Ash Grey
nicht gemeint! <<
Sie wählt ihre Worte mit Bedacht.
>> Ich weiß, dass du das nicht tun würdest. Aber du willst doch wieder einen Freund, oder? <<
Ich will nicht mir ihr darüber reden. Ihr wird es auch unangenehm. Sie scheint sich wieder daran zu erinnern mit wem sie spricht.
>> Ich meine ja nur…aber das ist deine Sache. Ich will, dass es dir gut geht! << , sagt sie schließlich und ich schenke ihr ein Lächeln.
Ich glaube ihr das. Es ist nicht ihre Schuld was mit Jens passiert ist. Sie war immer nett zu mir.
Ich bleibe noch eine Weile sitzen. Wir reden über die letzten drei Jahre, alles was schön war und Spaß gemacht hat. Als ich gehe versichert sie mir, dass ich jederzeit vorbeikommen kann. Ich soll aber vorher anrufen, warum braucht sie nicht zu erwähnen.
Es ist heiß. Ich fahre in den Stadt park, setze meine Sonnenbrille auf und lege mich ins Gras. Ich stelle Live to Rise von Soundgarden auf Endlosschleife.
„Like the sun we will live to rise, like the sun we will live and die, and then ignite again, like the sun we will live to rise again.“
Als ich aufwache ist der Akku leer. Ich kaufe mir einen Energy Drink und eine Zeitung. Wohnungen sind teuer und am Sommeranfang sucht noch niemand WG Mitbewohner. Ich brauche einen Job, irgendetwas das ich auch neben der Schule machen kann. Ich will nicht abbrechen. Der einzige Lichtblick in meiner Zukunft ist die Tatsache, dass ich nicht dumm bin. Ich könnte studieren und Lehrerin werden. Niemand will Lehrerin werden, ich schon. Ich gebe auch gerne Nachhilfe, ich denke ich bin gut darin. Bis es soweit ist, muss ich mir etwas anderes suchen. Einen Kellner Job vielleicht. Etwas wo ich nachts arbeiten kann und am Wochenende. Ich beschließe im Excel nachzufragen. Ich kenne die Kellner dort, vielleicht können sie mir weiterhelfen.
Juli schreibt schon den ganzen Nachmittag SMS. Er entschuldigt sich für die letzte Nacht, sagt er erinnert sich an nichts mehr, weil er zu betrunken war. Das ergibt keinen Sinn. Er kann sich nicht für etwas entschuldigen an das er sich nicht erinnert. Natürlich weiß er was er getan hat, aber es ist ihm jetzt unangenehm. Zumindest erkennt er, dass es nicht in Ordnung war. Vielleicht habe ich auch überreagiert, weil mich die Erinnerung eingeholt hat, ich weiß nicht.
Mein Plan ist es die Nacht durchzumachen. Ich will nicht wieder herumlaufen und heulen. Wenn es dunkel und kälter wird, überkommt mich das Selbstmitleid – ich hasse das.
Auf dem Weg ins Excel überlege ich mir bei wem ich kurzfristig unterkommen könnte. Ich habe viele Bekannte, Leute die ich schon eine ganze Weile kenne, trotzdem kann ich kaum jemand um Asyl bitten. Die meisten von ihnen gehören zu Jens, oder haben keine Ahnung von meinen Schwierigkeiten zuhause. Ich muss das nicht jedem auf die Nase binden. Ich will selbst nicht darüber nachdenken.
Der Einzige der mich hundertprozentig aufnehmen würde ist Chris. Wir waren die besten Freunde. Ein Jahr lang ist er in meine Klasse gegangen. Er hatte schon zweimal wiederholt, war älter als wir alle und ziemlich beliebt. Wir hatten gleich einen Draht zueinander, vielleicht weil ich frühreif war, oder weil wir beide zuhause Probleme hatten.
Er ist weggezogen, zweihundert Kilometer in Richtung Norden, in die nächst größerer Stadt. Wir haben noch ab und zu Kontakt. Ich mache mir die meiste Zeit Sorgen um ihn. Er hat oft gekifft. Bevor er weggezogen ist war es schon viel zu viel. Ich denke, dass er nicht beim Marihuana geblieben ist. Ich sage ihm immer, dass Drogen scheiße sind, aber er sieht das anders. Chris ist kein schlechter Mensch, ihm ist nur viel Scheiße passiert. Ich vermisse ihn und mache mir Sorgen. Wenn er hier wäre, könnten wir uns gegenseitig helfen, oder uns runterziehen, ich weiß nicht.
Im Excel ist noch nicht viel los. Es ist erst kurz vor neun. Ich frage Viki nach einem Job. Sie will sich beim Chef erkundigen und mir Bescheid geben. Sie spielen Nirvana und ich trinke Literweise Cola. Zwei Mädchen aus meiner Parallelklasse sind hier. Sie setzten sich zu mir. Wir unterhalten uns über Musik und Bands. Ich erzähle von Ash Grey und dem gestrigen Konzert. Als Juli mit seinen Freunden zur Tür reinkommt, schaut er sich um. Er entdeckt mich schnell und kommt rüber. Ich sitze auf einem der schwarzen Ledersofas, er geht neben mir in die Knie.
>> Hey… <<
E r klingt schuldbewusst, niedergeschlagen. Die beiden Mädchen neben mir fangen an zu tuscheln. Sie kennen Juli, jeder an
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