Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
Geländewagen grub seine massige Stoßstange in die Seite des Mercedes, dessen Reifen auf der schroffen Straße zerfetzt wurden, als er von dem riesigen Humvee mitgeschleift wurde.
Wir werden alle sterben! Schiere Panik ergriff Ash, als er gegen die Tür gedrückt wurde. Zwischen ihm und dem Geländewagen lagen nur wenige Zentimeter – alles, was er sehen konnte, war die polierte Chromstoßstange. Alles, was er spürte, war der heiße Drachenatem, der aus dem gigantischen Kühler drang.
Dann legte der Humvee eine halsbrecherische Handbremsen-Wendung hin, mit der er sich von dem Mercedes losriss. Ashs Tür, die noch immer an der Stoßstange festhing, wurde weggefetzt, als bestünde sie aus Papier. Unter metallenem Quietschen sprühten Funken aus dem Fahrgestell, als das Auto die Straße entlangschlitterte.
Keuchend und unfähig sich zu bewegen, hockte Ash in seinem Sitz. Blut tropfte von seinem Gesicht. Vorsichtig betastete er seine Wange, doch es war nur ein kleiner Schnitt, den er sich während des Berstens der Windschutzscheibe eingehandelt hatte. Auf seinem Schoß lagen lauter Glasscherben, die wie verstreute Diamanten glitzerten.
»Ash, Ash …« Sein Onkel packte ihn am Arm.
»Mir geht’s gut.«
Wie ein mächtiger weißer Stier, der mit den Hufen scharrt, verharrte der Geländewagen mit knurrendem Motor in etwa hundert Metern Entfernung. Der Mercedes hatte sich einmal komplett um sich selbst gedreht, sodass die beiden Fahrzeuge sich nun gegenüberstanden. Langsam rollte der Humvee vorwärts und nahm dann immer mehr Fahrt auf.
»Mach die verfluchten Türen auf!«, brüllte seine Tante den Mercedes an. Sie rüttelte am Griff, doch der Rahmen hatte sich verzogen – sie saßen fest.
Ash fummelte an seinem Gurt herum, bis er schließlich aufschnappte. Dann starrte er zu seinem Onkel, der noch immer mit seinem Gurt kämpfte.
»Raus mit dir, Ash. Steig aus!«, drängte Onkel Vik.
»Lass mich helfen.« Wenn er zog, dann könnten sie zu zweit –
»Raus!«
Der Motor des Humvees röhrte auf und die grellen Scheinwerfer stierten sie an wie die Augen eines Dämons.
Ash krabbelte ins Freie und zerrte an der Tür seiner Tante, die hinter ihm gesessen hatte. Der Gestank von brennendem Gummi erfüllte die Luft, als der Geländewagen beschleunigte und auf sie zuraste. Hinter dem Lenkrad kauerte Jackie, die Ash böse angrinste und ihm das Blut zu Eis gefrieren ließ. Neben der Engländerin saß Mayar, der sich die Lippen leckte.
Tante Anita hievte Lucky auf ihren Schoß und drückte sie Ash in die Hände, der seine schluchzende Schwester packte und durch das zerbrochene Fenster ins Freie hob. Dann widmete er sich seiner Tante.
»Komm schon!« Er zerrte an dem Türgriff, doch seine Hände waren rutschig vom Schweiß und die Tür rührte sich keinen Millimeter. Er zog und zog, bis ihm die Arme wehtaten.
Seiner Tante strömten die Tränen übers Gesicht und hinterließen schwarze Mascara-Spuren auf ihren Wangen. Ihre Miene schien sich nicht zwischen einem Lächeln und einem Stirnrunzeln entscheiden zu können. Schließlich schüttelte sie den Kopf und sah ihm in die Augen. »Pass auf deine Schwester auf«, sagte sie und schubste Ash so fest von sich, wie sie konnte.
Wie ein Akkordeon knitterte der Mercedes in sich zusammen, als der Geländewagen gegen ihn prallte und ihn zunächst durch das Dornengestrüpp schob, das am Fahrbahnrand wuchs, bevor er ihn den steilen Hang hinunterbeförderte. Ashs Schreie wurden vom Ächzen des Metalls und explodierendem Glas übertönt. Der Lärm schien gar nicht mehr aufzuhören, während das Auto sich immer wieder überschlug und eine tiefe Furche in die harte Erde grub. Ash starrte auf die schwarzen Reifenspuren und das glänzende schwarze Öl, das den Pfad der Zerstörung bekleckerte.
Der Humvee machte eine Kehrtwende. Vom Fahrer- und Beifahrersitz dröhnte freudiges Gelächter. Der vordere Teil des Humvees war nur noch Schrott, ein Scheinwerfer baumelte aus der kaputten Halterung und von der verbogenen Stoßstange hing noch immer Ashs Tür, während aus der völlig verbeulten Kühlerhaube Dampf zischte. Mit einem breiten, ungeduldigen Lächeln stierte Jackie Ash durch die gesprungene Windschutzscheibe an.
Dann ließ sie den Motor an und grummelnd rollte der Wagen los.
Ash blickte sich um. Er stand mitten auf der Straße. Lucky kniete nur wenige Meter neben ihm schluchzend auf dem Asphalt. Es gab kein Entkommen.
Der Humvee gab Gas.
Kapitel 10
Ash zog seine Schwester
Weitere Kostenlose Bücher