Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
einfach, ob er es mir zurückzahlt.« Schief grinsend streichelte Vik über das Lenkrad. »Lasst uns heimfahren, bevor Savage das gute Stück hier noch konfisziert und wir per Anhalter auf einem Kuhkarren reisen müssen.«
Ash zog die Pfeilspitze aus seiner Hosentasche. Das goldene Kleinod glitzerte in seinen halb geschlossenen Händen. Es war ein schmales Dreieck, etwa fünf Zentimeter lang, dessen lange Seiten in einer nadelspitzen Kuppe endeten. Doch die äußerste Spitze fehlte – ein winziges Stück von lediglich ein paar Millimetern. Es fiel nur auf, wenn man ganz genau hinschaute. Ash betrachtete seinen Daumen, konnte den Splitter jedoch nirgends entdecken. Vielleicht war er inzwischen wieder herausgefallen. Jedenfalls tat es nicht mehr so schlimm weh, sondern pochte nur noch ein bisschen.
Er hatte nicht einmal bemerkt, dass er die Pfeilspitze mitgenommen hatte. Nachdem sie ihn fast das Leben gekostet hatte, gehörte sie nun ihm, fand er. Ob er seinen Fund verkaufen könnte? Wenn er aus echtem Gold war, musste er ja etwas wert sein. Vielleicht konnte er seinen Onkel so ein wenig über das ganze verlorene Geld hinwegtrösten.
Ash öffnete das Fenster und ließ sich die kalte Nachtluft ins Gesicht wehen. Die Wüste roch alt und ganz anders als etwas Lebendiges. Sie roch nach einer Menge vergangener Zeit und nach Sand, Felsen und Wind. Nach Dingen, die ewig sind.
»Ash, du hattest recht, was das Geld angeht«, murmelte Onkel Vik. »Es war zu viel und ich wusste, dass etwas damit nicht stimmt. Deshalb konnte ich den Scheck auch nicht auf die Bank bringen.«
»Savage wollte dich kaufen«, sagte Ash. »Der Typ ist ein Ekelpaket.«
»Er kann nichts für seine Krankheit«, meinte Tante Anita.
»Das meine ich nicht.« Ash schloss die Augen und ließ sich alle Fakten noch einmal durch den Kopf gehen: Mayar mit den Reptilienaugen. Jackies merkwürdige Mähne. Was Savage gesagt hatte und die Sachen in seinem Büro. Was daran war noch normal? Normale Leute besaßen keine Gläser, in denen menschliche Schlangen schwammen.
»Morgen früh sieht die Welt wieder anders aus«, versuchte Onkel Vik, ihn aufzumuntern. »Na komm, Neffe. Du hattest einen harten Tag. Wenn wir erst mal zu Hause sind, geht’s dir bestimmt gleich besser.«
»Mein Zuhause ist nicht Indien«, sagte Ash. Plötzlich schlotterte er am ganzen Körper. Alles, was heute Abend geschehen war, die Träume von Rama, das eingestürzte Grab, Savage und seine grässlichen Laufburschen, das alles wurde zu viel. »Ich hasse Indien. Es war eine blöde Idee, herzukommen, und es war bescheuert, für Savage zu arbeiten.«
»Du denkst, dein Onkel ist bescheuert?«, fuhr Tante Anita ihn vorwurfsvoll an.
»Das meine ich nicht, ich –«
Aber sie war zu sauer, um ihm zuzuhören. »Ashoka Mistry, auf der Stelle entschuldigst du dich bei deinem Onkel!«
Ash blickte in den Rückspiegel und sah, dass Anita ihn mit fest zusammengepressten Lippen anstarrte.
»Wird’s bald?«, keifte sie.
In Ash brodelte die Wut hoch und sirrte in seinem Kopf – er war wütend auf sie, wütend auf sich selbst. Er hatte geglaubt, dass er sterben müsse, erst als er von der Steinplatte begraben wurde, dann als ihn Savages Belegschaft einkreiste. Und selbst jetzt hatte er ein ganz und gar übles Gefühl im Magen, als würde sich etwas Furchtbares anbahnen.
»Na schön«, sagte seine Tante. »Ich zähle jetzt bis drei und wenn du dich dann nicht entschuldigst, bekommst du bis zum Ende des Urlaubs Hausarrest – und zwar ohne Internet oder Videospiele. Hast du mich verstanden?«
Ash wusste, dass er sich unfair verhielt. Sein Onkel war ein guter Kerl, der sein Bestes tat. Trotzdem bekam Ash den Mund nicht auf.
»Eins …«
Kaum wahrnehmbar unter dem Heulen des Windes und dem gleichmäßigen Dröhnen des Mercedes drang Maschinenlärm an Ashs Ohr. Er lehnte sich zum Beifahrerfenster und starrte nach draußen.
»Zwei …«
Im Seitenspiegel sah Ash etwas Metallenes aufblitzen und schaute näher hin. War das ein anderes Auto?
»Pass auf!«, schrie er, als hinter ihnen Scheinwerfer aufflammten und das Innere des Mercedes mit grellem, blendendem Weiß fluteten. Dann rammte das fremde Fahrzeug sie von hinten und schleuderte sie vorwärts. Ihr Auto geriet heftig ins Schlingern, während in Ashs Ohren das Krachen und Kreischen von Metall und Luckys Schreie explodierten. Dann erhaschte er einen Blick auf ihren Angreifer – es war ein weißer Humvee. Einer von Savages Wagen.
Der
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