielt, die ihr Stipendium riskierte für ein Paar Ohrringe, die sie nie tragen würde.
    Verdammt, die beiden fanden kein Ende. Konnten sie sich nicht einfach gegenseitig verschlucken? Genauso hör te es sich jedenfalls an.
    Und dann hing plötzlich dieser durchdringende Geruch in der Luft, der mich an Sonja erinnerte. Mit diesem Zeug sprühte sie stets im Umkleideraum der Turnhalle herum, als seien wir alle lästige Insekten.
    Bevor ich noch länger darüber nachdenken konnte, hörte ich schon wieder Schritte. Ziemlich viel los hier, dafür dass in der Aula der Bär los war. Und ein Gefühl sagte mir, es bedeute nichts Gutes, wenn Schüler sich nachts hier weder zu Gebeten noch zum Pinkeln einfanden.
    Wieder schob sich mein Kopf nach oben. In einem der Kreuzbögen, drei oder vier von dem Knutschpaar ent fernt, hielt eine Gestalt inne. Sie machte es wie ich und schob sich hinter eine der Steinfiguren, verschmolz gera dezu mit dieser.
    Einige Minuten verstrichen, in denen ich zu entscheiden versuchte, bei wem es sich um Sonja handelte. Knutschte sie herum oder verbarg sie sich hinter der Säule?
    Das Pärchen ging jetzt noch heftiger zur Sache. Sie wur den erst aufgeschreckt, als der Beobachter hinter der Säu le sich von einem Moment zum anderen mit lauten, schnellen Schritten entfernte, als wollte er fliehen.
    »Da war jemand«, flüsterte das Mädchen.
    »Doch egal!«, antwortete die tiefere Stimme des Jungen. »Alle nur neidisch!«
    »Lass uns zurückgehen!«
    »Nein, du hast mir etwas versprochen!«
    »Ach ja? Was denn?«
    »Du weißt schon!«
    Das Mädchen antwortete mit einem Kichern.
    »Ich kann nicht!«
    »He, das ist die einfachste Sache der Welt. Ohne diese Sache würden wir nicht existieren, also wo ist das Pro blem?«
    Wieder dieses aufreizende Kichern, ein Flüstern war zu hören und schließlich verschwanden sie Richtung Mäd chenhaus.
    Jasper hatte genauso auf mich eingeredet. Wochenlang. Ich hatte mich geweigert. Küssen ja! Aber das Letzte, das Äußerste – nein, das war unmöglich.
    Ich atmete tief durch. Niemand hatte mich bemerkt. Ich beeilte mich, zu meinem Zimmer zu kommen, und über legte für einen Moment, ob ich abschließen sollte. Aber ein Schlüssel existierte nicht. Fast hätte ich lachen kön nen. Ich meine, so ein Internat, man kann sagen, was man will, aber es war letzten Endes doch eine Art Gefängnis, ein goldener Käfig. Aber ein Gefängnis ohne Schlüssel.
    Und ein Gefängnis, in dem ein widerlicher Geruch hing.
    Ich bemerkte ihn, noch ehe ich das Licht anknipste. Süß – muffig-eklig – kurz, ein widerlicher Gestank. Als lä gen Socken herum – tagelang von Schweißfüßen getra gen. Nein – schlimmer! Oh Gott! Der Geruch stieg in mei ne überempfindliche Nase, die Lungen – ja, in jede Pore meiner Haut. Ich hätte kotzen können. Schnell

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