Ashby House
bei dem die Gegenstände wieder zur Ruhe kamen, kehrte Stille ein. Nur für einen Moment allerdings. Dann machte Ashby House ein – wie soll man es anders bezeichnen? – verdauendes Geräusch und begab sich in den Pausenmodus. Es war so friedlich, als sei der mit Axt und Kettensäge veranstaltete Angriff nichts anderes gewesen als das Klopfen eines unerwünschten Besuchers an der Tür. Lästig, aber nicht bedrohlich. Die modrigen Mauern von Ashby House hatten Schlimmeres erlebt und überstanden.
Laura und Steerpike und auch der mutierte Weimaraner indes hatten nie in ihrem Leben etwas Schlimmeres erlebt. Die Dimension des Schreckens war so weitreichend wie die Konsequenzen, die nun zu befürchten standen.
»Warum Stephen, warum ausgerechnet Stephen?«
Zuerst dachte Steerpike, das Verschwinden des Freundes sei allein der Grund für Lauras Bestürzung, doch dann führte sie das Thema weiter aus.
»Wie sollen wir das je erklären? Zwei Top-Celebritys, und beide verschwunden? Aus der Sache kommen wir niemals heil raus, Steerpike.« Steerpikes Blick war nicht zu deuten, und doch sah sie zum ersten Mal Geringschätzung darin.»Was wird als Nächstes passieren? Wann sind wir an der Reihe? Und dann das Foto. Wenn wir vom Hubschrauber aus aufgenommen wurden, wie stehen wir dann da? Die Axtmörderin und das Cornwall-Kettensägenmassaker … Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll! Mir fällt absolut nichts mehr ein.«
»Zunächst sollten Sie sich beruhigen. Als Nächstes wird die Presse versuchen, ein Statement von Ihnen zu bekommen. Und ein solches sollten wir vorbereiten. Wann wir an der Reihe sind, weiß der Himmel. Aber wenn das Zimmer uns hätte verspeisen wollen, wäre bisher ausreichend Gelegenheit dazu gewesen. Und was das Foto angeht – wir haben geprobt. Sie arbeiten an einem Horrorfilm-Drehbuch, und wir haben eine Szene aufgezeichnet.«
»Und wie erklären wir Stephens Verschwinden?«
Steerpike schaute nach oben, als fände sich dort die Antwort auf die Frage.
Wieder sprang ihr seine Ähnlichkeit mit Stephen Steed ins Auge, und ihre Sorge löste sich in Nichts auf. »Steerpike, was, wenn Stephen niemals hiergewesen wäre?«
»Wie meinen Sie das?«
»Wer hat ihn denn gesehen?«
»Sie waren im Dorf unterwegs. Sicherlich haben einige Menschen das bemerkt.«
»Einige Menschen haben vielleicht
geglaubt
, Stephen gesehen zu haben, aber in Wirklichkeit war ich mit Ihnen unterwegs.«
»Sie vergessen Slasher. Und die Köchin.«
»Die Köchin liegt im Krankenhaus. Und mit Slasher werde ich reden.«
»Wie viel wollen Sie ihm sagen?«
»Was meinen Sie?«
»Wir wissen immer noch nicht, wer der Informant der Presse war. Vielleicht war er es.«
Sie fasste es als persönliche Beleidigung auf, Slasher zu verdächtigen. »Jetzt hören Sie mal. Warum sollte er es sein? Was ist eigentlich mit Ihrem kleinen dunkelhaarigen Fickfreund. Wie viel hat der gesehen? Wie viel haben Sie
ihm
erzählt.«
Steerpike errötete bei der Anstrengung, seine Verärgerung nicht preiszugeben. »Ausgeschlossen! Er war nicht mehr im Haus, seit Ihre Schwester verschwunden ist.«
»Gut, Steerpike, augeschlossen. Das Gleiche gilt für Hector Slasher. Und was die Köchin sagt, ist irrelevant. Sie hat bei ihrem Sturz eine Gehirnerschütterung erlitten und wirkt seitdem verwirrt und unzurechnungsfähig. Das ist ab jetzt unsere Version der Wahrheit. Ohnehin werden Sie keine Gelegenheit haben, sie zu äußern. Das Reden überlassen Sie besser mir. Stephen Steed ist nie in Ashby House gewesen.«
STEPHEN STEED BLEIBT DREHARBEITEN IN DEUTSCHLAND FERN
Reuters, Berlin. Der amerikanische Filmschauspieler, der bis vor Kurzem mit Charlize Theron für das Spionagedrama ›Dusk sets in‹ vor der Kamera stand, ist laut Auskunft seiner Produktionsfirma Unique am heutigen Dienstag nicht wie geplant zu den Dreharbeiten in den Potsdamer Babelsberg Filmstudios erschienen. Der Star soll Gerüchten zufolge am Wochenende nach England gereist sein, um die seit ihrem tragischen Unfall zurückgezogen lebende Fotografin Lucille Shalott zu besuchen. Ein Foto, das im ländlichen Cornwall aufgenommen wurde, scheint seine Anwesenheit im Hausder Fotografin zu bestätigen. Dennoch dementiert Laura Shalott, die zusammen mit Lucille Shalott das Anwesen nahe Land’s End bewohnt, die Anwesenheit des Leinwandstars.
Das ungewöhnliche Foto zeigt Stephen Steed mit einer Kettensäge und Laura Shalott mit zum Angriff erhobener Axt. Laura Shalott behauptet,
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