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Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
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Shalott-Stempel aufzudrücken, und machte sich daran, eine Regalfläche rechter Hand des Schreibtisches zu leeren, um sie mit eigenen Notizbüchern und Lucilles Pressemappen zu bestücken.
    Nachdem sie die Bücher aus dem Regal achtlos aufgestapelt hatte, zerrte sie die schwere Bücherkiste aus der Halle in die Bibliothek und begann, die eigenen Schriften, Berichte und Notizen einzuordnen. Lucilles prall gefüllte Alben verstaute sie hastig, ohne einen Blick hineinzuwerfen. In diesen Zeiten von den ruhmreichen Tagen ihrer Schwester zu lesen war unangebracht. Neben Lucilles Pressemappen stellte sie die Journale ihrer Reisen mit Lucille an exotische Orte. Dann ergriff sie einen weiteren Stapel Hefte aus der Kiste. Es waren Lucilles Materialsammlungen. Für jeden Auftrag hatte sie akribisch Informationen und Details gesammelt, hatte fein säuberlich ausgeschnittene Zeitungsartikel, gepresste Blütenblätter und ganze Bücherseiten eingeklebt, Listen mit Charakterdetails geführt oder penible Situationsbeschreibungen und Regieanweisungen angelegt. Das letzte Heft trug die Aufschrift »Chris«. Der Name sagte Laura nichts. Es musste sich um die Materialsammlung handeln, an der ihre Schwester kurz vor ihrem Unfall gearbeitet hatte.
    Gerade, als ihre Neugier geweckt und sie im Begriff war, die Seiten durchzublättern, fiel der Stapel mit Deborah Ashbys Büchern um. Laura erschrak so sehr, dass sie nach Luft ringen musste. Eines der Ashby-Bücher lag geöffnetvor ihr auf dem Parkett. Die Doppelseite erinnerte in ihrem Collage-Charakter stark an Lucilles Hefte, doch hier war etwas eingeklebt, das es in Lucilles Heften nicht gab: eine zartgeflochtene weißblonde Haarsträhne. Darüber ein Name: Lucy Gray. Trotz der Wärme aus dem Kamin begann Laura zu frieren. Lucy Gray. Der Klang dieses Namens löste in ihr ein Déjà-vu aus. Sie blätterte eine Seite weiter und erschrak. Grauen machte sich in ihr breit, als sie den Abdruck einer Kinderhand sah, daneben, in spindeldürrer Handschrift, ein Name: Hindley. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein blassblauer Stofffetzen eingeklebt, bedruckt mit einem Muster aus Segelbooten, Edward, der Name, darunter in Schreibschrift.
    Laura erhob sich, und das Journal glitt von ihrem Schoß. Sie wusste nicht, was sie hier entdeckt hatte, aber eines war klar: Dies war kein Erinnerungsalbum an glückliche Kindertage. Etwas Unheiliges lag darin verborgen. Als sie wie eine Schlafwandlerin die Bibliothek verließ, glitt sie auf einem der persischen Läufer in der Halle in eine dankbare Ohnmacht.
     
    »Miss Shalott, Miss Shalott? Ist alles in Ordnung?«
    Die Stimme kam von weit her. Eine wohlige Wärme stieg in ihr auf. Fast hätte sie sich geborgen gefühlt, da drang die Kälte des Fußbodens in ihre Glieder, und sie erinnerte sich, wo sie war. Ashby House. Land’s End. Sie schlug die Augen auf und blickte in Steerpikes beunruhigtes Gesicht. Aus dieser Nähe erkannte sie die feinen Linien um seine graugrünen, ausdrucksstarken Augen. Er musste in ihrem Alter sein. »Entschuldigung   – ich habe wohl kurz das Bewusstsein verloren.«
    Er legte seine Arme um ihre Taille und half ihr in eine sitzende Position. »Die Erschöpfung?«
    Ihr fiel das Notizbuch ein, und ein scharfer Stich ging durch ihren Schädel. »Vermutlich. Es war alles sehr anstrengend.«
    »Vielleicht sollten Sie sich etwas ausruhen. Ich komme sehr gut voran.«
    »Aber Lucille   …«
    »Ich werde noch einmal nach ihr schauen, wenn Sie möchten.«
    »Sie braucht vermutlich ihre Medikamente.« Obwohl sie die Berührung Steerpikes mehr als genoss, erhob Laura sich langsam vom Boden und strich den Staub von ihrem Rock. Eine Idee rauschte an ihr vorbei ( »zu gemein«) und rauschte dann wieder zurück, sodass sie sich gezwungen sah, sie umzusetzen. »Wenn ich es mir recht überlege   … Sie hat in den letzten Tagen zu wenig gegessen. Vielleicht ist es besser, wenn wir mit den Medikamenten bis morgen warten.«
    »Wie Sie meinen, Miss Shalott. Gibt es noch etwas, das ich für Sie tun kann?«
    Ihr fielen auf Anhieb viele Dinge ein. »Danke, Mister Steerpike. Ich werde mich hinlegen.« Niemals vor der Hochzeit! Niemals mit Bediensteten! Zumindest nicht am Tag des Kennenlernens   …
     
    Sie hatte in Deborah Ashbys Heft geblättert, bis ihr die Augen zugefallen waren. Die anderen Artefakte und Skizzen waren weniger schockierend und riefen nicht das Grauen hervor, das Lucy Grays Haarsträhne in Laura ausgelöst hatte. Den Anfang

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