Ash Mistry und der Dämonenfürst (German Edition)
einen Dreizehnjährigen. Hier tobte ein Krieg zwischen Göttern und Monstern. Kinder wie er hatten dabei nichts verloren.
»Tut mir leid, Parvati«, flüsterte er. Er hatte mit seiner Mutter eine Abmachung getroffen und seine Entscheidung stand fest. Sein Job war es, Lucky und sich zurück nach London zu bringen. Zurück zu ihren Eltern. Dorthin zurück, wo sie hingehörten.
Ash stand auf. In einer perfekten Welt wäre er ein Held, der loszog, um Savage zu bekämpfen und Rache zu üben. Aber diese Welt war nicht perfekt. Und er war kein Held.
Heute Nacht würden er und Lucky sich aus dem Lalgur schleichen. Sie würden Dad finden und zurück nach England fliegen. Sie würden Indien, Savage und Parvati hinter sich lassen. Alles würden sie hinter sich lassen.
Für immer.
Kapitel 17
»Ihr habt fünf Minuten«, sagte John. »Rajiv hat Türdienst, aber ich habe ihm gesagt, dass ich für ihn einspringe, während er sich heimlich mit Padmi trifft.«
»Dann los, Lucks.«
John ging als Erster zum Eingangstor, dann folgten Lucky und Ash. Es war ein Uhr nachts und so ziemlich jeder im Lalgur schlief. Die Tür zu einem der größeren Zimmer, in dem ein ganzer Haufen Kinder auf dünnen Matratzen über den gesamten Boden verstreut schlummerte, stand offen. In der Ecke drehte sich knarzend ein alter, rostiger Ventilator. Wenn die Kids da drinnen davon nicht geweckt wurden, dann sicher auch nicht von Ash, der auf leisen Sohlen an ihnen vorbeischlich. Doch in einem Haus mit rund fünfzig Menschen bestand immer das Risiko, dass jemand zur Toilette wanderte oder in die Küche trottete, um sich einen Mitternachtsimbiss zu gönnen.
Neben der Haustür lag eine Matte, auf der eine halb volle Schüssel mit einfachem Reis stand. Abgesehen davon war der kleine Vorraum leer.
Ash zog den schweren Eisenriegel zurück, wobei das Metall ein durchdringendes Quietschen von sich gab. Erschrocken hielt er inne.
»Sei leise!«, zischte Lucky und schlug ihm auf den Arm. »Warum haust du nicht gleich auf einen riesigen Gong und schreist allen zu, dass wir türmen?«
»Tut mir leid.«
Ängstlich lauschten sie in die Nacht hinein, die Ohren nach dem Schlurfen von Füßen über Steinplatten gespitzt, und rechneten damit, dass jede Sekunde Rajiv – oder schlimmer noch, Ujba – auftauchen würde.
Aber nichts geschah. Mit angehaltenem Atem zog Ash erneut an dem Riegel und kreischend schabte das Metall über den Stein, bis die Tür schließlich mit einem letzten Protestschrei aufschwang.
Ash atmete tief ein. Die Luft, die vom Ganges aufstieg und von einer sanften Brise zu ihm geweht wurde, war frisch und kühl. Der Himmel war klar, doch der Weg, den John ihnen erklärt hatte, würde sie durch Seitengassen führen, wo sie vor dem hellen Auge des Mondes verborgen waren.
»Willst du mitkommen?«, fragte Ash seinen Freund.
John zuckte mit den Schultern. »Und dann? Das hier ist mein Zuhause.« Er lächelte. Irgendwie war das ein trauriger Augenblick. »Leb wohl, Engländer.«
»Du wirst Ärger kriegen, das weißt du.«
»Mag sein, aber es wird noch mehr Ärger geben, wenn sie uns hier zusammen erwischen.«
Lucky schlang die Arme um John. »Danke«, hauchte sie mit Tränen in den Augen.
»Soll ich Parvati noch was von dir ausrichten?«, fragte John noch.
Ash grinste. »Drück ihr einen gewaltigen Kuss auf die Lippen und halt dich nicht zurück.«
»Wenn ich das mache, reißt sie mir den Kopf ab.«
Ash drückte den kleinen Jungen zum Abschied. »Danke, Kumpel. Du hast was gut bei mir.«
Ash wollte John noch sagen, dass er ein guter Freund war, der beste. Der Junge nahm ein wirklich riesiges Risiko auf sich, indem er ihnen bei der Flucht half. Wenn man ihr Verschwinden bemerkte, würde es eine unsanfte Strafe setzen. John hatte mehr als nur ein Danke verdient, immerhin rettete er ihnen das Leben. Doch noch bevor Ash ansetzen konnte, schloss sich zwischen ihnen die Tür und das bisschen Licht, das zuvor aus dem Haus nach draußen in die Gasse gesickert war, war fort.
Er griff nach Luckys Hand. Auch wenn die vergangenen Wochen hart gewesen waren, war das Lalgur etwas Besonderes. Es hatte ihn verändert. Das einfache Essen, das harte, brutale Training – das alles hatte ihn auf wundersame Weise beeinflusst. Er war scharfsinniger und stärker als je zuvor. Er fühlte sich … wach. Indien hatte ihn aufgeweckt.
Lucky drückte seine Hand.
»Dad wartet auf uns«, sagte sie.
Varanasi schlief niemals wirklich. Obwohl die Dämmerung noch Stunden
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