Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
das nicht längst? Ist das nicht der Grund, weshalb ihr euch hier versteckt?«
Ash zerfetzte das Plakat. Sie saßen in der Falle. Die ganze Stadt suchte nach ihnen. Und was war mit dem Lalgur? Er fragte sich, ob es hier nicht auch Verräter geben könnte, die sich gerne leichtes Geld verdient hätten.
Ash stand auf und lief zum Ausgang. Schnell war John ihm auf den Fersen.
»Was ist denn los?«, fragte der kleine Inder.
»Einfach alles«, stöhnte Ash. »Aber immerhin kann es kaum noch schlimmer werden.«
In diesem Augenblick marschierte Ujba, begleitet von Hakim, quer durch den Raum und warf zwei Schwerter auf den Boden.
»Für den Rest des Tages ist Waffentraining angesagt«, bestimmte der Guru und wandte sich Ash zu. »Hakim und der Engländer, ihr fangt an.«
John klopfte Ash auf den Rücken. »Doch, ich schätze schon.«
Kapitel 15
»Huldigt Kali«, sagte Ujba jeden Morgen, wenn die Jungen sich in der Trainingskammer versammelten. Ash betrachtete die schwarze, grauenhafte Statue in der Ecke. Während er das Ritual absolvierte, eine ausgeklügelte Abfolge von hohen Tritten, weiten Ausfallschritten, Schlägen und Sprüngen, ließ er sie keine Sekunde aus den Augen. Gefiel es ihr, wie viel präziser seine Bewegungen waren im Vergleich zum Beginn seiner Zeit hier im Lalgur? Wie viel schlanker er war? Das endlose Training und die schlichte Ernährung hatten zur Folge, dass Ashs Babyspeck ausgeschwitzt wurde und er sich körperlich wie geistig veränderte. Sein Kopf war klarer, seine Reaktionen schneller, seine Glieder flinker und unter seiner dunklen Haut zeichneten sich allmählich harte Muskeln ab. Um Gewicht zu verlieren, musste er nur weniger essen und sich bewegen. Wer hätte das gedacht?
Drei Wochen waren sie jetzt hier und noch immer hatte sich an ihrem Tagesablauf nichts geändert. Und immer noch waren sie im Lalgur gefangen.
Von Rishi gab es keine Neuigkeiten. War er überhaupt noch am Leben? Ash blieb nichts anderes übrig, als zu warten und zu kämpfen.
Kurz vor der Morgendämmerung fand Ash sich zum Frühstück ein, das einmal mehr aus kalten Linsen und Reis bestand. Die Kinder bückten sich zu den riesigen Eisentöpfen hinunter und setzten Ellbogen, Knie und Haareraufen ein, um mit ihren Schüsseln die Ersten am Essen zu sein.
Ujba war nirgends zu sehen. Der einzige Erwachsene war eine alte Frau, die für das Kochen zuständig war. Sie kauerte über einem kleinen Feuer und rollte Teig zu dünnen, flachen Scheiben aus, bevor sie sie in ihre Pfanne warf. Nach wenigen Sekunden ging der Teig zu einem Chapati auf, das sie auf den Stapel zu den übrigen legte.
John huschte mit einem Teekessel aus Eisen ständig in die Küche und wieder heraus. Es gab nur eine Handvoll Tassen, also reichte man sie von Mund zu Mund weiter.
Ash holte sich zwei Schalen mit Reis, fügte je einen großen Schöpflöffel Linsen dazu und marschierte damit in eine Ecke, wo er eine der Schüsseln Lucky reichte.
»Geht’s dir gut?«, fragte er.
Lucky nickte, aber Ash konnte sehen, dass der Kampfgeist in ihr langsam erlosch. Gehorsam lernte sie mit den anderen Heilern, doch ihre Augen waren müde und leer. Er nahm sie in den Arm.
»Wir kommen schon noch nach Hause, Lucks, wart’s ab.«
»Okay, Ash.« Sie klang nicht wirklich überzeugt.
John stieß Ash an. »Schau mal, wer da kommt«, zischte er, bevor er sich zu einer Gruppe anderer Kinder gesellte.
Parvati deutete auf den leeren Sitzplatz am Boden neben Ash. »Darf ich?«
»Fühl dich wie zu Hause.«
Ash knautschte die Mischung aus Reis und Linsen zu einer Art Ball zusammen und steckte ihn in den Mund. Mit zitternden Händen bot eins der anderen Kinder Parvati eine gefüllte Schale an, doch sie winkte ab.
»Keinen Hunger?«, fragte Ash.
Parvati legte lächelnd den Finger auf die Lippen.
Ash lauschte. Da: ein Geräusch, ein Kratzen.
Blitzschnell sauste Parvatis Hand vor und ein überraschtes Quieken wurde laut. Dann zog sie eine zappelnde Ratte aus einem Mauerriss. Das braune Nagetier wand sich strampelnd in ihrem Griff und sie packte noch fester zu. Schlotternd vor Angst bäumte sich die Ratte auf, während Parvati sie am Schwanz über ihren Kopf hielt.
»Nein, d…du wirst doch nicht …«, stammelte Ash.
»Oh doch, genau das«, sagte Parvati und öffnete den Mund.
Die Ratte starrte wie betäubt in ihre Augen. Erst als ihr Kopf in Parvatis Mund tauchte, schlug sie wild mit dem Schwanz und fuhrwerkte mit den kleinen Krallen in der Luft herum. Parvatis
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