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Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarwat Chadda
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Aufmerksamkeit. Von einem niedrigen Balken hing ein gelber Schal, aufgespießt mit einem Katar. Ash packte zu und rüttelte an dem Faustdolch, bis er ihn freibekam. Dann nahm er auch den Schal an sich und wickelte die Waffe darin ein.
    Plötzlich schoss ein stechender Schmerz in seinen Magen und Ash stöhnte auf, als schwarze Punkte vor seinen Augen tanzten. Er stützte sich an einer Steinsäule ab.
    Unter seiner Hand bildete sich ein Netz aus Rissen. Ash ließ die Säule los. Er hatte einen zentimetertiefen Abdruck hinterlassen. Ash folgte einem der Risse den weißen Marmor hinab. Er war fein wie ein Haar.
    Ash legte einen Finger auf die dünne Linie. Und drückte.
    Der Marmor splitterte. Ash drückte fester.
    Die Säule zitterte, während sich auf ganzer Länge zackige Brocken aus ihr lösten. Das Dach fing an zu ächzen.
    Ash hörte auf. Schnell zog er die Hand zurück, um dann mit Wucht gegen die Säule zu schlagen. Sie explodierte in eine Million weiße Marmorteilchen, die wie Pistolenkugeln die Wände durchlöcherten. Als Ash den Kopf hob, sah er, dass die Decke sich bereits wölbte, weil die Balken splitterten. Er gab Fersengeld.
    Erst als er die Hälfte der Gasse hinter sich gebracht hatte, drehte er sich um und beobachtete das Schauspiel. Unter lautem Getöse krachte das Dach des alten Tempels Stück für Stück ein. Das Gebälk und die Stützpfeiler gaben nach und knickten um. Der alte Putz platzte von den Wänden und tauchte alles in weiße Staubwolken. Dann kippte das Dach mit einem dumpfen Knacken nach innen weg.
    Der diesige Morgenhimmel war in einen Hauch von Rosa getaucht und keine einzige Wolke war in Sicht. Ein leichter, kühler Nebel schwebte über den Straßen und Gassen. Auf den Dächern zwitscherten Vögel, geweckt vom Leuchten der aufgehenden Sonne.
    Ash blickte sich um.
    Er spürte die brüchigen Steine in den Mauern, die Risse in den Türen und die Sprünge in den Wasserrohren. Als ein Taxi an ihm vorbeifuhr und an der nächsten Kreuzung anhielt, schwang Ashs Körper im Gleichklang mit dem Tuckern und Spucken des Motors. Er hörte das Zischen, das aus einem winzigen Loch im Kühler drang, und fühlte, wie die abgefahrenen, ausgemergelten Reifen über die kleinen Steine holperten.
    Er betrachtete den Fahrer, der den Rauch einer Zigarette aus dem offenen Fenster blies. Ash schmeckte in seinem Atem den Teer, der die Lunge des Mannes erfüllte.
    All das waren Zeichen von Tod und Verfall. Ash konnte spüren, wie die Welt um ihn herum verrottete. Um sie zum Einsturz zu bringen, musste er sie nur ein wenig anstupsen. Die Mauer. Die Tür. Das Auto. Den Mann. Als Ash sich auf den Fahrer konzentrierte, bildete sich ein Strahl von Hitze in der Mitte seiner Stirn.
    Der Fahrer holt eine rote Packung Zigaretten aus seiner Hemdtasche und zündet sich eine an. Er legt den Gang ein, rollt ein Stück vor und sucht nach einer Lücke im Verkehr. Er schreit, als die Zigarette seine Hand verbrennt. Er schüttelt sie aus und übersieht den gelben Bus, der warnend seine Hupe erschallen lässt, die im Lärm der Stadt jedoch völlig untergeht. Entsetzt blickt der Mann auf –
    Ash blinzelte. Was war eben geschehen? Er starrte auf das Taxi, doch es hatte sich nicht einmal bewegt. Dann warf er einen Blick die Querstraße hinab und entdeckte einen gelben Bus, der noch einen halben Kilometer entfernt war. Und der Taxifahrer rauchte nicht einmal mehr.
    Dann griff der Mann in seine Brusttasche und zog ein Päckchen Zigaretten hervor. Die Packung war rot.
    Ashs Herzschlag beschleunigte sich. Er wusste genau, was als Nächstes passieren würde. Der Fahrer würde die Zigarette anzünden und anfahren! Der gelbe Bus kam näher.
    Der Mann steckte sich seine Zigarette an und schaltete, woraufhin sich sein Taxi ruckelnd und Rauch spuckend auf die Kreuzung zuschob. Ein scheinbar unablässiger Strom an Rikschas, Autos und Fahrrädern kreuzte seinen Weg. Locker hielt der Taxifahrer die Zigarette aus dem Seitenfenster, während er nach einer Lücke im Verkehr Ausschau hielt.
    Ash wartete. Jede Sekunde würde die Asche der Zigarette dem Fahrer die Hand versengen.
    Der Fahrer verzog vor Schmerz das Gesicht, schüttelte die Hand aus und ließ die Zigarette fallen. Dabei rollte sein Wagen mitten auf die Kreuzung.
    Ash behielt den Bus im Auge, der immer näher kam. Es war, als würde er sich die Wiederholung eines Films ansehen. Jede Sekunde war identisch mit der, die er eben vor seinem inneren Auge beobachtet hatte. Die Zukunft lag vor

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