Asharas Rückkehr - 19
war beunruhigt und befürchtete, sie könnte jeden Augenblick hinüberstürzen und in das trügerische Gebäude marschieren. »Wenn du hineingingst, könnten wir dir wahrscheinlich nicht folgen, Marguerida.«
»Du machst mir Angst, Onkel Jeff, du hörst dich an, als würdest du von Märchen oder Elfenhügeln oder so etwas sprechen.« Sie ritten weiter, und Jeff antwortete nicht sofort auf ihre Bemerkung. »Das ist kein schlechter Vergleich«, sagte er bedächtig. Sie entfernten sich nun auf ihrem Pfad vom Hali-See. »Ich habe lange nicht mehr an Elfenhügel gedacht - als junger Mann auf Terra habe ich die Geschichten geliebt. Die Kerwins sind alter irischer Abstammung, und die Mutter meines Adoptivvaters verfügte über einen reichen Schatz an Geschichten -über Oisin und Fionn MacCool und König Artur, den die Briten angeblich den Iren gestohlen haben, wie sie hartnäckig behauptete. Erinnert mich sehr daran.«
Das gleichmäßige Murmeln des alten Mannes beruhigte Margaret, und ihre Ängste begannen zu schwinden. Sie kannte einige der Geschichten, die er erwähnt hatte, denn anscheinend brachten Menschen überall dort, wo sie siedelten, die Geschichten anderer Rassen mit, von Feen und Elfen und Zwergen, und diese Gestalten lebten oft an Orten, wo die Zeit irgendwie anders geartet war. Margaret drehte sich im Sattel um und blickte zurück. Der Turm war verschwunden, als wäre er nie da gewesen. Alles, was sie sah, waren die Ruinen der Grundmauern, nicht weiß, wie sie den Turm gesehen hatte, sondern geschwärzt, als hätte der Blitz in sie geschlagen. Es war nicht die verrückteste Sache, die ihr seit ihrer Ankunft auf Darkover widerfahren war, aber sicher eine der beunruhigendsten.
»Jetzt ist er weg«, sagte sie mit tiefem Bedauern. »Als wäre er nie gewesen. Aber ich habe ein sehr merkwürdiges Gefühl, was diesen Ort angeht.«
»Und wie sieht das aus?«, fragte Jeff widerwillig.
»Ich kann es nicht genau sagen - außer, dass ich glaube, eines Tages tatsächlich an die Tür von Hali zu klopfen. Was meinst du, warum ich den Turm sehe und du nicht?« Obwohl das Ding jetzt nicht mehr da war, fühlte Margaret einen gewaltigen Zug, ein Ziehen in ihrer Brust. Sie fragte sich, ob sie Ashara dort finden würde, eine Frau, die immer noch aus Fleisch und Blut bestand … oder nur sich selbst, allein in einem leeren Raum.
»Du hast eine große Portion von der Aldaran-Gabe, Marguerida, du kannst Dinge vorhersehen.«
»Ich weiß - und ich wünschte, ich könnte es nicht. Aber da geht es um die Zukunft. Ich habe in die Vergangenheit geschaut! Das ist etwas völlig anderes.«
»Ich habe mich nie für Metaphysik interessiert, deshalb kann ich nur raten.« Er dachte einen Augenblick nach. »Nur
weil wir uns die Zeit als Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft denken, ist noch lange nicht gesagt, dass die Zeit auch in solchen Begriffen denkt. Aber du machst hoffentlich keine Dummheiten, Marguerida, etwa dass du vom Pferd springst und dort hinüberläufst, oder?«
»Nein. Ich glaube, Abenteuer habe ich genug gehabt, auch ohne in Geistertürme zu gehen. Aber für jemanden, der vorgibt, kein Metaphysiker zu sein, hast du ein recht gutes Verständnis von der Sache.« Sie lachte, obwohl ihr nicht danach zu Mute war. »Zeit als eine vom Standpunkt des Betrachters abhängige Realität ist eine Angelegenheit, die einen in den Wahnsinn treiben kann - ich habe mich an der Universität ein bisschen damit befasst. Hat irgendein Aldaran je in die Vergangenheit geschaut?«
»Jetzt, wo ich darüber nachdenke, fällt mir ein Vorkommnis ein.« Er hörte auf zu sprechen und blickte sie sorgenvoll an.
»Und hast du vor, es mir zu erzählen, oder willst du mich vor Spannung umkommen lassen?« Sie neckte ihn, weil sie seine Stimmung auflockern wollte. Dann betrachtete sie ihren Vater, der ein paar Längen vor ihr ritt und mit Mikhail sprach. Sie fragte sich, ob sie je in der Lage sein würde, mit Lew Alton in dieser Weise zu scherzen, so wie sie es mit Ivor gekonnt hatte und mit Mikhail bereits tat. Sie wünschte es sich, denn es war eine einfache Methode, Zuneigung auszudrücken.
Sie waren sich während der Zeit in Armida näher gekommen, aber lebenslange Gewohnheit ließ sie immer noch irgendwie steif und distanziert miteinander umgehen. Lew war bisweilen geradezu fröhlich, dann verfiel er wieder in sein bekanntes, brütendes Schweigen. Margaret wusste, er machte sich Sorgen um Dio, und es erzürnte sie, dass er mit ihr nicht darüber sprechen wollte.
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