Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
großzügig ist und du unterwürfig, dann wird sie dir den Pfad zu all diesen Erinnerungen und Fähigkeiten eröffnen. Wenn du Angst hast, wirst du aus dem Mut Ramas schöpfen können. Wenn du verwirrt bist, kannst du dir Ashokas Weisheit zu eigen machen. Überlege nur, wie es wäre, alle Kriegskünste zu beherrschen, alle Kampfsportarten, den Umgang mit jeder beliebigen Waffe.«
»Irgendwie habe ich den Eindruck, dass gleich das dicke ABER kommt.«
Zum allerersten Mal lächelte Ujba. Ash konnte es kaum glauben. Es war kein nettes Lächeln – viel zu grob, um als herzlich zu gelten –, doch seine Lippen bogen sich nach oben und einige seiner Zähne blitzten hervor. Technisch betrachtet lächelte Ujba also. »Ganz recht. Denn mit so vielen Leben, so vielen Persönlichkeiten, die dir alle Rat geben, Anforderungen stellen, versuchen, dich zu beherrschen, wird deine Willensstärke deine einzige Verteidigung sein. Sobald du zweifelst, und wenn es auch nur kurz ist, wird deine eigene Persönlichkeit im Meer aller anderen untergehen. Vielleicht sogar für immer – und wer kann voraussagen, wer die Kontrolle an sich reißt?«
»Na super!«
»Doch die Vorteile überwiegen das Risiko. Die Zeit erstreckt sich ebenso vorwärts wie rückwärts. Du wirst das Gespinst der Zukunft sehen, begreifen, wie ein Ding das andere beeinflusst. Kurze Einblicke erlangen in das, was noch kommt. Wenn du sie verstehen kannst, wird man dich in der Tat für weise halten.«
Die Zukunft sehen? Das klang nicht schlecht. »Dann lass uns die ganze Sache hinter uns bringen.«
Ujba trat an sein Arzneikästchen. Die folgenden Minuten sah Ash zu, wie er im schummrigen Licht der Kerzen verschiedene Zutaten miteinander vermengte. In einer kleinen Silberschale zermahlte er Blätter zu einem feinen schwarzen Pulver. Schweigend verrichtete er seine Arbeit und murmelte nur hin und wieder ein Mantra vor sich hin. Ash bemühte sich, ruhig zu bleiben, doch die Ungeduld war stärker. Er wollte einfach nur dieses Mittel und dann hier raus, um Savage zu verfolgen.
Ujba strich mit der Rasierklinge über den Rand der Schale und brachte das Metall zum Klingen. Dann blickte er Ash an. »Blut«, sagte er.
Ash gab ihm seine Hand. Kurz darauf war ein kleiner Schnitt darin, aus dem Ash einige Tropfen in die Schale fallen ließ. Ujba rührte alles um, während Ash ein Stück Stoff um den Schnitt wickelte.
»Was genau ist in Soma eigentlich drin?«, wollte Ash wissen.
»Am besten, du weißt es nicht.«
»Und was wird mit mir passieren, wenn ich das trinke?«
»Es ist giftig, also wirst du wahrscheinlich sterben. Zumindest für eine Weile.«
Ash roch an dem Zeug. Gestank war gar kein Ausdruck! Er bezweifelte, ob er diese Pampe herunterbekommen würde – und falls doch, bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es ihm sofort wieder hochkam. »Hast du nichts mit ein bisschen weniger … tödlichem Vollfett-Aroma? Diät-Soma oder so was in der Art?«
»Du bist der Kali-Aastra. Er wird dich beschützen. Das Soma wird dir Kali zeigen.«
»Und was, wenn Kali mich nicht leiden kann?«
»Dann wird sie deine Seele verschlingen.«
»Mann, du verstehst es echt, einem die Sache schmackhaft zu machen …«, meinte Ash stöhnend.
»Willst du Savage besiegen oder nicht?«, fragte Ujba. »Hast du denn gedacht, dass es leicht werden würde? Dass Kali dir einfach ihren Segen schenkt, nur weil du sie darum gebeten hast? Götter wollen Opfergaben. Sie wollen bezahlt werden, wie alle anderen auch. Nichts ist umsonst in dieser Welt – oder einer anderen.« Er griff nach dem Soma und nahm es an sich. »Ich dachte, wir wären uns einig. Aber ich habe verstanden. Wenn du das nächste Mal über dem Leichnam eines Freundes heulst, dann denk daran: Ich hätte dir helfen können.«
Ash betrachtete den Mann, dann die Schale. Er wollte dieses Gebräu nicht trinken. Nicht nur, weil es ihn vermutlich umbringen würde – danach würde es kein Zurück geben. Was das Soma aus ihm machen würde, konnte er nicht mit Sicherheit sagen, aber er hatte das Gefühl, »blutdürstiges Monster« käme ganz gut hin.
Doch was, wenn er erneut auf Savage traf und genauso phänomenal versagte wie beim letzten Mal? Würde Savage Parvati töten? Wie viele seiner Freunde würden ihr Leben verlieren?
»Gib es mir«, forderte Ash.
Lächelnd reichte Ujba ihm einen kleinen braunen Klumpen. »Zuerst muss du das essen.«
»Und was ist das?«
» Goor. Das Fleisch des Tigers. Bevor die Thugs ihre Reisen
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