Asharas Rückkehr - 19
ließ. Irgendetwas war passiert, etwas so Schreckliches, dass sie es nicht wissen wollte. Aber sie musste es wissen! Es wardringend. Doch ihr Gehirn verweigerte die Mitarbeit.
Hände halfen ihr, sich aufzusetzen, zärtliche Hände, schwielige, von Arbeit abgenutzte Hände, echte Hände von echten Menschen. Eine Tasse mit starkem, aromatischem Tee wurde ihr an die Lippen gehalten. Sie war so durstig! Sie schluckte und verbrannte sich leicht die Zunge. Der Tee enthielt reichlich Honig, er war heiß und süß. Sie trank gierig, dann hustete sie prustend, weil ihr ein Tropfen in die falsche Kehle geraten war. Die fürchterliche Schwäche verließ ihren Körper allmählich, und sie leerte die Tasse mit langen, wenig anmutigen Zügen. Der Zucker wirkte auf ihren Blutkreislauf wie eine Droge, und die Erinnerung flutete zurück.
Ivor! Mit Ii>or stimmt etwas nicht! Die Gewissheit, mit der sie das wusste, machte ihr Angst. Sie konnte nicht sagen, woher sie es wusste, aber diesmal versuchte sie nicht, sich einzureden, dass nur ihre Phantasie am Werk war. Dafür war alles zu real. Ihre Zähne klapperten gegen den Rand der leeren Tasse, und sie zitterte am ganzen Leib.
Margaret widerstand dem Drang, von der festen Platte des langen Schneidetisches zu springen und zur Musikstraße zurückzulaufen. Nur die absolute Gewissheit, dass ihre Beine beim ersten Schritt nachgeben würden, ließ sie noch ein paar Minuten bleiben, wo sie war, und so langsam wie möglich atmen. Die Disziplin ihrer akademischen Ausbildung setzte sich durch, und langsam verging die Benommenheit, und ein wenig Kraft kehrte in ihre Glieder zurück.
»Bitte - ich muss sofort gehen!«
»Aber Sie sind krank, Domna.« Das war Manuella, deren Gesichtszüge vor Sorge ganz zerfurcht waren. Selbst in ihrem Gefühlsaufruhr bemerkte Margaret, dass die Sorge echt war, und sie war gerührt. Diese Leute waren Fremde, und doch benahmen sie sich, als läge Margaret ihnen am Herzen. Das berührte eine tiefe Sehnsucht in ihr, eine Wunde, von der sie bis zu diesem Augenblick gar nicht gewusst hatte, dass sie existierte.
Sie biss die Zähne zusammen und schob den Wunsch beiseite, sich einfach in die Freundlichkeit dieser Leute fallen zu lassen. Dann zog sie die Decke von den Beinen und nahm sich zusammen. »Das spielt keine Rolle. Ich muss sofort zum Haus von Meister Everard zurück!« Sie stellte ihre Füße auf den mit Stoffresten bedeckten Boden und torkelte wie ein Betrunkener. »Geremy, Ethan - bringt mich, so schnell ihr könnt, zurück!«
Beide Erwachsenen und die Kinder sahen einander hilflos an. Dann zuckte Aaron die Schultern, als wollte er sagen »Wie Sie meinen«. Margaret richtete sich auf und zog die verhasste Uniformjacke nach unten, die unter den Achseln nach oben gerutscht war. Sie zitterte am ganzen Leib. Es gab eigentlich keinen Grund zur Eile, und tief in ihrem Herzen wusste sie das. Es war bereits zu spät. Aber sie wünschte sich verzweifelt, dass sie Unrecht hätte. Sie hatte einen lebhaften Eindruck von ihrem Taumelflug ins Dunkel, die Erinnerung an eine Hand, die ihr Herz umklammerte. Doch sie wusste, nicht ihr Herz hatte einen Anfall erlitten, sondern Ivors. Sie wünschte, es wäre nur ein Traum, aber sie wusste mit Bestimmtheit, dass es so real war wie die Hände, die ihr nun Hilfe anboten.
Vor dem Laden war das Licht in der Straße rot. Die große, blutrote Sonne war tief über die niedrigen Dächer der Häuser gesunken und warf lange Schatten zwischen sie. Margaret stürmte die Straße entlang, ihre Füße wirbelten, ihre Absätze schlugen hart auf das grobe Pflaster. Sie legte mit ihren langen Beinen ein Tempo vor, dass die beiden Jungen neben ihr bald keuchten. Ihr Puls hämmerte wie die Todestrommeln auf
Vega VI und pochte in ihren Schläfen, bis ihr beinahe übel war. Sie rutschte mit einem Fuß aus, stürzte und fiel auf Knie und Hände. Der Schmerz ließ sie laut aufschreien, und sie fluchte fließender, als sie für möglich gehalten hätte. Die Burschen halfen ihr auf, und Margaret blickte wie aus großer Entfernung auf den Schnitt in einer Handfläche. Sie spürte, wie ihr unter der Uniform etwas warm am Bein hinablief. Ihr feines Haar hatte sich teilweise aus der Schmetterlingsspange gelöst und flatterte ihr ins Gesicht. Sie steckte die Strähnen ungeduldig wieder zurück, wobei sie sich frisches Blut auf die Stirn schmierte, ohne es zu bemerken.
Wo waren sie? Die Straßen kamen ihr endlos vor, verschlungen und verwinkelt im rot glühenden
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