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Asharas Rückkehr - 19

Asharas Rückkehr - 19

Titel: Asharas Rückkehr - 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dem Alter erinnert man sich schon an eine ganze Menge. Nichts? Nicht einmal in Träumen?« »Eigentlich nicht.« Sechs? Da irrte er sich bestimmt. Wie hätte sie sechs Jahre ihres Lebens vergessen können? Margaret war zornig und fühlte sich betrogen. Es war ein alter und bitterer Zorn, und sie wünschte, sie hätte ihn nicht. Er stieg bei den merkwürdigsten Gelegenheiten in ihr auf- wenn Dio zu erklären versuchte, warum sich der Senator ihr gegenüber so komisch benahm, oder wenn sie Fragen stellte und man ihr befahl, still zu sein. »Träume? Natürlich träume ich … wie alle Leute.«
»Wovon?«, fragte er sofort.
»Ach, den üblichen Unsinn«, erwiderte sie gleichgültig. Die paar Monate im Jahr, in denen die drei zusammen waren, wenn der Senator nicht in irgendwelchen Angelegenheiten unterwegs war, hielten sie eine solche Distanz zueinander, dass sie so etwas wie ein Familienleben gar nicht hatten. Seine Frage kam ihr wie eine Verletzung der Privatsphäre vor, die jeder für sich aufgebaut hatte, und sie krümmte sich und wünschte, sie wäre in ihrem Zimmer geblieben. »Symbolische Sachen. Verschlossene Räume. Türen. Wände. Hinter einer Tür ist etwas sehr Kostbares eingesperrt.«
Sein Blick hellte sich auf, als sie das sagte. »Zum Beispiel?« »Ein großer … Edelstein. Spielt es eine Rolle?« Ihr war nicht wohl. »Möglicherweise. Noch etwas?«
»Nein, eigentlich nicht.« Aber da war noch etwas.
Er musste etwas ahnen, denn er sagte, durchaus freundlich: »Erzähl mir davon, Kind.«
»Ach nichts. Manchmal träume ich von einer kleinen Tür, die anscheinend ganz furchtbar ist. Ich weine und schlage an die Tür, aber ich komme nicht hinein. Oder vielleicht nicht hinaus. Das kann man in Träumen nie wissen. Ich bin sehr klein, aber die Tür ist noch kleiner, und dann …« Sie hielt inne, überwältigt von einem Gefühl, das sie nicht benennen konnte. »Dann seid ihr, du und Dio, bei mir, so wie ihr immer seid.« Aber ihr wart nicht da, als ich eingeschlossen wurde! Es war bemerkenswert, wie wütend sie wurde, wenn sie an den Traum dachte. Sie hoffte, er hatte ihre Gedanken nicht gehört - manchmal schien es, als wäre er dazu fähig -, denn sie wollte nicht, dass er erfuhr, wie wütend sie war.
Offenbar hatte er die heftigen Gefühlswallungen, die ihr junges Herz erschütterten, nicht aufgefangen, oder er war schon zu betrunken, um noch etwas zu bemerken. »Komm, setz dich, Marja; hier auf den Boden, so wie früher, als du noch klein warst.«
Einen Augenblick lang war das Angebot verlockend. Sie hatte es als kleines Mädchen sehr gemocht, sich neben ihn vor den Kamin zu kuscheln, aber jetzt kam es ihr lächerlich vor. »Ich bin nicht dein Hündchen.«
»Nein«, erwiderte er, und seine ruhige Stimmung verschwand plötzlich und unerklärlich, wie so oft, wenn er trank. »Du bist eine verteufelte, rothaarige Hexe - genau wie deine Mutter.«
»Das ist eine schöne Art, über deine tote Frau zu sprechen!«, brauste sie auf. Dann schauderte sie. Es war gefährlich, ihn zu reizen, wenn er in dieser Stimmung war.
Der Senator schaute verblüfft. »Marjorie? Wieso glaubst du, dass ich sie gemeint habe? Ich habe sie mehr geliebt, als sich in Worten sagen lässt«, entgegnete er ein wenig freund
liehen »Aber sie war nicht deine richtige Mutter, den Göttern sei’s geklagt.«
»Dio ist die einzige Mutter, die ich je gekannt habe. Aber ich dachte, meine leibliche Mutter wäre deine erste Frau gewesen, auch wenn du nie von ihr gesprochen hast. Ich war einfach der Meinung, du hast sie so sehr geliebt, dass du es nicht konntest.« Die Worte sprudelten nur so aus ihr heraus, auch wenn sie versuchte, sie zurückzuhalten. Margaret wusste, wie gefährlich es war, den Alten zur Rede zu stellen, und sie war überrascht von sich selbst. Seit sie beschlossen hatte, auf die Universität zu gehen, war alles so verwirrend. Er war immer noch nicht glücklich über ihre Wahl, aber er sagte nie, warum.
Manchmal schienen Geheimnisse das luftige Haus wie mit einem Nebel zu erfüllen, mit dem Geruch von uralter Wut und Trauer. Margaret war so daran gewöhnt, dass sie selten Fragen stellte. Sie versuchte, seine Stimmung zu erraten, aber es gelang ihr nicht, sie biss sich auf die Unterlippe und trat von einem Fuß auf den anderen.
»Marjorie?«, sagte er unbedacht. »Nein, deine Mutter war Marjories Schwester, Thyra.«
Margaret bemühte sich, diesen neuen und unerwünschten Brocken an Information zu verdauen. Wer? Sie kannte diesen

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