Ashby House
es handle sich bei dem Abgebildeten keineswegs um Stephen Steed, sondern um einen Angestellten.
Die Agentur des Schauspielers hat noch keine Stellungnahme zum Verschwinden ihres Klienten abgegeben. Weder das Bundeskriminalamt noch Scotland Yard oder Interpol sehen zu diesem Zeitpunkt Handlungsbedarf.
In der Nacht auf Mittwoch hatte es noch zwei Vorkommnisse in Ashby House gegeben. Kurz nachdem Laura die Associated Press in New York angerufen hatte, um sämtliche Gerüchte zu dementieren, war die Bibliothek von Ashby House von einer Art Nachbeben erschüttert worden. Die Möbel waren über den Fußboden getanzt, ein Dutzend Bücher war aus den Regalen gefallen, und in der Wand über dem Kamin hatte sich ein vom Sims bis an die Decke reichender Riss von der Breite einer Pfund-Münze und in der Form eines Blitzes aufgetan. Laura hatte währenddessen ungerührt ihre Unterlagen zusammengesammelt und war in die Küche gegangen.
Von dort aus hatte sie Lucilles Agentin Lorna Eckels in Los Angeles zu erreichen versucht, es gelang ihr jedoch nur, eine Nachricht zu hinterlassen, die besagte, dass Stephen Steed am Sonntagabend aus Cornwall abgereist sei. Laura machte die späte Stunde dafür verantwortlich, dass sie die Agentin nicht ans Telefon bekam, übersah aber die Tatsache, dass es zu diesem Zeitpunkt in L. A. Mittagszeit war.
Dank zwei Xanax schlief Laura einen traumlosen Schlaf, und so entging ihr die zweite Veränderung, die sich im Haus vollzog. Als sie kurz vor Morgengrauen, noch von den Medikamenten benommen, aufwachte, sich aufsetzte und tief einatmete, schien kaum Sauerstoff in ihrer Lunge anzukommen. Noch einmal holte sie Atem, und wieder schien die Luft im Zimmer nicht auszureichen. Sie stand auf und eilte zum Fenster, das sich jedoch nicht öffnen ließ. Bei dem Versuch, es mit aller Kraft aufzustemmen, geriet sie in Panik. Als sie spürte, dass die Panik noch mehr Sauerstoffzufuhr erforderte – zwei Adern an ihren Schläfen pochten schmerzhaft, und ihr Herz begann zu rasen –, zwang sie sich zur Ruhe und griff nach einem Buch, das auf dem Nachttisch lag. Als sie gerade im Begriff war, damit die Glasscheibe zu zerschmettern, öffnete sich mit einem unschuldigen Knarren das Fenster selbsttätig, und kalte, aber wohltuende Meeresluft drang in den Raum. Gierig beugte sie sich über den Sims und sog die Luft ein.
Nach dieser Effekthascherei gab Ashby House wieder Ruhe. Mowgli war an ihre Seite getreten und schob sehnsuchtsvoll den Schädel ins Freie. Da fasste Laura einen Entschluss. Sie würde sich den Zermürbungsversuchen des Gebäudes schlichtweg für eine Weile entziehen. An Machtspiele gewohnt, wusste sie, dass ein Rückzug oft hilfreich war, wenn es galt, Energien für den nächsten Schlagabtausch zu sammeln.
Die Dunkelheit der frühen Morgenstunde bot ihr die beste Gelegenheit, sich unerkannt auf den Weg zu machen.
Nachdem sie fürsorglich leise ein Fenster in Steerpikes Schlafzimmer geöffnet und ihm eine kurze Notiz auf dem Nachttisch hinterlassen hatte, zog sie sich hastig an und verließdas Haus, von Mowgli begleitet, durch den Hintereingang.
Sie wagte nicht, an der alten römischen Straße Ausschau nach Übertragungswagen zu halten, sondern schritt einen Trampelpfad entlang, der sich unter dem tauenden Schneematsch im Licht des Halbmondes abzeichnete. Neben dem Rauschen des Meeres war nur das schmatzende Geräusch ihrer Füße auf dem matschigen Boden zu hören. Trotz seines beachtlichen Gewichts kam der Hund vergleichsweise geräuschlos voran.
Auf halbem Weg zum Teich folgte sie einem inneren Impuls und drehte sich noch einmal um. Ashby House schien nicht mehr zu kauern wie noch vor einigen Tagen. Es schien sich gestreckt zu haben, gewachsen zu sein, aber das konnte auch eine optische Täuschung sein. Oder? Dieser Schatten neben der Kuppel? Doch kaum hatte sie ihn wahrgenommen, war er wieder verschwunden. Der Turm? Erst das ungeduldige Schnauben des Hundes riss sie aus ihrer Betrachtung.
Wenn sie sich zwischen Küste und Straße fortbewegte, musste sie an der alten Mine vorbei ins Dorf gelangen. Der Gedanke, in der Finsternis den Ort zu passieren, an dem so viele Menschen den Tod gefunden hatten, behagte ihr keineswegs, aber vor die Wahl gestellt, entweder nach Ashby House, das sich mittlerweile zu voller Größe aufgerichtet hatte, zurückzukehren oder Hector Slasher einen Besuch abzustatten, fiel ihr die Entscheidung nicht schwer.
Währenddessen nahm in Atlanta,
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