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Ashby House

Ashby House

Titel: Ashby House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V Ludewig
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stürzen. Der Hund ignorierte Steerpike, der automatisch einen Schritt zurückgewichen war und den Leuchter wie zur Abwehr vorstreckte. Mowglinahm Witterung auf, und sein Nackenfell sträubte sich. Mit der Vorsicht eines Raubtieres schlich er geduckt den Gang hinab in die gleiche Richtung, die Laura in ihrem Traum eingeschlagen hatte.
    Steerpike war an ihrer Seite, als Laura dem Hund zu folgen begann. Der Galerie entlang näherten sich die drei Gestalten der Treppe zum zweiten Stock. Die unterste Stufe knarrte, als sie ihre Füße daraufsetzten, und die Anbringung der Deckenplatte war genau so, wie Laura es im Traum gesehen hatte. Unwillkürlich griff sie in ihre Tasche. Ihr wurde eiskalt. Ihre Finger schlossen sich um einen Gegenstand aus Metall. Und noch bevor sie denken konnte, dass sie gleich das Bewusstsein verlieren würde, fiel sie in Ohnmacht.
     
    Sie lag auf ihrem Bett. Ihre Hand hatte sich um etwas gekrampft, das sich bei näherer Betrachtung als ein Flaschenöffner entpuppte.
    »Miss Shalott, sind Sie in Ordnung?«
    Steerpike war so nah über ihr, dass sie ihn riechen konnte. Kalter Zigarettenrauch und ein Hauch Givenchy pour Homme überlagerten frischen Schweiß, dessen Geruch Lauras Hormonsystem zum Wirbeln brachte.
    Als er sah, dass sie wieder zu sich kam, lehnte er sich zurück, blieb aber auf der Bettkante neben ihr sitzen.
    »Danke   – ich muss wohl   …«
    »Sie sind umgefallen wie ein Stein. Ich hatte Angst, dass Sie sich verletzt haben.«
    Sie begann sich zu recken und zu strecken und stellte mit größter Erleichterung fest, dass sie sich nichts getan hatte.
    »Es scheint soweit alles in Ordnung zu sein, danke sehr.«
    »Kann ich etwas für Sie tun?«
    »Nicht nötig.« Sie setzte sich auf und merkte, dass ihrschwindelig war. Offenbar hatte sie sich den Kopf gestoßen. »Steerpike, was war das für ein Geräusch?«
    »Ich kann es mir ebenso wenig erklären wie Sie.«
    »Das kann kein Tier gewesen sein, dazu war es viel zu laut.«
    »Sie würden sich wundern, was für einen Lärm ein Marder machen kann. Wer weiß, was wir alles aufgescheucht haben, als wir das Haus durchgeheizt haben   …«
    »Marder. Ich verstehe. Haben Sie vielleicht eine Zigarette für mich?«
    Er zog eine Schachtel Springfields aus seinem Morgenmantel, reichte sie ihr und gab ihr Feuer.
    Ein leichtes Vanillearoma stieg ihr in die Nase. Es war ihr erster Zug seit Langem, und er verursachte einen angenehmen Schwindel. Die Warnhinweise auf der Schachtel waren in einer fremden Sprache. Polnisch? Tschechisch? »Nehmen Sie sich ruhig auch eine.«
    Er zündete sich eine Zigarette an, inhalierte tief und blies die Rauchwolke nach oben. Unter Kaliforniern hätte das gemeinsame Rauchen ein Gefühl von Solidarität ausgelöst. Doch Steerpikes würdevolle Zurückhaltung erstickte das ersehnte Pyjama-Party-Feeling im Keim.
    »Was hat Ihnen so eine Angst gemacht? Darf ich das fragen?«
    Sie schaute ihm nicht in die Augen, es war ihr peinlich. »Wohl so eine Art Déjà-vu.«
    Er überlegte kurz. »Machen Sie sich keine Gedanken. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gefühl des Déjà-vu auf einer biochemischen Reaktion, einer zufälligen Ausschüttung von Botenstoffen, basiert und auf nichts verweist, das in der Realität passiert ist.«
    Sie schaute ihn an. Er schien es ernst zu meinen. Sich keineGedanken zu machen war nie ein guter Vorschlag. Gedanken stellten sich grundsätzlich von selbst ein, man konnte sie nicht einfach abbestellen wie ein Zeitschriften-Abonnement. Mit biochemischen Reaktionen hatte sie Erfahrung, außerdem reagierte ihre Biochemie gerade heftig auf sein Pheromon-Layout und signalisierte Paarungsbereitschaft. Und ihr Déjà-vu-Erlebnis, ob wissenschaftlich erwiesen oder nicht, war tatsächlich eines gewesen. Sie hatte im Traum die Treppe und den Holzverschlag gesehen und in der Wirklichkeit beides wiedererkannt. Sogar das Vorhängeschloss war dasselbe. Und in diesem Augenblick hatte ihre Biochemie das einzig Richtige getan: sich nicht mit der Ausschüttung von Déjà-vu-Botenstoffen aufgehalten, sondern ihr per Ohnmacht eine Verschnaufpause gewährt.
    Sie drückte ihre Zigarette auf einer Untertasse aus. »Ich möchte mir morgen den zweiten Stock ansehen.«
    »Aber sollten wir nicht   –«
    »Mit Ihnen, Steerpike, oder ohne Sie.«
    Das war eindeutig der Moment für Steerpike, vom Bett aufzustehen und die eigenen Gemächer aufzusuchen. Die Audienz war beendet.
    Als sie sich wieder zu Bett legte,

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