Asharas Rückkehr - 19
war. Als sie und Ivor sich gerade auf ihre Abreise vorbereitet hatten, hörte sie, dass die Expansionisten zum ersten Mal seit über zwei Jahrzehnten eine Mehrheit in der Regierung der Föderation hatten. Die Nachrichten waren voller Spekulationen darüber gewesen, was das bedeuten konnte, aber sie hatte sich nicht allzu viel damit beschäftigt. Sie wandte ihre Aufmerksamkeit Rates letzter Frage zu, denn sie wusste, es beunruhigte ihn genauso wie sie. »Ich glaube, es war zu schmerzlich für ihn, sich zu erinnern, von seiner Vergangenheit zu sprechen. Der Mann, den Sie kannten, Captain Scott, ist nicht der, den ich kenne. Wer Lew Alton auch war, als er noch hier lebte, er ist es nicht mehr. Ich glaube, am Abend bevor ich zur Universität aufbrach, wollte er mir noch etwas sagen, aber wir hatten nicht die Angewohnheit, uns auszusprechen, und es kam nicht zu Stande. Mein Vater ist heute ein zorniger, verbitterter Mann, der ein bisschen zu viel trinkt und seine Absichten für sich behält. Und da er mich nicht über meine Geschichte unterrichtet hat, nahm ich an, dass es einen guten Grund dafür gibt. Er ist kein sehr leidenschaftlicher Mensch.« »Dann hat er sich aber wirklich verändert. Jedenfalls kam er mir sehr leidenschaftlich vor. Er war meiner Schwester ein liebender Gatte - ich habe nie jemanden gesehen, der so verliebt war. Ich kann nicht glauben, dass du fast nichts mehr weißt. Erinnerst du dich nicht an Marjorie - du siehst ihr ziemlich ähnlich - oder an das Haus der Altons hier in Then-dara oder an irgendwas? Ich war mir sicher…» »Es geht Sie nichts an, woran ich mich erinnere oder nicht.« Sehe ich aus wie Marjorie oder Thyra? Und wenn der Alte sie so innig liebte, wieso hat er dann mit ihrer Schwester geschlafen? Sie verstand es nicht. Sie verstand gar nichts - nicht Ivors Tod, nicht die Unterwürfigkeit der Leute ihr gegenüber oder warum sie plötzlich in einer Angelegenheit, die ihren Geburtsplaneten betraf, so wichtig sein sollte. Warum musste sie ausgerechnet in diesem Lokal essen? Einmal mehr hatte sie den Eindruck, dass er ihre Gedanken hören konnte, denn er sagte: »Dann weißt du also immerhin so viel. Du siehst aus wie du, aber du hast eine starke Familienähnlichkeit zu den ScottSchwestern - zu beiden. Wenn man
uns zusammen in darkovanischer Kleidung sähe, könnte man uns wohl für Vater und Tochter halten.«
»Haben Sie mich deshalb erkannt?«
»Als Erstes ist mir das rote Haar der Comyn aufgefallen und dann der Schwung der Nase, die Gesichtsknochen. Ich habe ein paar Minuten gebraucht, bis ich begriffen habe, dass du meine Nichte sein musst eine Alton. Und da Lew nur eine Tochter hatte, ging ich davon aus, dass du auch eine Scott bist.«
»Sie erzählen mir nicht alles, hab ich Recht?« Sie konnte spüren, dass er etwas zurückhielt.
»Nur ein Narr leert seinen ganzen Sack auf den Tisch.«
Margaret war so verärgert über seine Worte, dass sie sich auf den Randstein setzte und sich weigerte, noch einen Schritt zu gehen. »Und nur ein Narr versucht ein Pferd in den Sack zurückzustopfen, wenn es schon halb draußen ist.«
Er setzte sich neben sie auf den Randstein und legte die Arme um die Knie. Eine Minute lang sagte er nichts, und als er sprach, lag ein Mitgefühl in seiner Stimme, das sie tief berührte. »Was hat dich so argwöhnisch gemacht, Marguerida?«
»Geheimnisse. Die Wände des Waisenhauses und etwas Schreckliches, an das ich mich nicht erinnere.« Die Worte waren ihr entschlüpft, bevor ihr klar war, dass sie mehr gesagt hatte, als sie wollte. Sie saßen Schulter an Schulter, und sie bemerkte zum ersten Mal, dass er ein kleiner Mann war, fast zehn Zentimeter kleiner als sie. Klein und ernst und wahrscheinlich vertrauenswürdig. Der Wind sprang um, zerzauste sein Haar und wehte ihr seinen Geruch in die Nase. Er roch nach terranischen Lederhosen, aber darüber hinaus roch er nach einheimischer Seife und den Gewürzen von darkovanischem Essen. Captain Scott roch richtig, nicht fremd und steril wie die meisten Terraner.
»Wenn du mit mir zur Comyn-Burg kommst, dann glaube
ich, werden wir ein paar Antworten auf deine Fragen finden -und ein paar von diesen Geheimnissen enträtseln.«
»Lesen Sie meine Gedanken?« Das Vertrauen, das sich langsam entwickelt hatte, verschwand wieder.
»Nicht richtig. Ich bin kein sehr fähiger Telepath; mein La-ran reicht gerade aus, um die Gedanken an der Oberfläche aufzuschnappen, zu mehr nicht. Und meine bescheidenen Fähigkeiten liegen im
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