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Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
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angewiesen, dafür zu sorgen, dass Rose Marsh die Küche möglichst nicht verließ. So blieb selbst das Servieren des Abendessens Steerpike überlassen. Er schnitt das Fleisch eines saftigen Rollbratens auf und bediente die Schwestern Shalott.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Im Dorf, in der Stadt. Keine Sauce für mich, bitte!«
    Steerpike schaute erstaunt, legte dann aber die Kelle zurück neben die Saucière. Laura nahm ihre Low-Carb-Diät sehr ernst, zumindest wenn Hector Slasher nicht anwesend war.
    »Und   – wie gefällt dir das Land? Was hast du für einen Eindruck?«
    »Kalt und vereinsamt. Ich habe kaum Menschen gesehen. Außer Harker, das ist der Assistent deines Anwalts.«
    »Ich kenne den Namen des Assistenten meines Anwalts.«
    »Na, manchmal bin ich mir nicht so sicher, was du in deinem Morphiumnebel noch so mitbekommst.«
    Lucille schwieg und hielt ihr Weinglas empor, auf dass Steerpike nachschenkte.
    »Willst du mich einfach so provozieren oder hast du einen Grund?«
    »Seit wann brauchen wir einen Grund?«
    Die erstaunliche Ehrlichkeit und Authentizität des Gesagten brachte beide für eine Weile zum Verstummen. Die Schwestern widmeten ihre Aufmerksamkeit dem Braten und den nicht minder schmackhaften Beilagen, Rosenkohl und Kartoffel-Birnen-Püree.
    »Weshalb hast du dich eigentlich für Ashby House entschieden, Lucille?«
    »Mir gefiel der Name. Und der Ortsname.« Eine knappe Pause verlieh dem Folgenden Prägnanz: »St. Just.«
    Laura ging auf die Bemerkung nicht ein. »Was weißt du von den Ashbys?«
    »Dass sie das Haus erbaut und hier gelebt haben. Warum willst du das wissen?«
    »Wir schlafen in ihren Betten, sitzen auf ihren Sesseln, essen von ihren Tellern.«
    »Und, Goldlöckchen?« Lucille spießte einen Rosenkohlauf, roch genüsslich daran und schob ihn sich in den wie immer perfekt geschminkten Mund. Sie wusste, wie sehr ihre Schwester das Geräusch von Zähnen auf Metall verabscheute, und gab sich besondere Mühe, es zu erzeugen, als sie die Gabel aus dem Mund zog.
    Laura zuckte zusammen und verzog ihr Gesicht wie vor Schmerz. »Das sind die Gabeln von Toten. Von alten Toten   …«
    »Lang Verstorbene.«
    »Es kommt mir langsam vor, als seien wir mit ihnen begraben.« Nachdem sie sich diese Tatsache vergegenwärtigt hatte, schob Laura den Teller beiseite, nahm einen großen Schluck kalifornischen Zinfandel und fügte hinzu: »In einem Haus voller altem, modrigem Ramsch, wie eine Gabkammer mit Beigaben.«
    »Das sind exquisite Antiquitäten. Allein schon diese Lampe dort drüben«, Lucille deutete mit dem Messer auf ein scheußliches Messingungetüm mit bröselndem bordeauxroten Brokatschirm, »ist ein Vermögen wert.«
    »Aber wie bist du ausgerechnet auf dieses Haus gekommen? Wieso überhaupt Europa?« Laura hatte nie begriffen, was amerikanische Prominente wie Lemminge in die Alte Welt zog   – außer vielleicht, um dort zu sterben, bereits, wenn der Zenith erreicht, ihr Haltbarkeitsdatum abgelaufen war. Das europäische Exil erschien ihr so sinnvoll wie eine Lachswanderung, die in einer Bärenpfote oder, wie im Falle Gwyneth Paltrows und Madonnas, mit Fortpflanzung endet.
    »Intuition?«, lautete die nicht ganz ernst gemeinte Erklärung.
    »Wovon haben die Ashbys überhaupt gelebt?«
    »Keine Ahnung. Wahrscheinlich vom Geld ihrer Familie.«
    »Darf ich Ihre Frage beantworten?« Steerpike hatte Lauras Glas unaufgefordert gefüllt.
    »Warum nicht?« Lucille war ganz auf ihren Braten konzentriert.
    »Tatsächlich war die Familie sehr wohlhabend, zumindest Deborah Ashbys Seite. Deborah und Sebastian waren Stiefgeschwister. Die Ashbys haben ihr Geld mit Zink- und Kupferminen gemacht, Sebastian Branwell war Forscher. Er verbrachte viel Zeit auf Studienreisen, auf denen ihn seine Stiefschwester zu begleiten pflegte.«
    »Typisch Commonwealth. Sie reisen um die Welt und nennen es Forschung. Dabei lassen sie sich einfach gern von Negern bedienen«, höhnte Laura.
    »Wer kann es ihnen verdenken?«
    »Die Preiselbeeren, bitte.«
    Steerpike streckte die Hand aus, doch Laura, in dem Bestreben, ihn einmal nicht spüren zu lassen, dass er der Bedienstete war, kam ihm zuvor. Er lächelte sie zögerlich an. Lucille beäugte den Blickwechsel mit Skepsis.
    »Die beiden blieben unverheiratet, Mister Steerpike?«, erkundigte sich Laura.
    »Ja, Miss Shalott.«
    »Also auch kinderlos?«
    »Gewiss, Miss Shalott.«
    »Es gab im Haus also keine Kinder?«
    »Darf ich nachschenken, Miss Shalott?« Steerpike

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