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Asharas Rückkehr - 19

Asharas Rückkehr - 19

Titel: Asharas Rückkehr - 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ich dir gesagt, dass du ein Vater für mich warst in all den Jahren und dass ich für alle Anerkennung im Universum keine Sekunde der Zeit mit dir eintauschen würde?« Margaret ergriff die Hand des alten Mannes und verschränkte ihre fröstelnden Finger in seine kalten. Sie konnte noch den ver
trauten Geruch seines Nachtgewands riechen, den Duft seines Gesichtswassers und das Zeug, das er in sein schütteres Haar gab. Lange stand Margaret da, hielt die kühle Hand in der ihren und dachte an ihre gemeinsamen Jahre und seine vielen Freundlichkeiten. Schließlich ergriff die Einsamkeit von ihr Besitz. Er war tot, und sie würde das Beste daraus machen müssen, wenngleich sie im Augenblick nicht wusste, was das sein sollte. Sie legte seine Hand auf seine Brust, glättete die Laken ein wenig und berührte zärtlich seine faltige Wange. Dann drehte sie sich um. Sie konnte nichts mehr tun. In diesem Moment traf sie die Erschöpfung wie ein Keulenhieb, und ihre Knie gaben nach. Sie taumelte gegen das große Bett und schlug sich das Schienbein so heftig an, dass ihr Sterne vor den Augen tanzten. Verbissen ignorierte sie den Schmerz. Er würde später auch noch da sein. Er würde immer da sein. Sie hatte keine Tränen. Sie war leer, bis auf das Gefühl von Schmerz und Verlust. Anya nahm sie sanft am Arm und führte sie zu Bett.
Wände; hohe Wände türmten sich vor ihr auf. Unter ihren kleinen Füßen waren große Quadrate aus Beton. Margaret fühlte sich so klein, so machtlos. Sie schaute die großen Skulpturen an, die um sie herumstanden. Da war eine lange Tastatur, die sich wie eine Meereswelle neben ihr erhob. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, eine der Tasten zu berühren; und ein leiser Glockenton klang in ihrem Ohr. Er erinnerte sie an etwas, aber sie wusste nicht, an was. Der Klang war der Klang von feinem Kristall, und er ließ sie erzittern.
Ein Bär, rund und massig, tanzte freundlich auf einem Podest. Neben ihm war ein langes Blech, das mit komplizierter Ceti-TriModel-Notenschriß bedeckt war. Margaret wollte sie
entschlüsseln, denn Ccti-Notenschrift funktionierte gleichzeitig als Musik und als Sprache. Es war ein Code, und sie wusste, wie man ihn las, aber was sie sah, ergab keinen Sinn. Sie bewegte sich wie durch eine zähe, unsichtbare Flüssigkeit, langsam und mit Mühe. Sie starrte in die unsichtbare Flüssigkeit, während sie im Kreis in dem Skulpturengarten herumlief und einen Weg nach draußen suchte.
Eine gelbe Sonne, abscheulich für ihre Augen, brannte auf sie hinab, und es wurde dringend notwendig, ihr zu entfliehen. Sie ging an den Wänden entlang, schaute die Steine an und suchte nach einem Ausgang. Zuletzt fand sie eine Tür, die so klein war, dass sie sie zunächst übersehen hatte. So klein sie selbst war, die Tür war noch kleiner, nur wenig mehr als einen Fuß hoch, sie ging ihr kaum bis zum Knie. Sie griff hinunter und drehte an dem kleinen Metallknauf: Die Tür war verschlossen. Sie trommelte mit ihren kleinen Fäusten dagegen, drehte und zerrte, während die Statuen sich über ihre Bemühungen lustig zu machen schienen. Erschöpft lehnte sie ihren Kopf gegen die Tür und weinte. Sie öffnete ihre geschwollenen Augenlider und spürte das Kissen unter ihrem Kopf. Die Bettdecke war feucht. Margaret blinzelte. Es war nicht sehr dunkel im Zimmer. Sie drehte den Kopf zum Fenster und entschied, dass es etwa in der Mitte des Nachmittags sein musste, Ortszeit. Wieso war sie im Bett? Sie hasste es, tagsüber zu schlafen. Danach war sie immer ganz benebelt und schlechter Laune. Wieso hatte sie am helllichten Tag geschlafen? Margaret drehte sich auf den Rücken und sah hinauf zu den reich verzierten Balken über ihr. Die Erinnerung stieg an wie ein Fluss und überflutete ihr Bewusstsein. Der Ohnmachtsanfall im Geschäft, der schreckliche Lauf zurück zu Meister Everards Haus, der Sturz auf dem Kopfsteinpflaster. Sie hob eine Hand und
sah die saubere Mullbinde, die darum gewickelt war. Nein, sie hatte nicht phantasiert. Ivor war tot.
Tränen stiegen ihr erneut in die Augen und liefen ihr als lästiges Rinnsal in die Ohren. Ihre Trauer verhärtete sich zu einer Art Wut, zu dem Gefühl, wieder einmal im Stich gelassen worden zu sein! Sie hatte keine Vorstellung, woher diese Leere in ihr kam, die sie mit einer sinnlosen Wut erfüllte, für die sie kein konkretes Ziel hatte. Sie setzte sich auf und fluchte fließend in mehreren Sprachen, um die Wut mit Worten zu vertreiben, bis sie sich

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