Aschenwelt
hier! Er verschanzte sich doch sonst zuverlässig rund um die Uhr hinter seinem protzigen Anwaltsschreibtisch. Und wenn er das nicht tat, war er auf Geschäftsreise, oder vor Gericht.
»Wo warst du denn?« Die Stimme meiner Mutter zitterte, als hätte sie gerade jemand erschreckt.
»Geht dich ân Scheià an«, schnauzte ich.
»Nicht in diesem Ton!«, tadelte mein Vater.
»Was ist! Willste mich verklagen?«, blaffte ich zurück.
»Wir haben uns Sorgen gemacht«, sagte meine Mutter.
»Was ist nur los mit dir?«, mischte sich mein Vater zu der Jammerarie. »Wenn du Hilfe brauchst, dann komm doch zu uns. So wie früher.«
Ich blieà durch meine geschlossenen Lippen. »Ihr helft mir am besten, wenn ihr mir aus dem Weg geht.« Ich zwängte mich zwischen ihnen hindurch und steuerte die Küche an.
»Dr. Uschasnik hat â¦Â«, fing meine Mutter an, aber ich fiel ihr ins Wort.
»Ihr sollt mich einfach in Ruhe lassen! Was genau kapiert ihr daran nicht?«
»Johanna, mein Liebes«, schluchzte meine Mutter.
»Lass sie, Margarete.« Mein Vater legte seine Hand von hinten auf ihre Schulter.
Wie ich diesen Namen damals hasste. Nicht genug, dass mein GroÃvater meine Mutter so genannt hatte (gegen den Willen meiner Oma, wie sie einmal heimlich gebeichtet hat), nein, meine nutzlosen Eltern mussten ihn auch noch mir aufdrücken, wenn auch nur als Zweitnamen. Mein Leben lang musste ich ihn nun in meinem Pass führen und ständig sehen. Mir wurde übel. AuÃerdem reichte es mir. Also lieà ich meine Eltern stehen und ging in die Küche, wo ich mir vier Flaschen Wasser, den halben Kühlschrankinhalt und noch eine volle Packung Aspirin in meine Tasche packte und mich damit in meinem Zimmer verschanzte.
Meine Eltern folgten mir nicht, sie schienen es begriffen zu haben. Die Tür schloss ich aber vorsichtshalber trotzdem ab.
Ich fragte mich, warum ich so extremen Durst und Hunger hatte und woher die hämmernden Kopfschmerzen rührten und führte es darauf zurück, dass ich seit über einem Tag weder etwas gegessen noch getrunken hatte. Das holte ich nun nach. Ausgiebig. Nach einer halben Stunde waren meine Vorräte restlos aufgebraucht und die fünf Aspirintabletten taten endlich ihren Dienst.
Dann entdeckte ich meine Geldbörse. Sie lag auf meinem Schreibtisch. Ich hatte sie vergessen mitzunehmen. Mich beschlich ein schlechtes Gewissen gegenüber dem Typ, den ich kurz verdächtigt hatte, mich beklaut zu haben, während ich high war.
Ich stöpselte mein Telefon ans Ladekabel und war gespannt, ob sich Anne nun endlich gemeldet hatte. Keine Nachricht von ihr. Ich rief sie an. Wenn sie schon keine SMS beantworten konnte, würde sie vielleicht wenigstens ans Telefon gehen. Aber es war ausgeschaltet. Ich seufzte und schickte ihr noch eine SMS. Müssen uns unbedingt treffen. Habe viel zu erzählen. Vermiss dich. Senden.
Ein wenig Schlaf würde mir gut tun. Ich legte mich ins Bett und nahm mir vor, bei Anne vorbeizuschauen, wenn ich wieder wach war, sollte sie sich bis dahin nicht gemeldet haben. Ich versuchte, einzuschlafen. Doch obwohl ich so müde war, wie selten zuvor, wollte es mir nicht gelingen. Ein Gedankenkarusell hinderte mich daran. Mochte mich Anne nicht mehr? Warum meldete sie sich nicht! Hatte sie eine andere kennengelernt? Oder ist ihr gar etwas zugestoÃen? Irgendwann übermannte mich doch der Schlaf.
Als ich wieder aufwachte, saà Anne auf meiner Bettkante und sagte »Hi«, sobald ich die Augen aufgeschlagen hatte.
Ich blinzelte ein paar Mal und fragte, wie sie in mein Zimmer gekommen war, es war doch abgeschlossen.
»Ich hab doch ân Schlüssel, Dummerchen«, sagte sie.
Ich hatte allen Grund, auf sie sauer zu sein, sie zur Rede zu stellen, warum sie in letzter Zeit keine einzige meiner Nachrichten mehr beantwortete. Doch ich war so glücklich, sie zu sehen. Ich wollte sie auf der Stelle umarmen und ihre Nähe spüren. Ich setzte mich auf und küsste sie. Doch sie schob mich weg und rümpfte die Nase.
»Seit wann hast du nicht mehr geduscht?«
Ich äuÃerte mich nicht dazu, sondern verschwand gleich ins Badezimmer, befahl ihr vorher jedoch, hier auf mich zu warten und sich keinen Millimeter zu bewegen.
Renndusche, Zähneputzen, dann sprang ich nackt und nass zu Anne ins Bett und begann, ihr die Kleider vom Leib zu reiÃen.
»Was wolltest du
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