Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
antreten, verzehren sie es. Es bringt Glück.«
»Nicht für den Tiger.«
»Ganz ruhig. Es ist nur Rohrzucker.« Ash legte sich den Brocken auf die Zunge und schluckte. Die Süße würde vielleicht dabei helfen, das Gebräu herunterzuwürgen.
Er hob die Schale an die Lippen. »Wie lange wirkt das Soma?«
»Wenn es wie geplant seine Wirkung entfaltet, öffnet es hier eine Tür.« Ujba tippte sich in die Mitte der Stirn. »Das innere Auge. Danach kann die Tür nie wieder geschlossen werden.«
»Und wenn es nicht wie geplant funktioniert?«
»Tod, wenn du Glück hast. Wahnsinn, wenn du Pech hast. Vielleicht wird dein Geist unter dem Wissen Kalis zerbröckeln und du wirst den Rest deines Lebens im Koma oder als sabbernder Schwachsinniger verbringen.«
»Klingt immer besser.«
Ash schloss die Augen und schluckte hastig, bis er die Schale in drei Zügen geleert hatte. Die Flüssigkeit brannte in seiner Kehle, wie das eine Mal, als er den Whiskey seines Vaters gekostet hatte. Doch als er die Schale wieder abstellte, fand er, dass es gar nicht so übel gewesen war, wie er befürchtet hatte.
»Bitter«, stellte er fest. Aber das war auch alles.
Nur war sein Mund trocken, sehr trocken.
Ujba beugte sich zu ihm.
Ash schlotterte. Er fühlte sich, als hätte ein kalter Winterwind ihn erfasst. Die eisige Luft schnitt in seine Haut. Dann fuhr ihm ein scharfer Schmerz in den Magen, wühlte darin und verknotete ihn. Ash fiel vornüber, als ein Krampf ihn schüttelte.
Ujba verschwamm vor seinen Augen. Ash streckte die Hand nach ihm aus, doch seine Bewegungen waren träge. Der Schmerz wurde immer schlimmer, breitete sich von seinem Magen bis in seine Glieder aus. Das Blut in seinen Adern schien zu kochen.
Ash spuckte aus und starrte entgeistert auf die blutige Spucke auf dem Steinboden. Seine Augen waren heiß und angeschwollen, ein Film aus Tränen legte sich darüber.
»Hilfe«, wisperte Ash. Dann wurde er von einem weiteren Krampfanfall gepackt, begleitet von solchen Qualen, dass er sich unter den Schmerzen wand. Das Blut, das durch seine Adern strömte, war ohrenbetäubend laut und jeder Herzschlag erschütterte seinen Körper bis ins Mark.
Ujba blickte zur Statue. »Nimm mein Opfer an, Kali.«
Als Ash Luft holen wollte, strömte nur ein leises Zischen durch seine Lippen. Noch während er Ujba anblickte, vernebelte sich seine Sicht. Dann hörte alles auf zu sein, als er den letzten Atemzug machte.
Kapitel 33
Ash schreitet auf das Flackern in der Dunkelheit zu. Er kommt an den verschwommenen Silhouetten anderer vorbei, Körper, die bloße Mäntel für eine einzige Seele sind, die immer und immer wiederkehrt, um in den Krieg zu ziehen. Sie greifen nach ihm, die Berührung der Phantome ist gleichzeitig tröstend und voller Verzweiflung. Vor ihm leuchtet eine Gestalt, ein Wesen, das mehr ist als menschlich. Es ist das Licht dieses Wesens, das all die anderen Schatten wirft.
Der Ewige Krieger.
Er hat keine feste Form – nur Fleisch hat eine feste Form, er aber hat schon so viele Körper getragen. Ash ist nur einer davon.
Ash tritt in das Licht, direkt neben das Wesen. Es bemerkt ihn, Bewegung kommt in die Flammen und sie nehmen einen vagen, menschlichen Umriss an. Die Gestalt blickt auf ihn herab. Sie weiß, was Ash will.
Ash sieht sich um. Auch andere sind hier, Geister der Vergangenheit, die wie grauer Nebel umherwabern.
»Wer sind sie?«, fragt Ash. Manche tragen Rüstungen aus Bronze und schwere dunkelrote Umhänge über den Schultern. Andere sind in Juwelen und Seide gehüllt, wieder andere in Lumpen oder vollkommen fremdartige Kleidung. Sie stammen aus allen Ländern und Epochen. Sie sind Afrikaner, Inder, Mongolen, Kaukasier, Männer, Frauen, jung, alt. Der Ewige Krieger gehört allen Völkern an, allen Zeitaltern. Ein Mann, alt und mit weißem Haar, hat die runden, flachen Gesichtszüge der Inuit. Der Blick, den er Ash zuwirft, ist voll unendlicher Traurigkeit.
»Sie sind wir«, antwortet die brennende Seele. »Und hier, um dich zu begrüßen.«
Alle? Die Menge der Versammelten erstreckt sich bis zum Horizont, vielleicht sogar weiter. Ash zögert. »Ich … wusste nicht, dass es so viele sind.«
»Viele, und doch nur einer.«
»Nein. Ich kann das nicht.«
»Sie kommt.«
Ash wendet sich dem Scheiterhaufen zu. Lautlos züngeln blaue Flammen empor. Er sieht, dass in den Flammen ein Körper liegt. »Nein. Das kann nicht sein.«
»Dein altes Ich, bereit, verbrannt zu werden«, sagt seine Seele.
Ash
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