Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)
Anhöhe, die durch Gebüsch abgeschirmt war. Luke hörte ihn zuerst kommen und deutete ein Winken an. Weller nickte nur. Mellie und die andere Wache drehten sich nicht um. Er duckte sich unter die Büsche und ging in der Schneemulde neben Mellie in die Hocke. »Gibt’s was Neues?«
Ohne von dem Fernglas aufzublicken, das vor ihr auf einem Stativ stand, sagte Mellie: »Ich sehe eine Bewegung im Norden, und es könnte auch sein, dass eine zweite Gruppe von Westen her kommt. Cindi?«
»Noch zu weit weg.« Cindi, eine sommersprossige Zwölfjährige, die durch ein noch stärker vergrößerndes Fernglas spähte, kaute auf ihrer Unterlippe. »Aber ich glaube, die Typen, die von Norden runterkommen, haben Gefangene.«
Toms Magen verkrampfte sich. »Woran siehst du das?«
»Die Taschenlampen.« Luke war vierzehn, der Älteste nach Tom. Er hatte sich Tom praktisch sofort angeschlossen; fast alle Kinder hatten Tom als großen Bruder adoptiert. Wogegen er ganz und gar nichts hatte. Wenn er die Kinder um sich herum hatte, ging es ihm besser. Aber er machte sich Sorgen, was aus ihnen werden sollte, wenn Alex und er fortgingen. Vielleicht … konnten sie ja diejenigen mitnehmen, die mitgehen wollten? Ja, aber würden sie sich denn um so viele kümmern können?
Eins nach dem anderen. Erst erledigst du das, und dann suchst du Alex. Der Rest findet sich.
Luke trank verdünnten Instantkaffee aus einer Armeetasse. »Wir beobachten sie schon seit ein paar Wochen. Die Taschenlampen brauchen sie anscheinend für ihre Gefangenen. Chuckies sehen wohl auch ohne Licht, wo sie hintreten.«
Das war interessant. Womöglich noch ein Grund, warum sich die Chuckies gern im Bergwerk aufhielten. »Weißt du, wie viele es sind?«, fragte Tom.
Cindi zuckte die Schultern. »In der Gruppe dort so vier oder fünf, oder mehr. Sie haben ihr Lager aufgestockt. Da sind eine Menge Leute im Bergwerk, die sie , du weißt schon … «
»Als Imbiss«, ergänzte Tom. »Unschuldige Menschen als lebendes Vorratslager.«
»Mein Gott«, grummelte Weller.
»Tom«, sagte Mellie.
»Ach … « Cindi wurde plötzlich puterrot. Ihre Augen wanderten zwischen Tom und Mellie hin und her. »Ja. Jedenfalls kann ich mehr sagen, sobald diese Gruppe ein bisschen näher gekommen ist.«
»Tom, wir haben von vornherein gewusst, dass Gefangene dabei sind«, stellte Mellie fest, doch es klang eher wie eine Warnung. »Kannst du damit leben?«
»Womit? Dass wir Unschuldige umbringen oder dass wir Chuckies lebendig begraben?« Ihm war klar, dass er sich das hätte verkneifen sollen, aber er wollte es weder sich noch ihnen allzu leicht machen. »Das ist kein Computerspiel, Mellie. Da sterben echte Menschen.«
»Na, ist das nicht prima, dass wir uns ein Gruppengewissen zugelegt haben?«, knurrte Weller. »Sag mal, Tom, bist du auf Patrouille zum Weichei geworden?«
»Ich habe meine Aufgaben erledigt«, erwiderte Tom.
»Freut mich zu hören.« Weller schraubte die Thermoskanne auf und goss Kaffee in seine Tasse. »Ich vermute, das erklärt, warum du hier bist und nicht dort .«
Tom sah, dass Luke und Cindi verblüffte Blicke tauschten, und die Zornesröte stieg ihm ins Gesicht. »Jetzt pass mal auf … «, fing er an.
»Tom?« Mellie stand abrupt auf. »Gehen wir ein Stück. Weller, kommst du auch mit?«
Weller sah aus, als würde er lieber eine Kobra umarmen, aber er schraubte die Thermosflasche wieder zu und folgte ihnen. Mellie wartete, bis sie hinter einem Dickicht aus kahlen Buscheichen und einer einsamen Kiefer angelangt waren. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust. »Hast du etwas auf dem Herzen, Tom?«
»Du weißt, was mich stört«, sagte er.
»Ja, absolut. Deswegen will ich eins klarstellen. Das ist keine Rettungsmission. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Monster nicht überleben.«
»Auf Kosten Unschuldiger?«
»Erzähl mir nichts von Unschuldigen. Du weißt ja, dass Daniel und der Rest von meinen Kindern es nicht geschafft haben.«
»Aber das heißt noch nicht, dass sie tot sind«, erwiderte Tom. »Vielleicht haben sie sich selbstständig gemacht.«
»Unwahrscheinlich.«
»Ist dir dann schon mal der Gedanke gekommen, dass sie da, in dem Bergwerk, sein könnten?«
»Natürlich, aber wir haben nie Kinder gesehen. Und selbst wenn, würde das auch nichts ändern. Es muss getan werden.«
»Ich weiß nicht, wo dein Problem liegt«, schaltete sich Weller ein. »Du hast doch schon Pulver gerochen. Kollateralschaden gehört zum Geschäft.«
»Das
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